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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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schließen Sie ab.«
    In seinem Streifenwagen war es eiskalt. Russ verfluchte die Heizung, verfluchte das Wetter, verfluchte die Rückfahrt in ein dunkles, leeres Haus. Weshalb, zum Teufel, war Linda überhaupt zu dieser Textilmesse gefahren? Sie fehlte ihm. Nur noch zwei Tage, dann ginge es ihm wieder besser.

19
    C lare wusste, dass sie sich mehr für den Heizkessel interessieren sollte. Während sie ihre eisigen Finger rieb, sah sie die Papiere auf dem schwarzen Eichentisch durch. Dabei klang ihr das verräterische Zischen und Rattern der Heizkörper im Ohr. Anscheinend merkte sie als Einzige, dass der Sitzungsraum – ja, das gesamte Pfarrzentrum – nie warm wurden. Robert Corlews Kostenvoranschläge zur Reparatur des betagten Warmwassersystems hätten sie also interessieren müssen, nur waren Bauunternehmer leider selten faszinierende Redner.
    »– ruht direkt auf Fels, sodass sich eine Isolierung –«
    Sie brauchte unbedingt mehr Schlaf. Durch die Rautenscheiben der Fenster konnte sie die vordere Ecke der Kirche sehen, deren Mauern sich wie eine düstere Gewitterfront gegen das fahle Dezemberlicht erhoben. So wenig Licht kurz vor Freitagmittag, dachte sie, und nur noch vier Stunden bis Sonnenuntergang. Noch mindestens ein Monat, bis man wieder längere Tage erleben würde. Clare lehnte sich zurück und streckte die Arme, sodass der Priesterkragen unter dem dicken Wollpullover an ihrem Hals rieb.
    Sie wandte sich wieder dem Tisch zu, wo Vaughn Fowler zur Abstimmung aufrief.
    »Ja«, sagte sie wie die anderen Anwesenden. Hatte sie gerade eingewilligt, die Warmwasserheizung durch eine Atombrennanlage zu ersetzen?
    »Schön. Also sind wir uns einig, den Austausch der alten Bessy bis zum Sommer zu verschieben, wenn die Preise runtergehen.«
    Geschieht dir recht, kleines Fräulein, konnte sie Oma Fergusson sagen hören. Wenn du frierst, dann zieh dir noch einen Pullover an.
    Terence McKellan und Mrs. Marshall schoben ihre hochlehnigen Stühle nach hinten. »Bevor Sie gehen«, sagte Clare, »würde ich Ihnen gern das Neueste über die Situation der Burns mitteilen. Die Briefkampagne läuft sehr gut, sie bekommen viel Unterstützung. Die Polizei hat eine heiße Spur betreffs Codys Vater, und sobald derjenige identifiziert ist, werden wir auf ihn einzuwirken versuchen, dass er den Burns das Sorgerecht überträgt.« Wenigstens hoffte sie, jemand würde ihm den Papierkram vorlegen können, bevor Russ ihn festnahm. »Unter diesem Aspekt habe ich ein paar mehr Fakten und Zahlen über das Mutter-Kind-Projekt, die ich bei unserer nächsten Sitzung vorlegen möchte.«
    Sterling Sumner räusperte sich vernehmlich, aber die übrigen Mitglieder des Pfarrgemeinderats zeigten zumindest höfliches Interesse. Die Sitzung wurde beendet, und Clare steuerte schnurstracks die Kaffeemaschine an. Unter unbeherrschbarem Gähnen schenkte sie sich eine Tasse Kaffee ein.
    »Müde?«, fragte Terry McKellan grinsend. Der Lammfellkragen, der dieselbe Farbe wie sein Schnurrbart hatte, ließ sein dickes, freundliches Gesicht aussehen wie das von Gevatter Dachs in Der Wind in den Weiden.
    Clare nickte. »Ich würde meinen, bei sechzehn Stunden Dunkelheit sollte man mehr Schlaf bekommen.«
    Er grinste. »Nur wenn man nicht Nachtdienst bei der Polizei macht.«
    Clare riss die Augen auf. Sie hatte niemandem von dem Besuch bei Darrell McWhorters Leiche oder Kristens Befragung erzählt. »Was? Tut mir leid, ich …?«
    »Wie man hört, stand gestern Abend ein Polizeiwagen in Ihrer Einfahrt.« Er zwinkerte. »Und Ihr Auto hat am Mittwoch die ganze Nacht beim Polizeichef gestanden. Die Welt ist klein, Reverend Clare.«
    Sie stand da wie vom Donner gerührt. »Guter Gott.« Dieser Klatsch war ihr einfach nie zu Ohren gekommen. Außerdem war das Ganze absolut harmlos.
    McKellan grinste erneut und wackelte effektvoll mit seinen dachsfarbenen Augenbrauen. »Wäre vielleicht Zeit, Ihren MG gegen etwas weniger Auffälliges einzutauschen. Besuchen Sie mich in der Bank. Ich werde dafür sorgen, dass Sie tolle Zinsen auf Ihren Kredit kriegen.«
    »Mr. McKellan! Van Alstyne ist ein verheirateter Mann!«
    »So?«
    Sie seufzte resigniert. »Er war an diesem Tag in eine Schießerei verwickelt, und ich habe ihm seelischen Beistand geleistet.« Strapaziere die Wahrheit nicht zu sehr, kleines Fräulein, sonst schlägt sie dir ins Gesicht wie ein überdehnter Gummi . Clare ignorierte die Stimme ihrer Großmutter. »Als ich gehen wollte, hat es heftig geschneit. Deshalb

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