Das weiße Krokodil
fortgetrieben hatte.
Yen-sun zündete sich eine Zigarette an. »Später werden wir nicht daran vorbeikommen, uns eine komfortable Jacht zu kaufen. Und damit beginnt das Risiko. Fürs erste benutzen wir ein gechartertes Motorboot. Nach einer gewissen Anlaufzeit muß sich das natürlich ändern. Denn wie kommen wir dazu, andere mitverdienen zu lassen? Chartergeld ist verlorenes Geld.«
Tie-tie schüttelte den Kopf. »Wie kann man so selbstsüchtig sein!«
»Das ist kaufmännisch gedacht«, entgegnete Yen-sun lachend.
»Möglich«, erwiderte Tie-tie. »Wohin aber führt solches Denken? Doch geradewegs in einen Teufelskreis! Betrachte nur deinen Werdegang. Erst hattest du einen Kutter; der genügte dir nicht, und du kauftest zwei weitere hinzu. Das steigerte den Fischfang und bedingte eine Vergrößerung deines Trockenplatzes. Der erhöhte Umsatz machte es dann wünschenswert, eine eigene Vertriebsfirma zu besitzen. Diese verlangte Büro- und Lagerräume, die wiederum ausgerüstet werden mußten und die Anschaffung eines Autos erforderlich machten. Alles aber fraß Geld und riß Löcher in deinen Beutel, Löcher, die einen zweiten Teufelskreis gebaren. Dieses Mal mit einem Kompagnon. Ihr gründetet eine Gesellschaft, die außer Werbemitteln ein großes Motorboot benötigt. Ihr chartert ein solches, doch das befriedigt euch nicht. Ihr wollt ein eigenes besitzen, damit andere nicht mitverdienen, und ihr werdet euch eines Tages ein entsprechendes Boot kaufen. Dadurch entstehen neue Löcher, nunmehr in zwei Beuteln, die zwangsläufig einen dritten Teufelskreis in die Welt setzen. Und was ändert sich für dich? Du kannst täglich nur einen Scheffel Reis essen und wirst niemals in zwei Betten schlafen können.«
»Bist du fertig?« fragte Yen-sun überheblich.
»Nein!« antwortete Tie-tie erregt, da ihn seine letzte, ohne jeden Hintergedanken gemachte Bemerkung an das erinnerte, was er von den Kindern gehört hatte. »Durch Zufall habe ich vorhin erfahren, daß eure Gehilfin dich regelmäßig nach Penang begleitet. Stimmt das?«
Yen-sun kniff die Lider zusammen. »Willst du einen Streit vom Zaun brechen?«
»Welches Interesse sollte ich daran haben?«
»Dann rate ich dir dringend, deine Nase nicht in andere Töpfe zu stecken!«
»Ich werde deinen Ratschlag befolgen«, erwiderte Tie-tie beherrscht. »Aber ich werde auch Rückschlüsse aus der Tatsache ziehen, daß du mich in dieser Angelegenheit vor Monaten belogen hast.«
»Das habe ich nicht getan!« brauste Yen-sun auf. »Damals war Han noch Luft für mich. Das hat sich erst im Laufe der Zeit geändert.«
»Und wie soll es weitergehen? Willst du sie heiraten?«
Yen-sun sah ihn entgeistert an. »Haben die Kinder das behauptet?«
»Nein! Ich stelle lediglich eine Frage.«
»Die ich offen beantworten werde«, konterte Yen-sun wütend. »In Malaya ist ein Mann mit vier Frauen bekanntlich angesehener als einer, der nur ein Weib besitzt. Als Chinese denke ich natürlich nicht daran, mir weiteren Ärger an den Hals zu hängen. Ich halte es mit meinen ehrenwerten Ahnen, die sich mit sogenannten ›Grünrockfrauen‹ amüsierten. Und wenn du befürchtest, daß ich Sim vernachlässige, dann bist du auf dem Holzweg. Das Haus am Muda ist tabu. Ich werde mich niemals von Sim trennen! Sie ist und wird meine einzige Frau bleiben. Schon der Kinder wegen. Und nun möchte ich von der ganzen Geschichte nichts mehr hören, sondern wissen, wie du zu meinen Plänen stehst. Was sagst du zu ihnen?«
Tie-tie strich sich über die Stirn und antwortete verstört: »Ich weiß nicht… Warum soll ich überhaupt Stellung nehmen? Du hast alles vorbereitet und wirst ja doch tun, was du willst.«
»Eben nicht!« ereiferte sich Yen-sun, der aus Gründen, die er wohlweislich verschwieg, großen Wert darauf legte, Tie-tie bei guter Stimmung zu halten. »Wenn du bündig erklärst, die Reisenden nicht empfangen zu wollen, werde ich zwar eine Mordswut haben, aber nichts anderes tun können, als alles über den Haufen zu werfen.«
Tie-tie glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. »Und warum würdest du dich nach mir richten?«
Yen-sun zuckte die Achseln. »Das weiß ich selber nicht. Vielleicht, weil ich Angst habe, daß das Schicksal, das uns zusammenführte, sich gegen mich wendet, wenn ich nicht in Harmonie mit dir lebe.«
Es war klar, daß seine Worte wie Balsam in Tie-ties wundgewordenes Herz tropften.
Yen-sun wünscht in Harmonie mit mir zu leben, frohlockte er insgeheim. Der schon
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