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Das weiße Krokodil

Das weiße Krokodil

Titel: Das weiße Krokodil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Freundes auf eine Idee gebracht haben, die uns Geld einbringen und dir viel Freude bereiten könnte.«
    »Mir?«
    »Ja. Die Sache ist im Prinzip ganz einfach. Wir, mein Freund und ich, haben eine Gesellschaft gegründet, die es sich zur Aufgabe macht, allen nach Penang kommenden Reisenden auf einer einzigen Motorbootfahrt die unterschiedlichsten Dinge zu zeigen. Zum Beispiel: die Schönheit der malaiischen Küste, die Ruhe unserer Flüsse, den Zauber eines Klongs, das Unheimliche des Dschungels und, gewissermaßen als Krönung der Rundfahrt, diese himmlische Pagode, die doch wirklich dazu angetan ist, den Ausländern, die nichts vom Buddhismus wissen, ein eindrucksvolles Bild von der Macht unseres Glaubens zu geben.«
    Tie-ties winzige Augen erhielten einen unverkennbaren Glanz.
    Yen-sun beeilte sich, weitere Details hinzuzufügen.
    »Was glaubst du, wie ergriffen Amerikaner und Europäer sein werden, wenn sie in deinen Tempel eintreten und die darin liegende Sandelholz-Statue erblicken! Wir lassen selbstverständlich einen Opferstock aufstellen, über den du allein verfügen sollst. Du kannst das Geld an die Klöster in Lhasa und Kumbum schicken oder es armen Menschen geben, denen du helfen möchtest. Das überlassen wir ganz dir. Wir wollen lediglich an den Fahrten verdienen und an Postkarten, Andenken und dergleichen, die übrigens in den Verkaufstruhen liegen, die ich gerade aufstellen ließ. Praktische Dinger, sage ich dir. Man braucht ihre Vorderseiten nur hinunterzuklappen, und schon kann man etliche Schubfächer herausziehen.«
    Tie-tie schwirrte der Schädel.
    Yen-sun bohrte weiter. »Na, was sagst du dazu? Ist die Idee nicht großartig?«
    »Gewiß, gewiß. Ich weiß nur nicht… Meinst du wirklich, daß Ausländer…«
    »… sich für unsere Religion interessieren?« fiel Yen-sun hastig ein. »Sie brennen förmlich darauf, Näheres über Buddha und seinen Lebensweg zu erfahren. Das ist nicht so dahingeredet. Ich weiß es bestimmt, weil wir auf unseren Prospekt, den wir vor Monaten drucken ließen und an viele Schiffahrtsgesellschaften und Reisebüros versandten, Hunderte von begeisterten Zuschriften erhalten haben. Alle wollen mit uns zusammenarbeiten, und mein Freund hat sich inzwischen so eingehend mit der buddhistischen Lehre beschäftigt, daß er erstklassige Vorträge halten und die Fremden über alles Wissenswerte und Erhabene informieren kann. Wir nehmen unsere Aufgabe sehr ernst, wenngleich es uns natürlich in erster Linie darauf ankömmt, Geld zu verdienen. Aber was wir machen, das machen wir mit Leib und Seele – für Leib und Seele!«
    Geschickter hätte Yen-sun nicht vorgehen können. Er würzte die Wahrheit mit Lügen, die nicht ohne weiteres zu durchschauen waren, und es lag auf der Hand, daß den greisen Tie-tie allein schon die Vorstellung beglückte, aufgeschlossenen und an der Lehre Buddhas interessierten Reisenden die Kostbarkeiten der Sandelholz-Pagode zeigen zu dürfen.
    Eines aber erschreckte ihn: er hatte gelobt, sein Leben als Einsiedler zu beenden. Wurde sein Gelübde nicht durchbrochen, wenn er künftighin vielfach mit Menschen zusammenkam?
    Yen-sun, der Tie-tie heimlich beobachtete, riß ihn aus seinen Überlegungen. »Bei dir weiß man nie, woran man ist«, sagte er ungehalten. »Da glaubt man, dir eine Freude zu bereiten, und was tust du? Sagst kein Wort und grübelst vor dich hin!«
    Tie-tie hob schuldbewußt die Hände. »Entschuldige meine Zerstreutheit, aber ich dachte gerade an mein Gelübde. Wenn du dein Vorhaben verwirklichst, führe ich doch nicht mehr das Leben eines Eremiten.«
    »Wieso nicht?«
    »Überlege selber! Wenn in Zukunft hier dauernd Menschen erscheinen…«
    »Wer spricht von dauernd?« unterbrach ihn Yen-sun. »Ich schätze, daß wir höchstens einmal in der Woche kommen werden.«
    »Nicht öfter?«
    »Das halte ich für ausgeschlossen. Für den Anfang wollen wir froh sein, wenn wir im Monat zwei Fahrten machen können.«
    »Und dabei kommt ihr auf eure Kosten?«
    »Sonst würden wir es nicht tun. Bedingung ist allerdings, daß mindestens dreißig Personen an der Fahrt teilnehmen. Dann haben wir schon dreihundert Singapore-Dollar verdient. Und sollten sich weniger melden, dann fahren wir eben nicht. Außer den geleisteten Vorarbeiten wollen wir vorerst kein Risiko eingehen.«
    »Und später?« fragte Tie-tie, der von allem so verwirrt war, daß er nicht einmal mehr an das dachte, was ihn wenige Minuten zuvor voller Entsetzen von den Kindern

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