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Das weiße Krokodil

Das weiße Krokodil

Titel: Das weiße Krokodil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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dich eigentlich, wenn du mal stirbst?«
    Tie-tie kam in der nächsten Stunde nicht dazu, sich nach Sim und dem Leben daheim zu erkundigen. Hierzu fand er erst Gelegenheit, nachdem er den Kindern alles gezeigt und erklärt hatte.
    »So«, sagte er, als sie die Pagode verließen, »nun müßt ihr mir erzählen, wie es eurer Mutter geht. Hat sie viel Arbeit?«
    »Nur wenn Han nicht da ist«, antwortete das Mädchen.
    »Wer ist Han?«
    »Unsere Gehilfin!«
    »Papa hat sie eingestellt«, fügte der Junge wichtigtuerisch hinzu. »Und er hat sich auch ein Auto gekauft! Weißt du, wie schnell er damit fahren kann? So schnell, daß man die Bäume nicht mehr sieht.«
    »Und die Gehilfin ist nicht immer zu Hause?« erkundigte sich Tie-tie, obwohl er wußte, daß er mit dieser Frage damit begann, die Kinder auszuhorchen.
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Han muß Papa doch in Penang bei der Arbeit helfen.«
    »Mama sagt, das wäre überhaupt nicht wahr!« widersprach das Mädchen.
    »Und es ist wohl wahr!« redete der Junge trotzig dagegen. »Ich habe selbst gesehen, wie sie auf einer Schreibmaschine geschrieben hat.«
    »Mama sagt aber, daß er sie heiraten will.«
    Tie-tie war so betroffen, daß seine Gedanken wie Blätter durcheinanderwirbelten. »Ihr dürft euch nicht zanken«, sagte er verwirrt. »Denn wenn ihr…« Er unterbrach sich und blickte von einem zum anderen. »Kommt, wir setzen uns zu den Hühnern und schauen auf den See hinab.«
    »Erzählst du uns dann ein Märchen?«
    »Ja. Vorher muß ich aber noch mit eurem Vater sprechen.«
    »Du hast doch eben gesagt, daß wir auf den See schauen wollen.«
    »Das ist richtig. Nur… Wenn ich euren Vater und die Fischer jetzt nicht heraufhole, kann es passieren, daß das weiße Krokodil nicht an Land kommt. Und das wäre doch schade, nicht wahr?«
    Dieses Argument ließen die Kinder gelten, und sie setzten sich brav zu den Hennen, während Tie-tie zum Ufer hinunterhastete, wo Yen-sun gerade drei große, mit Blech beschlagene Kisten verriegelte, die er am Treppengeländer hatte aufstellen lassen.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Tie-tie ihn außer Atem.
    Yen-sun lachte. »Schade, daß du sie schon gesehen hast. Ich wollte dich nämlich gerade aufsuchen und dir erzählen… Aber laß uns nach oben gehen«, fuhr er nach kurzer Unterbrechung fort, während der er sich bei Tie-tie einhakte. »Wir verscheuchen sonst das Krokodil, und ich möchte dir in Ruhe und der Reihe nach erzählen, was ich zu berichten habe.«
    Tie-tie war unfähig, etwas zu entgegnen.
    »Denk einmal zurück«, fuhr Yen-sun im Plauderton fort. »Erinnerst du dich an die Stunde, da ich dir sagte, du würdest zur Attraktion des Tages werden, wenn man dich und das weiße Krokodil in eine Stadt verpflanzen könnte?«
    Tie-tie nickte geistesabwesend.
    »Nun, der Gedanke daran und meine dauernde Geldkalamität haben mich nicht zur Ruhe kommen lassen.«
    Tie-tie sah ihn verständnislos an. »Dauernde Geldkalamität? Ich denke, du hast enorm viel verdient.«
    »Natürlich! Mehr aber noch mußte ich ausgeben. Die Fischkutter, die neuen Motoren, der Umbau des Hauses und die Vergrößerung des Trockenplatzes haben Riesensummen verschlungen. Hinzu kam, daß ich mich gezwungen sah, in Penang eine Firma zu gründen, die es mir ermöglichen soll, meine getrockneten Fische in Zukunft ohne Zwischenhändler zu verkaufen. Das bedingte die Beschaffung von Büro- und Lagerräumen, die Einstellung von weiterem Personal und den Kauf eines Autos, das ich dringend benötigte, um schnell hin- und herflitzen zu können. Kurzum: meine Kasse ist beständig leer, weil ich dauernd investieren muß, ohne über eine entsprechende Kapitaldecke zu verfügen.«
    »Du willst es also erzwingen!«
    »Was?«
    »Daß aus einem Kirschkern über Nacht ein blühender Baum wird.«
    Yen-sun machte eine unwillige Bewegung und gab Tie-ties Arm frei. »Mit Weisheiten kommt man im Geschäftsleben nicht weiter.«
    »Etwa mit Dummheiten?« fragte Tie-tie anzüglich.
    Yen-sun warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Bleiben wir bei der Sache. Im Geschäftsleben braucht man Initiative und Unternehmergeist, und beides besitze ich in hohem Maße. Aber darüber wollte ich nicht mit dir reden. Ich habe das alles nur erwähnt, um dir klarzumachen, daß ich im Augenblick kräftig rudern und mich von morgens bis abends bemühen muß, neue Quellen zu erschließen.«
    »Und was habe ich damit zu tun?«
    »Eigentlich nichts. Es ist nur so, daß mich die Fotos meines

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