Das weiße Mädchen
Gemüsegärtchens.
Was du kannst, kann ich schon lange!,
dachte Lea. Gätner hatte bei ihr spioniert, und sie empfand wenig Hemmungen, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Entschlossen schwang sie ein Bein über den Zaun, kletterte in den Garten, pirschte sich an das Fenster heran und ging hinter einem Busch in Deckung. Tatsächlich erkannte sie nun die Stimme des Bauern, und noch deutlicher die des Ortsvorstehers, der ziemlich aufgebracht klang.
»Das musst
du
gerade sagen!«, schimpfte er laut, offenbar auf eine Äußerung Gätners bezogen, die Lea verpasst hatte. »Jedes Mal, wenn du irgendwelchen Mist baust, soll ich dir den Rücken decken! Du kannst mich ja nicht einmal bezahlen – dein Geld reicht doch kaum, um den Hof in Gang zu halten. Es ist reine Menschenfreundlichkeit, dass ich dir helfe, weiter nichts!«
Gätner murmelte etwas Unverständliches. Es klang betreten.
»Idiot!«, zischte Heimberger. »Was sollte die Aktion überhaupt? Warum steigst du bei den Zirners ein?«
»Ich wollte wissen, was sie herausgefunden hat!«, rechtfertigte sich Gätner. »Schließlich kann es für mich gefährlich werden. Sie ist auf die Sache mit der Tierseuche gestoßen, wie ich befürchtet hatte.«
»Das war übrigens auch so eine blöde Idee damals!«, fuhr Heimberger auf.
»Es war nicht meine Idee, sondern die von Frank Terhart!«, rechtfertigte sich Gätner. »Er meinte, wenn die Behörden die Zucht schließen, würden die Herforths wegziehen – die Alte war ja ganz vernarrt in ihre Katzen und hätte eher den Hof verkauft, als sich von den Tieren zu trennen. Damals hat dir die Idee doch gefallen! Wer hat denn die Herforths angezeigt und den Artikel im Wochenblatt veranlasst, der ihnen die Schuld in die Schuhe schieben sollte? Wir haben das gemeinsam ausgeheckt, also tu jetzt nicht so, als ob du nichts damit zu schaffen hättest!«
»Aber es hat ja nicht mal funktioniert! Bei der Inspektion kam doch heraus, dass die Katzen der Herforths sauber waren.«
»Damit konnten wir nicht rechnen! Frank versicherte mir, dass die Katzen seine präparierten Köder gefressen hätten. Er konnte es sich nur so erklären, dass sie die Krankheit bereits früher durchgemacht hatten und immun waren. Die Einzigen, die krank wurden, waren eine Handvoll Hunde im Dorf, die Kaninchen der Kröbers – und meine Schweine.«
»Tja …« Heimberger schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Alles umsonst. Ich hätte mich nie darauf einlassen sollen – und ich sehe auch nicht ein, warum ich dir diesmal wieder den Rücken freihalten soll. Das mit der E-Mail war übrigens auch kein Meisterstück! Weißt du nicht, dass sich der Absender ermitteln lässt?«
»So etwas darf nur die Polizei!«
»Und das wird sie auch, wenn es sich um eine Drohung handelt.«
»Es
war
keine Drohung! Ich habe nur geschrieben, dass sie auf ihren Sohn aufpassen soll – nicht, dass ihm Gefahr droht!«
»Woher wusstest du überhaupt, dass sie einen Sohn hat?«
»Das weiß doch längst das ganze Dorf! Ich dachte, sie würde vielleicht endlich verschwinden, wenn sie sich Sorgen um ihren Sohn macht.«
»Und warum stichst du Idiot ihr dann auch noch die Reifen durch?«
»Das war ich nicht!«, fuhr Gätner auf. »Ich schwöre es dir! Keine Ahnung, wer dahintersteckt – aber schließlich hat sie im ganzen Dorf nach den Herforths gefragt und ist bestimmt diversen Leuten auf die Füße getreten. Ich bin schließlich nicht der Einzige, der diese verdammte Familie loswerden wollte. Vielleicht war es Arnold Heckenkamp. Der hat doch damals den Gartenschuppen der Herforths in Brand gesteckt … Vielleicht hat er Angst, dass die Reporterin es herausfindet.«
»Aber warum, zum Teufel, musstest du ihr nachspionieren?«
»Denk doch mal nach!«, sagte Gätner beharrlich. »Sie hat versucht, sich an deine Frau heranzumachen, und das zeigt, dass sie etwas von Martin Herforths Affären ahnt. Wenn sie nun die betrogenen Ehemänner unter die Lupe nimmt und die Sache mit den Krankheitserregern herausfindet …«
»Na und? Frank ist vor zwei Jahren gestorben, und dir kann niemand etwas nachweisen. Und überhaupt: Wen schert es denn, durch wessen Schuld vor fünfundzwanzig Jahren ein paar Haustiere verreckt sind?«
»Vielleicht nicht nur Tiere«, murmelte Gätner.
Einen Moment lang herrschte Stille.
»Was meinst du damit?«, hakte Heimberger nach. »Ich denke, diese Krankheit war für Menschen ungefährlich!«
»Außer für ungeborene Kinder.«
»Nun mach dich nicht
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