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Das weiße Mädchen

Das weiße Mädchen

Titel: Das weiße Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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eine Zeitung sich vielleicht eher für die Geschichte interessiert. Dass du Journalistin bist, wusste sie aus der Schule, als wir in Gemeinschaftskunde von den Berufen unserer Eltern erzählen sollten. Und deine Mailadresse im Büro steht im Impressum auf der Website der Zeitung.«
    »Ich verstehe es trotzdem nicht«, sagte Lea kopfschüttelnd. »Warum hat sie nicht einfach dich angesprochen, um mit mir Kontakt aufzunehmen?«
    David seufzte. »Tja, das ist so eine Sache   … Wir kannten uns ja nur vom Sehen. Offenbar hatte Maja ebenso viel Hemmungen, mich anzusprechen, wie ich sie. Das hätte ich nie gedacht, wo sie doch immer so cool und überlegen wirkte.«
    »Ach, so ist das!«, begriff Lea. »Ihr seid also die ganze Zeit umeinander herumgeschlichen. Dein Interesse beruhte wohl auf Gegenseitigkeit.«
    »Scheint so. Jedenfalls hatte Maja Angst, gleich beim ersten Gespräch so eine abstruse Geschichte vorzubringen. Sie weiß, dass ich   … na ja   … eben mehr der rationale Typ bin und mit solchem Mystery-Kram wenig anfangen kann. Sie dachte, ich würde sie auslachen. Und in ihren Mails wollte sie sich auch nicht zu erkennen geben. Sie hatte Angst, ich würde dir erzählen, dass sie eine Spinnerin ist, die immer Schwarz trägt und Gespenster sieht.«
    »Nicht zu fassen«, murmelte Lea.
    »Es tut ihr wirklich leid«, erklärte David. »Ich soll dich bitten, nicht böse auf sie zu sein. Sie wollte mir schon seit Tagen beichten, dass sie diese Mails geschrieben hat, konnte aber nicht einschätzen, wie ich reagieren würde.«
    »Und wie
hast
du reagiert?«
    »Maja war ziemlich fertig. Sie hat beinahe geweint, als sie es mir erzählt hat. Ich habe sie getröstet und gesagt, dass du schon nicht sauer sein wirst.«
    »Getröstet?«
    »Bestehst du wirklich auf den Einzelheiten, Mum?«
    »Nicht unbedingt«, sagte Lea. »Ich dachte nur   …«
    »Okay, okay«, lenkte David ein. »Also, falls es dich interessiert: Wir sind jetzt zusammen. Zumindest so gut wie.«
    »Allerdings interessiert mich das. – Ich nehme einmal an, dass ich dir keine Vorträge über Verhütung oder dergleichen halten muss?«
    »Du nervst«, mahnte David.
    »Na dann, herzlichen Glückwunsch!«, lenkte Lea ein. »Allerdings wirst du deiner Maja wohl beibringen müssen, dass ich ihre Hinweise nicht weiter verfolgen kann. Ich reise heute noch ab. Wahrscheinlich ist es besser, wenn du ihr nichts über meine Gründe sagst.«
    »Auf keinen Fall«, stimmte David zu. »Sie wäre mit den Nerven am Ende, wenn ich ihr erzählen würde, dass du dich wegen ihrer E-Mails in Gefahr gebracht hast.«
    »Übrigens   …« Lea suchte einen Moment lang nach Worten, »ich bin das kommende Wochenende in Uelzen. Nur zwei Tage.«
    »Huch? Was machst du denn in Uelzen?«
    »Ich besuche jemanden.«
    David zog augenblicklich den richtigen Schluss. »Sag bloß, es ist ein Typ im Spiel?«
    »Lass uns ein anderes Mal darüber reden«, bat Lea. »Es ist eine lange Geschichte.«
    »Ernst?«
    »Schon möglich.«
    Als sie sich verabschiedeten, blieb bei Lea ein gutes Gefühl zurück, gemischt aus Erleichterung und echter Freude. Dass er auch ihr ein kleines Liebesabenteuer gönnte, bewies seine Reife.
    Nachdenklich packte Lea ihre Sachen und beschloss, die Reisetasche ins Auto zu bringen. Als sie jedoch das Haus verließ und die Gartenpforte öffnete, verflog ihre gute Stimmung augenblicklich. Erschrocken blieb sie stehen. Ihr kleiner Fiesta lag merkwürdig schief auf der Straße. Erst mit einem zweiten Blick stellte Lea fest, dass der vordere rechte Reifen vollkommen platt war. In dem Gummi klaffte ein tiefer Schnitt, offenbar von einem Messer.
    Oh mein Gott   … da meint es jemand todernst.
    Unvermittelt spürte Lea, dass ihre Beine zitterten. Unfähig, den Schaden genauer in Augenschein zu nehmen, flüchtete sie zurück ins Haus, griff nach ihrem Handy und nach dem Zettel mit Kais Nachricht. In fliegender Hast wählte sie die Nummer. Es dauerte nur Sekunden, bis Kai sich meldete.
    »Hallo, meine Schöne! Ausgeschlafen?«
    »Kai, hör zu   … Ich weiß nicht, was ich tun soll! Jemand hat mir einen Autoreifen zerstochen.«
    »Was?«
    »Kannst du dich erinnern, ob der Wagen schon schief lag, als du mit deinem Onkel losgefahren bist?«
    »Ehrlich gesagt habe ich nicht darauf geachtet. Wer sollte denn so etwas tun?«
    »Vermutlich derselbe, der mich gestern per Mail bedroht hat.« –
Oder auch nicht,
dachte sie plötzlich. Der Mailschreiber hatte vermutlich erreichen wollen,

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