Das Weltgeheimnis (German Edition)
reinen Mathematik spannend wird.
Für Archimedes war die reine Mathematik die höchste Form der Erkenntnis. Er verblüffte seine Kollegen mit subtilen Beweisen und Gedanken über das Unendliche. Während die meisten Physiker heutzutage die Mathematik nur als Hilfsmittel betrachten, sah er es bisweilen gerade umgekehrt: Archimedes scheute sich nicht davor, auch physikalische Kenntnisse einzusetzen, um mathematische Nüsse zu knacken. So führten ihn die Hebelgesetze der ungleicharmigen Waage zu einem selten schönen Beweis zur Quadratur einer Parabel.
Galilei wird kein zweiter Archimedes. Die strenge Formulierung und Verallgemeinerung mathematischer Sätze überlässt er anderen. Er hat die Mathematik im praxisorientierten Unterricht bei Ostilio Ricci schätzen gelernt, an der Geometrie fasziniert ihn ihre Bedeutung für Kunst und Architektur, das Verständnis technischer und physikalischer Phänomene. Deshalb kann er sich auch nicht für sämtliche archimedischen Schriften gleichermaßen begeistern. Von den Werken des Meisters studiert er mit Vorliebe die Bücher Über schwimmende Körper und Über das Gleichgewicht bzw. den Schwerpunkt .
Seine ersten handschriftlichen Aufsätze schickt er an einige ausgewählte Mathematiker in Italien und im Ausland. Er setzt alle Hebel in Bewegung, Empfehlungsschreiben einzuholen, kommt in Kontakt mit dem Marchese Guidobaldo del Monte sowie dem Jesuitenmathematiker Christopher Clavius in Rom. Trotzdem unterliegt er zunächst im Rennen um die gerade frei gewordene Mathematik-Professur an der Universität Bologna. Die Stelle bekommt ein anderer: der neun Jahre ältere Giovanni Antonio Magini, einer seiner späteren Gegenspieler, der vor allem in der Geografie und der Himmelskunde zu Hause ist.
Arsen und Spitzenforschung
Im Rahmen des neuen Amtes gibt Magini alljährlich astrologische Prognosen ab und wird zum Hofastrologen und Prinzenerzieher der Gonzaga-Herrscher in Mantua ernannt. Obschon die katholische Kirche mit dem Konzil von Trient Zweige der Astrologie verboten hat, behält der Glaube an den Einfluss der Gestirne viele Anhänger. Die meisten geistlichen und weltlichen Herrscher konsultieren regelmäßig Astrologen.
Galilei tut nicht allzu viel dafür, sich auf dem Jahrmarkt der Horoskope und Prognostika zu profilieren. Aber auch er möchte die Zukunft seiner eigenen Kinder aus den Sternen erfahren. Wegen seiner angeblichen Umtriebe als Astrologe wird 1604 sogar die Inquisition erstmals auf ihn aufmerksam. Ein besonders brisantes Horoskop schreibt er schließlich auf Drängen der Großherzogin. Darin sagt er ihrem Mann, Ferdinand I., ein langes Leben voraus. Nur drei Wochen später stirbt der Großherzog, und Galileis Aussichten, jemals eine Stelle am Hof der Medici zu bekommen, sinken beträchtlich. Erst die Entdeckungen mit dem Teleskop rücken ihn wieder in ein günstigeres Licht.
Der Umgang mit den Mächtigen ist ein riskantes Spiel. Etwa zu der Zeit, als sich Galilei vergeblich um die Professorenstelle in Bologna bewirbt, muss er miterleben, wie sein Vater Vincenzo am Hof in Ungnade fällt, weil sich von einem Tag auf den anderen die politischen Machtverhältnisse in Florenz verändern.
Vincenzo Galilei hat einige seiner Kompositionen der Großherzogin der Toskana gewidmet. Die schöne Bianca Capello war schon lange vor ihrer Zeit als Großherzogin die Geliebte Francescos I., der damals noch mit einer anderen Frau verheiratet war.
Francescos Bruder Ferdinand hasst seine Schwägerin. Er lebt in Rom, seit er, kaum in die Pubertät gekommen, zum Kardinal ernannt wurde. Dort unterhält er einen prächtigen Palast mit mehr als hundert Bediensteten. Als er sich im Oktober 1587 mit seinem Bruder und dessen Gemahlin in einer Villa in der Nähe von Florenz zur Jagd trifft, erkranken zuerst der Großherzog, kurz darauf die Großherzogin. Beide sterben im Abstand von 24 Stunden – an Malaria, wie es im Obduktionsbericht heißt.
Im Jahr 2004 hat man das Familiengrab der Medici noch einmal geöffnet. Der Toxikologe Francesco Mari von der Universität Florenz meint, in den Gewebeproben aus dem Oberkiefer Francescos I. Anzeichen für einen Giftmord gefunden zu haben. Die Untersuchungen sprechen seiner Ansicht nach für eine Arsenvergiftung.
Das als Rattengift gebräuchliche Arsen war damals beliebt, um Widersacher aus dem Weg zu räumen. Es ist geruchlos, schmeckt nach nichts und hinterlässt kaum sichtbare Spuren. So brachte zum Beispiel der älteste Sohn des Mathematikers
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