Das Werk - 14
konnte. Das war eine Taktik, der Wille, sich seinen Triumph extra zurechtzuschneiden, das war diese schlaue Idee, daß er, wenn er Erfolg haben wollte, nichts mehr mit diesen Umstürzlern gemeinsam haben durfte, weder Händler noch Beziehungen, noch Gewohnheiten. Und man sagte sogar, daß er auf die Frauen aus zwei oder drei Salons setzte, nicht als rohes Mannestier wie Jory, sondern wie jemand, der lasterhaft ist, aber über seinen Leidenschaften steht und alternde Baroninnen lediglich ein bißchen aufpulvert.
Da machte ihn Jory zu dem einzigen Zweck, sich Wichtigkeit zu verleihen, auf einen Artikel aufmerksam, denn er maßte sich an, Fagerolles gemacht zu haben, wie er sich einst angemaßt hatte, Claude gemacht zu haben.
»Sag mal, hast du die Abhandlung von Vernier über dich gelesen? Da ist wieder mal einer, der nachbetet, was ich gesagt habe!«
»Ah, über den werden viele Artikel geschrieben!« seufzte Mahoudeau.
Fagerolles machte eine unbekümmerte Handbewegung; aber er lächelte voll verborgener Verachtung für diese armen Teufel, die so wenig geschickt waren und starrköpfig auf der Derbheit von Einfaltspinseln beharrten, wo es doch so leicht war, die Menge zu erobern. Genügte es nicht schon, daß er mit ihnen brach, nachdem er sie ausgeplündert hatte? Er zog Vorteil aus dem ganzen Haß, den man gegen sie hegte, man überschüttete seine geleckten Gemälde mit Lob, um ihren hartnäckig gewalttätigen Werken vollends den Garaus zu machen.
»Hast du den Artikel von Vernier gelesen?« wiederholte Jory, zu Gagnière gewandt. »Nicht wahr, er sagt, was ich schon gesagt habe?«
Seit einer Weile vertiefte sich Gagnière in die Betrachtung seines Glases, das einen roten Widerschein des Weins auf das weiße Tischtuch warf. Er zuckte zusammen.
»Was? Der Artikel von Vernier?«
»Ja, kurzum, alle Artikel, die jetzt über Fagerolles erscheinen.«
Verblüfft drehte sich Gagnière zu Fagerolles um.
»Sieh mal einer an! Man schreibt Artikel über dich … Ich weiß nichts davon, ich habe sie nicht gesehen … Ach, man schreibt Artikel über dich! Warum denn bloß?«
Ein irres Gelächter erscholl.
Fagerolles allein grinste verdrossen, weil er das für einen schlechten Scherz hielt.
Aber Gagnière meinte es durchaus ehrlich: er wunderte sich, daß man einem Maler Erfolg zugestehen konnte, der nicht einmal die Gesetze der Farbwerte beachtete. Erfolg für diesen Mogler da, nie im Leben! Wo blieb denn da das Gewissen?
Diese lärmende Heiterkeit ließ es gegen Ende des Essens hitziger zugehen. Man aß nicht mehr, doch die Frau des Hauses wollte die Teller wieder füllen.
»Mein Freund, paß doch auf«, sagte sie immer wieder zu Sandoz, der inmitten des Lärms sehr aufgeregt war. »Lang mal rüber, die Biskuits stehen auf dem Buffet.«
Nein, man dankte, alle standen auf. Da man den Abend dann noch dort am Tisch beim Tee verbrachte, blieben sie stehen und plauderten weiter, an die Wände gelehnt, während das Dienstmädchen abräumte. Das Ehepaar half, sie stellte die Salznäpfe in einen Schub zurück, er faßte beim Zusammenlegen des Tischtuchs kurz mit an.
»Sie können ruhig rauchen«, sagte Henriette. »Sie wissen ja, daß mir das gar nichts ausmacht.«
Fagerolles, der Claude in die Fensternische gezogen hatte, bot ihm eine Zigarre an, die dieser jedoch ablehnte.
»Ach, stimmt ja, du rauchst nicht … Und hör mal, ich werde mir ansehen kommen, was du mitgebracht hast. Na, sicher was sehr Interessantes. Du weißt, was ich von deinem Talent halte. Du bist der Tüchtigste …« Er zeigte sich sehr unterwürfig, im Grunde aufrichtig, und ließ seine einstige Bewunderung für Claude wieder hochkommen, denn er war für immer geprägt vom Genius eines anderen, den er anerkannte, trotz der verzwickten Berechnungen, die er in seiner Schlauheit anstellte. Aber noch mehr gedemütigt war er durch eine bei ihm sehr seltene Verlegenheit, durch eine Verwirrung, in die ihn das Schweigen über sein Bild stürzte, das der Meister seiner Jugend wahrte. Und er entschloß sich mit bebenden Lippen zu der Frage:
»Hast du im Salon meine Schauspielerin gesehen? Magst du so was? Sag’s offen!«
Claude zögerte eine Sekunde, dann sagte er als guter Kumpel:
»Ja, es sind da sehr gute Sachen.«
Schon blutete Fagerolles das Herz, weil er diese dumme Frage gestellt hatte; und er verlor vollends den Boden unter den Füßen, er entschuldigte sich nun, suchte seine Entlehnungen zu verharmlosen und seine Zugeständnisse zu
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