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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Künstler nach zwanzigmal in Angriff genommenen und dann wieder aufgegebenen Reformversuchen den Ausstellern soeben das Recht zugestanden, selber die Mitglieder der Zulassungsjury zu wählen; und das brachte die Welt der Maler und der Bildhauer ganz aus der Fassung, ein richtiges Wahlfieber war ausgebrochen mit ehrgeizigen Bestrebungen, Cliquenwirtschaft, Intrigen, mit diesen ganzen niedrigen Machenschaften, die der Politik zur Schande gereichen.
    »Ich nehme dich mit«, fuhr Fagerolles fort. »Du mußt dir ansehen, wie ich mich eingerichtet habe in meiner kleinen Villa, in die du trotz deiner Versprechungen noch nicht deinen Fuß gesetzt hast … Dort ganz in der Nähe ist es, an der Ecke der Avenue de Villiers.«
    Und Claude, dessen Arm er fröhlich ergriffen hatte, mußte ihm folgen. Eine Verzagtheit war über ihn gekommen, die Vorstellung, sein ehemaliger Kamerad könnte erreichen, daß er angenommen würde, erfüllte ihn mit Scham und gleichzeitig mit Verlangen. Auf der Avenue blieb er vor dem kleinen vornehmen Haus stehen, um dessen Fassade zu betrachten, eine schmucke und kostbare Architektenschnippelei, die genaue Wiedergabe eines Renaissancehauses in Bourges mit kreuzweise aufgeteilten Fenstern, dem Treppentürmchen, dem mit Blei verzierten Dach. Das war ein wahres Juwel für eine Dirne; und er war nicht weiter überrascht, als er sich umdrehte und auf der anderen Seite des Fahrdamms den königlichen Wohnsitz von Irma Bécot erblickte, in dem er eine Nacht verbracht hatte, an die er eine traumhafte Erinnerung behielt. Geräumig, solide, fast streng, wahrte dieser Wohnsitz die Würde eines Palastes gegenüber seinem Nachbarn, dem Künstler, der sich mit einer solchen Spielzeuglaune begnügen mußte.
    »Was, diese Irma?« sagte Fagerolles mit einem Anflug von Ehrfurcht. »Die hat eine richtige Kathedrale! – Na ja, ich, ich verkaufe eben bloß Gemälde! – Komm doch rein.«
    Innen war alles von einem großartigen, bizarren Luxus: alte Teppiche, alte Waffen, eine Menge altertümlicher Möbel, Raritäten aus China und Japan gleich in der Diele; die Wände des Speisezimmers links ganz mit Lackpaneelen ausgefüllt, an der Decke mit einem roten Drachen überspannt; eine Treppe aus geschnitztem Holz, auf der Banner wehten und sich grüne Pflanzen wie Helmbüsche übereinanderstuften. Aber vor allem das Atelier oben war ein Wunder, ziemlich eng, ohne ein Bild, ganz mit Orientteppichen bedeckt, an einem Ende von einem riesigen Kamin eingenommen, dessen Rauchfang von gespenstischen Ungeheuern getragen wurde, am anderen Ende von einem geräumigen überdachten Diwan ausgefüllt, einem richtigen Monument, mit Lanzen, die hoch in der Luft den prunkvollen Baldachin mit seinen Draperien stützten, darunter eine Anhäufung von Teppichen, Pelzen und Kissen, die fast bis zum Parkett herabhingen.
    Claude musterte das alles, und eine Frage drängte sich ihm auf die Lippen, die er jedoch zurückhielt. War das auch alles bezahlt? Fagerolles, der im vergangenen Jahr einen Orden bekommen hatte, verlangte zehntausend Francs für ein Porträt, so hieß es. Nachdem Naudet ihn in Mode gebracht hatte, schlachtete er nun seinen Erfolg planmäßig aus und gab nicht eines seiner Bilder unter zwanzig, dreißig, vierzigtausend Francs ab. Es würde nur so Bestellungen gehagelt haben, wenn der Maler nicht die Geringschätzung, die Überlastung eines Menschen geheuchelt hätte, um dessen unbedeutendste Skizzen man sich riß. Und doch roch dieser zur Schau gestellte Luxus nach Schulden, den Lieferanten waren nur Abschlagzahlungen gegeben worden, das ganze Geld, dieses wie bei plötzlichen Kursanstiegen an der Börse verdiente Geld, zerrann zwischen den Fingern, wurde ausgegeben, ohne daß man eine Spur davon wiederfand. Fagerolles, der noch ganz Feuer und Flamme von diesem jähen Vermögen war, rechnete übrigens überhaupt nicht, machte sich keine Sorgen, fühlte sich stark durch die Hoffnung, immer zu verkaufen, immer teurer zu verkaufen, war stolz auf die bedeutende Stellung, die er in der zeitgenössischen Kunst einnahm.
    Schließlich bemerkte Claude ein kleines Gemälde auf einer mit rotem Plüsch behangenen schwarzen Holzstaffelei, die zusammen mit einem Farbenkasten aus Palisanderholz und einer Schachtel mit Pastellstiften, die auf einem Möbelstück vergessen worden war, hier als einziges an den Beruf gemahnte.
    »Sehr fein«, sagte Claude vor diesem kleinen Gemälde, um liebenswürdig zu sein. »Und hast du dein Ausstellungsstück schon

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