Das Werk der Teufelin
ebenfalls.«
Kopfschüttelnd sahen Gertrud und Almut den Pfad hinunter, der zum Rhein führte.
»Sie kennt sich hier doch nicht aus. Wohin soll sie nur gegangen sein? Und warum?«
»Ich fürchte, das war mal wieder meine Schuld. Ich habe sie ausgezankt, und das verträgt sie nicht. Aber sie ist auch zu schusselig.«
»Sie ist ein verzogener Hohlkopf, um ganz ehrlich zu sein. Und je eher wir sie loswerden, desto besser. Sie gehört zu denen, die unter einer strengen Zucht im Kloster noch am besten aufgehoben sind.«
»Langsam komme ich auch zu dieser Einsicht. Na gut, hier können wir nichts tun. Gehen wir zurück, Gertrud.«
»Ich weiß nicht – möglicherweise hat sie sich deine Worte so zu Herzen genommen, dass sie zum Rhein hinunter…?«
»Um Himmels willen, Gertrud! Ich habe sie ein dummes Schaf genannt, weil sie Kräuter ausgerupft hat. Das ist doch kein Grund, sich zu ersäufen!«
»Für ein dummes Schaf schon.«
»Gehen wir zum Rhein hinunter!«
Die Unruhe trieb sie voran, und als sie unten am Ufer standen, hielten sie sorgsam Ausschau nach Angelika. Sie fragten vor allem die Fischer, die bei ihren Booten saßen und ihre Netze in Ordnung brachten. Aber auch hier war Angelika nicht gesehen worden.
»Es hat wenig Sinn, hier weiterzusuchen, Almut. Wenn sie ins Wasser gegangen ist, dann wird sie rheinab gespült worden sein.«
»Und helfen können wir ihr in dem Fall sowieso nicht mehr. Gehen wir zurück, so Gott will gibt es Neuigkeiten.«
Die gab es tatsächlich, denn als sie in den Hof traten, fanden sie zwei gewappnete Stadtwachen vor, die auf Clara einredeten. Thea hingegen kümmerte sich um Angelika, die mit einem vergnügten Lächeln Blumen zu einem Strauß ordnete. Ihr Haar ringelte sich ohne Schleier oder Gebände um das Gesicht und schimmerte golden in der Abendsonne. Sie trug einen Kranz aus bunten Blüten auf dem Kopf, ihr Gewand war geschürzt und nur lose an den Seiten gebunden.
»Was ist geschehen?«, erkundigte sich Almut, die sich zu den Wachen gesellte.
»Wir haben dieses Mädchen an der Stadtmauer aufgelesen, als wir das Tor schließen wollten. Sie wollte nicht sagen, wo sie hingehört, und darum haben wir sie zu den Nonnen gebracht. Herr im Himmel, hat die da ein Gezeter gemacht! Die Nonnen haben uns hierher geschickt.«
»Danke, das war sehr nett von Euch.«
Einer der Stadtsoldaten zuckte mit der Schulter. »Passt besser auf Eure Mädchen auf. Die kleine Hure hat sich bei den Söldnern herumgetrieben.«
»Was? Das kann ich nicht glauben!«, warf Thea ein.
»Dann lasst es. Wir haben gesehen, was wir gesehen haben. Und auf Euch wirft es kein gutes Licht, ehrwürdige Schwestern!«
In der Anrede klang Hohn und Verachtung mit, und mit einem kurzen Nicken verabschiedeten sich die beiden Männer.
»Barmherzige Mutter, was bist du für ein Schafskopf! Angelika, geh sofort in deine Kammer und bleib dort, bis ich vorbeikomme, um mit dir zu reden.«
Almut scheuchte das Mädchen zum Haus und setzte sich dann auf die Bank im Kräutergarten, um ihren Zorn verrauchen zu lassen. Ihre Mitbewohnerinnen machten wohlweislich einen weiten Bogen um sie und forderten sie auch nicht auf, an dem gemeinsamen abendlichen Plausch im Refektorium teilzunehmen.
Die Sonne warf schon lange Schatten, als sie zwischen den halbverblühten Kräutern und Gemüsepflanzen saß. Sie rollte ein Zweiglein Thymian zwischen den Fingern und atmete seinen herben, kraftvollen Duft ein, während sie darüber nachsann, wie sie Angelika so schnell wie möglich loswerden konnte. Inzwischen war sie zu der Überzeugung gekommen, dass sie den frommen Schwestern von Rolandswerth eine Botschaft senden musste, um sie zu bitten, das Mädchen wieder aufzunehmen. Wenn es einen schwerwiegenden Grund gab, warum sie von dort ausgerissen war, so würde man den sicher bereinigen können. Gleich morgen würde sie einen Brief schreiben und ihn Pater Ivo geben, der dafür sorgen würde, dass die Schwestern ihn erhielten. Aber bis dahin musste Angelika wohl oder übel im Konvent bleiben.
Die Glockenschläge kündeten die Zeit der Komplet an, und die Beginen verließen in kleinen Grüppchen plaudernd das Refektorium im Haupthaus, um in ihre Wohnungen zu gehen. Als Johanna an ihrem Sitzplatz vorbeiging, stand Almut auf und winkte sie zu sich.
»Komm mit in meine Kammer, Johanna, wir müssen miteinander reden!«
»Ja, sofort. Aber du hast noch nicht gegessen.«
»Stimmt. Und Angelika auch nicht. Ich werde sie in die Küche schicken, sie
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