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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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betrachtet. Plötzlich murmelte sie leise: »Nein, Ihr werdet es nicht mehr erleben, diesen Bau fertig zu sehen, noch werden es Eure Kinder oder Enkel. Denn in zweihundert Jahren wird man aufhören, an ihm weiterzuarbeiten. Halb fertig wird der Dom über drei Jahrhunderte hin langsam verfallen, der Kran auf seinem Nordturm wird rosten, und die heiligen Stätten werden von Soldaten aus fremden Ländern entweiht. In jener Zeit werden die Gottlosen die Macht ergreifen und die Kirche spalten, und der Papst wird seine Macht verlieren.« Sie holte tief Atem und starrte noch einen Moment auf das Abbild der Zwillingstürme. Almut und der Dombaumeister verharrten in atemlosem Schweigen. Dann fuhr Rigmundis fort: »Und doch werden diese beiden Türme das Wahrzeichen der Stadt Köln werden, genau so, wie sie hier gezeichnet sind. Denn ein großer Dichter wird kommen und die Hymne in Stein wieder erwecken. Aber es werden noch fünfhundert und vier Jahre vergehen müssen, bis der letzte Stein gesetzt wird.«
    Mit offenem Mund starrte Meister Michael die ältliche, unscheinbare Begine an, die mit einer derartigen Gewissheit über die Zukunft seines Domes sprach.
    »Ja, Meister Michael, so wird es wohl sein.« Almut legte ihm die Hand auf den Arm. »Rigmundis kann manchmal Dinge sehen, die uns gewöhnlichen Menschen verborgen sind. Doch das soll Euch nicht betrüben, denn Eure Leistung wird nicht vergessen sein. Wenn sie sagt, der Bau wird vollendet, dann wird das auch geschehen. Aber ich bitte Euch, sprecht nicht über das, was Ihr gerade gehört habt. Ihr würdet uns und wahrscheinlich auch Euch in Gefahr bringen.«
    »N… nein, natürlich nicht!« Meister Michael machte sich daran, vorsichtig den Plan abzunehmen und aufzurollen. Währenddessen polterte der Lehrling Hannes mit einem Krug Bier hinein und erstarrte plötzlich vor Ehrfurcht, als er dem Dombaumeister selbst gegenüberstand.
    »Schon gut, Junge, hier, nimm das und lauf zu deiner Arbeit zurück!«
    Eine kleine Silbermünze wurde strahlend vor Freude angenommen, und mit einem weiteren Poltern der klobigen Holzpantinen verschwand Hannes. Glücklich, wieder ganz gewöhnliche Handlungen vornehmen zu können und nicht den seltsamen Prophezeiungen dieser wunderlichen Begine lauschen zu müssen, füllte Meister Michael drei Becher mit dem Bier und reichte sie seinen Besucherinnen.
    »Was macht denn Eure Kapelle, Frau Almut? Habt Ihr schon die ersten Strebewerke erstellt?«
    »Die Umstände, Meister Michael – Ihr wisst doch, wie es auf solchen großen Baustellen zugeht – haben es mir erst erlaubt, die Baugrube auszuheben. Wie gut, Euch heute zu treffen! Ich wollte Euch in den nächsten Tagen ohnehin aufsuchen. Seht, ich habe da nämlich eine Frage zu dem Verhältnis von der Tiefe der Fundamente zu der Höhe des Gewölbes.«
    Kurz darauf waren die beiden in eine heftige Fachsimpelei versunken, bei der der Baumeister einen gipsgefüllten Rahmen zu Hilfe nahm, in dem er Almut die Details des Baues in einigen Zeichnungen skizzierte.
    »Wunderbar, Meister Michael, Ihr habt mir sehr geholfen!«, bedankte sie sich, als sie sich die eingeritzten Linien einprägte, bevor er sie wieder wegwischte. Die provisorische Tafel wurde normalerweise für Bauzeichnungen des Doms verwendet.
    »Jetzt wollen wir aber Eure Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Ich fühle mich wieder ganz gekräftigt. Nur eine Frage habe ich noch. Sagt, Ihr kommt doch häufiger mit dem Domkapitel zusammen. Kennt Ihr den Sigbert von Antorpf?«
    »Den ermordeten Domherren? Was habt Ihr mit dem zu schaffen?«
    »Nichts – nur, Ihr wisst doch, ich bin so schrecklich neugierig.«
    »Ich weiß nicht, Frau Almut, ich vermute, Ihr habt einen anderen Grund für Eure Wissbegierde. Vergesst nicht, ich kenne Euch, und wenn Ihr diesen Blick in den Augen habt, dann verbirgt sich meist eine ganze Menge mehr hinter Eurer hübschen Stirn.«
    »Ach, Ihr habt mich schon wieder durchschaut. Nun gut, ja, ich habe noch einen Grund, aber es ist eine schrecklich lange Geschichte, die damit zusammenhängt und die leider unsere Meisterin zu Unrecht in die Hacht gebracht hat. Ich verspreche Euch, ich besuche Euch und Frau Druitgen bald einmal und erzähle sie Euch. Aber jetzt sagt mir, kennt Ihr den Domherrn?«
    »Natürlich kenne ich ihn. Kein sehr umgänglicher Mann, das war er. Wann immer wir zusätzliches Geld brauchten, hat er uns bitten und betteln lassen wie die Almosenempfänger. Ihr wisst schon, diese besonders wohlhabenden

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