Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)
Radianten also ?", vergewisserte Areía sich.
"Wenn es denn so kompliziert bezeichnet werden muss – ja", erwiderte Kepler.
Ohne weitere Kommentare drehte die Technikerin das Boot, diesmal ohne dass es ruckte. Das Ufer verschwand vom Bildschirm. Die Wasseroberfläche wurde vom Wind gekräuselt, sonst war sie still. Das andere Ufer schob sich auf den Schirm. Es war leer. Dann kam eine Ansammlung aus grauen, dreißig Meter hohen Betonpfeilern in Sicht. Sie standen eng beieinander über die ganze Flussbreite. Der Blaue Nil floss gemächlich zwischen ihnen in das tiefe Dunkel des Kraftwerks hinein. Auf der Überdeckung, die die Pfeiler überspannte, war keine Bewegung erkennbar. Areía stoppte das Boot, als das westliche Ufer wieder den ganzen Schirm des Kommunikators ausfüllte.
"Bring uns auf zwanzig Meter an das Ufer heran und dreh uns mit der Steuerbordseite zur Landestelle", sagte Kepler.
"Mit welcher Seite?"
"Mir der rechten", brummte Kepler. "Aber was von Radianten quasseln."
Während Areía seine Anweisung ausführte, zwängte er sich zwischen den Bogenschützen zurück zur Luke. Sie machten ihm bereitwillig Platz, aber als er sich davor stellte, hoben sie unwillkürlich die Armbruste. Kepler brachte die Glock mit beiden Händen in Anschlag und schloss die Augen.
" Schießt mir nicht in den Rücken", bat er vorsichtshalber. "Areía, aufmachen."
Die V erriegelung im Inneren der rechten Klappe wurde gelöst und sie begann von oben nach unten abzukippen. Kepler öffnete langsam die Augen, während das Tageslicht immer mehr das stickige Innere des U-Bootes erhellte. Die heiße Luft der afrikanischen Savanne, gewürzt mit dem frischen Duft des Nilwassers, ließ Kepler kurz lächeln. Dann berührte die Laderaumklappe das Wasser.
D er Gool am Ufer wirkte verdattert. In einer fast menschlich anmutenden Pose verharrte er und glotzte das Boot an. Anscheinend konnte er nicht begreifen, dass sein Mittagessen sich quasi zu seiner selbst einlud. Ohne zu blinzeln hielt der Gool seine geistlosen, düsteren roten Augen auf das Boot gerichtet. Dann hoben seine Arme sich abwartend. Kepler musterte ihn, jetzt hatte er mehr Zeit dazu, als vor ein paar Tagen auf dem Weg nach Gondwana.
Das Monster glich vollkommen den dreien, die Kepler getötet hatte. Es sah zwar grässlich aus, aber das konsequent. Der riesige, massive, aber absolut symmetrische und vollkommen ausgewogen proportionierte Körper mit enormen Muskeln war eine bis ins Detail vollendete Katastrophe. Die Natur konnte dieser resolut zum Vernichten geschaffenen Bestie überhaupt nichts entgegensetzen, der Gool war jedem Lebewesen kompromisslos überlegen. Nur eines störte seine makellose tödliche Perfektion.
Mit seiner weißen Haut konnte der Gool sich in der Savanne nicht verbergen, die Farbe war zwar fahl, stach dennoch deutlich aus der Umgebung heraus. Andererseits, diese Ausgeburt brauchte sich nicht zu verstecken, sie hatte keine natürlichen Feinde. Dennoch störte seine Farbe den ansonsten beinahe tadellosen Eindruck noch auf eine andere Weise. Hier und da schimmerten auf der völlig glatten harten Haut rötliche Flecke. Anscheinend fehlte den Syths etwas Entscheidendes, um ihrer grausamen Kreation auch noch die Tarnfähigkeit zu verleihen – und um sie vor Sonnenbrand zu schützen. Dafür hielt die Haut des Gools nur den Klingen der Syths und Lichtbogenstrahlen nicht stand, gegen jede menschliche Waffe dieser Zeit war sie jedoch ausreichend resistent.
Gegen eine Erfindung aus der Vergangenheit überhaupt nicht. Die natürliche Hautpanzerung schälte die Ummantelung des Geschosses ab und dessen harter Kern stanzte ein akkurates Loch in die Brust des Gools. Verblüfft sprang das Monster rückwärts und sah auf die Wunde herunter, aus der dunkles Blut sickerte. Verwirrt hob der Gool den Kopf. Sein Maul öffnete sich, doch das Kläffen wirkte nicht drohend, sondern konfus. Kepler zielte höher und schoss. Kleine Wolken aus Blutspritzern hinterlassend, drangen zwei Geschosse in den Schädel des Monsters ein. Es taumelte und fasste mit beiden Pranken an den Kopf.
Die Neunmillimeter hatte nicht genügend Energie, um auch die hintere Schädelwand durchzuschlagen, aber dafür zündeten die Brandsätze in den Geschossen. Das tausende Grad heiße Zirkoniumfeuer kochte die Feuchtigkeit im Hirngewebe sofort auf, zwischen den Klauen schoss Dampf aus dem Kopf heraus.
Der Gool wackelte eine Sekunde lang, dann brach er zuckend zusammen. Einige Sekunden lang zitterte
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