Das Wesen. Psychothriller
hier angestellt«, warf Menkhoff ein. »Oder er ist ein Belegarzt?« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, das kann nicht sein. Ich bin schon seit neun Jahren auf dieser Station, ich kenne alle Ärzte, die in der Zeit hier gearbeitet haben, auch die Belegärzte. Einen Dr. Bartholomé gab es dabei nicht, das wüsste ich. Verstehe ich nicht, wie kommt … hmm …« Sie legte das Blatt auf dem Schreibtisch ab und setzte sich auf den Drehstuhl davor. Während ihre Finger über die Tatstatur huschten, sah ich zu Menkhoff herüber, der mit ernster Miene verfolgte, wie Schwester Gabi sich durch das Programm manövrierte.
»Nein, ganz sicher«, stellte sie nach kurzer Zeit fest, »hier gibt es keinen Dr. Bartholomé, und es gab auch in den letzten Jahren niemanden, der so hieß. Und … Moment mal …« Wieder flogen ihre Finger klickend über die Tastatur. Zwischendurch murmelte sie ein kaum verständliches: »Merkwürdig.«
»Was ist merkwürdig?«, fragte Menkhoff nach.
Sie sah uns abwechselnd an und deutete dann auf die Bescheinigung. »Hier steht, Anna Gerling war die Hebamme.«
»Ja, und …?«
»Na ja, also … es gibt hier auch keine Hebamme, die so heißt.«
»Was?« Mit einer schnellen Bewegung griff sich Menkhoff die Geburtsbescheinigung. »Und wer ist das hier: Susanne Trumpp? Gibt es die auch nicht oder was?«
»Doch, die gibt es«, erwiderte Schwester Gabi. »Susanne ist Pflegerin hier auf der Station. Sie war bei dieser Geburt wohl dabei und hat anschließend die Geburtsdaten eingegeben und die Bescheinigung ausgedruckt.« Menkhoff ließ das Blatt auf den Tisch fallen. »Na, wenigstens eine, die kein Phantom ist.«
»Ja, das –«
»So, und wo ist Frau Trumpp jetzt, hat sie heute Dienst, ist sie im Haus oder nicht?«
»Nein, ich glaube, sie hat Spätdienst, Moment …« Sie sah auf eine ausgedruckte Liste, die an der Wand neben dem Schreibtisch hing. »Ja, Susanne kommt gegen halb zwei.«
Ich überflog die Liste, die aus drei Spalten bestand. In der ersten stand das jeweilige Datum, die zweite Spalte war für die Buchstaben F, S und N reserviert, die wohl Früh- Spät und Nachtschicht bedeuteten, und dahinter standen dann mehrere Namen. An einem blieb mein Blick hängen, und ich spürte, wie sich mit rasender Geschwindigkeit nervöse Aufregung in mir ausbreitete. Mit einem Schritt ging ich näher an die Liste heran, um sicherzugehen, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Hatte ich nicht. »Bernd, sieh dir das mal an.« Ich tippte mit dem Finger auf die Stelle der Liste, an der der Name stand. Er las mit zusammengekniffenen Augen und sah mich dann fragend an. »Was meinst du?«
»Na, der Name, der da steht, sagt der dir nichts?« Wieder sah er auf die Liste.
»Da steht
Markus Diesch
. Und?«
Ich wollte nicht glauben, dass er sich nicht an den Namen erinnern konnte. »Mensch, denk doch mal an die Fotos.« Ich hatte Mühe, meine Aufregung halbwegs im Zaum zu halten. »Die du eben eingesteckt hast. Diesch, sagt dir das nichts? Das Fotoalbum …
M. Diesch – Geschafft – Raus.
Na?«
Endlich verstand er. Seine Augen wurden groß, und mit einer hastigen Bewegung zog er die Fotos aus Lichners Album aus der Gesäßtasche, sah sich beide an und hielt eines davon der Stationsschwester entgegen. »Ist das hier dieser Markus Diesch, der da auf dem Schichtplan steht?«
Schon nach einem flüchtigen Blick darauf veränderte sich Schwester Gabis Gesicht. »Ja … er ist ein bisschen schlanker, aber ja, das ist Markus. Woher haben Sie … –«
»Seit wann arbeitet der Mann hier?«, unterbrach ich sie.
»Seit … warten Sie, seit … etwa zweieinhalb Jahren.«
»Und was hat er vorher gemacht?«, fragte Menkhoff, »wissen Sie das?«
»Soweit ich weiß, war er vorher in einem Krankenhaus in Koblenz. Aber warum interessieren Sie sich für Markus? Und woher haben Sie das Foto von ihm? Hat er … ist er in Schwierigkeiten?«
»Das wird sich zeigen. Wir brauchen bitte seine Adresse.«
Sie zögerte. »Entschuldigung, ich weiß nicht, ob ich Ihnen einfach so die Adresse eines Mitarbeiters geben darf.«
»Sie dürfen«, versicherte ich ihr. »Sie selbst haben uns doch gerade darauf aufmerksam gemacht, dass mindestens zwei der Angaben auf dieser Bescheinigung falsch sind. Wir ermitteln in einem Fall von Kindesentführung, und diese Geburtsbescheinigung könnte für diesen Fall sehr wichtig sein. Geben Sie uns also bitte die Adressen von Markus Diesch und dieser Schwester, die den Eintrag
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