Das Wiegen der Seele (German Edition)
überfüllt mit tausenden von Einheimischen und Touristen. Die Atmosphäre am frühen Abend war schwül und drückend und erinnerte Nettgen an einen ersten Saunagang. Männer in weiten Gewändern und mit Turban auf dem Kopf saßen vor den zahlreichen Gasthäusern und diskutierten teilweise wild, während sie genüsslich an ihren Wasserpfeifen sogen.
Nettgen, Löffler und Neuhausen waren auf dem Weg zum Polizeichef. Das Präsidium lag im Kern der Stadt, nicht allzu weit vom berühmten Basar.
Nettgen und Neuhausen waren fasziniert von dem regen Treiben, das in den Gängen herrschte. Täglich verkauften Händler hier auf dem Basar ihre Neu- und Gebrauchtwaren, und natürlich versuchten auch manche findigen Geschäftsleute mit List und Tücke, ihre meist gefälschte Ware an Touristen zu verkaufen. An der nächsten Ecke sah Nettgen die ersten richtigen Kamele seines Lebens außerhalb des Zoos. Fünf ausgewachsene, mit bunten Decken versehene, schmatzende Exemplare lagen auf der Straße und warteten auf Touristen, die sie durch die Gegend tragen sollten. Nettgen hätte liebend gerne die Enge der Mercedes-Rücksitzbank gegen ein solches Wüstenschiff getauscht, schlechter hätte es ihm dabei auch nicht gehen können.
Gott sei Dank schwenkte der Fahrer in diesem Moment auf das Gelände des Polizeipräsidiums ein und die drei konnten aussteigen.
Bevor Nettgen und Neuhausen das Gebäude betraten, meldete sich der Professor plötzlich ab. „Kommissare“, meinte er. „Ich vertreibe mir die Zeit so lange auf dem Markt. Wir sehen uns später im Hotel . “
„Ist gut“, antwortete Nettgen verdutzt und sah Neuhausen nur noch im Getümmel der Menschenmassen Richtung Basar verschwinden. Nettgen und Löffler schauten sich fragend an und zuckten die Schultern.
Dann folgten sie Inspektor Hassim ins Gebäude, wo sie bereits erwartet wurden.
Im Büro des Polizeichefs wurden sie auf überschwängliche Weise begrüßt: „Die Kommissare Löffler und Nettgen, wie schön, S ie zu sehen. Seien S ie willkommen in Kairo, werte Kollegen!“ Ein untersetzter Mann um die fünfzig kam ihnen mit weit geöffneten Armen entgegen und tat, als würde er sie schon jahrelang kennen. Nettgen und Löffler schauten sich nur an.
„Mein Name ist Ali Bahabi. Ich bin der leitende Polizeichef von Kairo. Ich hoffe, S ie hatten einen angenehmen Flug und das Hotel ist nach ihrer Vorstellung.“
„Ja, danke“ , setzte Nettgen gerade zu einer Erwiderung an und verschluckte gerade noch die zweite Satzhälfte, in der er anmerken wollte, dass er das Hotel ja schließlich selbst reserviert habe.
Der Polizeichef wuselte mit ausladenden Gesten durch sein Büro.
„Aber bitte, bitte, nehmen S ie doch Platz . “
Nettgen und Löffler fanden auf alten, brüchigen Lehnstühlen Platz, die in Essen längst aussortiert worden wären. Das Büro war primitiv und anspruchslos eingerichtet, selbst der Computer und eine abgenutzte Schreibmaschine waren längst überholt.
„Möchten S ie etwas trinken? Aber natürlich, bei der Hitze...“ , Bahabi winkte dem uniformierten Polizisten, der gerade vor der Tür Stellung beziehen wollte und rief ihm einen Befehl auf Arabisch zu. Der Polizist verschwand und Bahabi setzte sich zu den Kommissaren an einen einfachen Besprechungstisch.
„Bevor wir anfangen, möchte ich I hnen versichern, dass wir alles tun werden, was in unserer Macht steht, um I hnen bei der Aufklärung der Mordfälle zu helfen.“
„Vielen Dank. Ich bin Hauptkommissar Nettgen und das ist ...“ er zeigte auf Löffler
„Hauptkommissar Löffler, sehr erfreut!“ führte Bahabi den Satz fort.
„Sagen S ie einfach, was S ie benötigen. Auf jeden Fall werden Inspektor Hassim und Ali I hnen während I hres ganzen Aufenthaltes hier zu I hrer Verfügung stehen.“
„Danke, aber das wird nicht nötig sein, wir ...“
„Oh, doch, doch, wissen S ie, hier in Kairo sind viele Dinge ganz anders als bei I hnen in Essen. Wir wollen doch nicht, dass I hnen was passiert. “
Das klang in Nettgens Ohren schon fast wie eine Drohung. Außerdem fragte er sich allen Ernstes, wie ihnen dieser korrupte Anzugtyp helfen wollte, wenn er sie nie zu Wort kommen ließ.
In diesem Moment erschien der Polizist wieder mit einem Tablett, auf dem drei Teegläser standen.
„Ah, werte Kollegen, das ist Pfefferminztee, das B este, was man bei dieser Hitze zu sich nehmen kann. Warm, aber doch erfrischend.“
Bahabi stellte den beiden Kommissaren ein Glas vor die Nase. Nettgen
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