Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
Vom Netzwerk:
Ägypter in ihrer Muttersprache. Professor Neuhausen hielt es nicht für nötig, zu übersetzen, wahrscheinlich führten die beiden also die gängigen Kollegengespräche über die Wochenenderlebnisse, wie sie überall auf der Welt üblich waren. Zwischendurch drangen in rauschenden Tönen Gespräche durch den Polizeifunk. Die eingebaute Funkanlage war so primitiv, dass sich jeder Hobbyfunker darüber lustig gemacht hätte. Die drei taten das auch und suchten immer wieder Blickkontakt miteinander. Trotz der Klimaanlage hofften sie, möglichst bald am Ziel zu sein, immerhin war es zu dritt auf der Rückbank doch ziemlich eng. Auf dem Weg in die Stadt war die Straßenbeschaffenheit eine Katastrophe. Große Schlaglöcher, ausgehöhlt vom Wind und den unzähligen LKWs, übersäten den Fahrweg und ließen die drei ständig gegeneinander rempeln. Sie fuhren sehr schnell und der Wagen sprang immer wieder durch Schlaglöcher und über Bodenwellen. Den Dreien auf dem Rücksitz wurde fast schlecht von dem Gehoppel , denn die Limousine schlingerte manchmal wie ein Schiff auf hoher See.
    „Entschuldigen S ie“, meinte Nettgen, dem inzwischen übel wurde. „Geht das ein wenig langsamer? Wir sind solche Straßen nicht gewohnt . “
    Er bekam keine Antwort. Nicht einmal einen Blick schenkte man ihm. Langsam näherten S ie sich dem Stadtzentrum. Dass der Verkehr auf den Straßen zunahm und immer dichter wurde, interessierte den Fahrer allerdings nicht im Geringsten. Das Quietschen der Reifen bei Überholvorgängen und in den Kurven wurde häufiger, doch die Geschwindigkeit keineswegs mäßiger. Plötzlich schrie Nettgen auf und boxte gleichzeitig vor die gepolsterte Kopfstütze des Beifahrers.
    „Typ! Jetzt reicht es aber! Schraub das Tempo runter oder ich reiß dir die letzten Zähne auch noch aus! Dann kannst du dir eine Schnabeltasse zulegen!“
    Neuhausen und Löffler sahen ihn entsetzt an, dann entschuldigend zu den ägyptischen Kollegen. „Jetlag ...“ sagte Löffler entschuldigend.
    „Keine Panik“, antwortete der Fahrer. „Wir sind da.“
    Sie schauten zu ihrer rechten Seite aus dem Fenster und blickten auf einen Hoteleingang über dem in Leuchtschrift Hotel Winter Palace zu lesen war. Ein Page in blauweißer Hoteluniform stand starr, wie angewurzelt vor der Eingangstür. Er machte auf den ersten Blick den Eindruck, als befinde sich in seinem Nacken ein Schlitz für eine Münze, die man dort einwerfen konnte, damit sich der Knabe bewegte. Nachdem er wider Erwarten beim Vorfahren des Wagens wie ein Blitz aus dem stehenden Koma erwacht war und die Koffer aus dem Kofferraum in die Eingangshalle geschleppt hatte, stellte er sich vor Nettgen. Mit aufgehaltener Hand macht er eine fordernde Geste. Nettgen griff in seine Hosentasche und gab ihm einen Eur o , den der Junge freudestrahlend in seiner Hose versteckte und sich wieder zurück vor die Eingangstür stellte.
    Die drei checkten ein und fanden sich kurze Zeit später in ihren Zimmern wieder – natürlich nicht, ohne vorher einem weiteren Pagen einen Euro gegeben zu haben. So langsam ahnte Nettgen, warum man ihm geraten hatte, neben de n sonst üblichen Kreditkarten auch einige Euro münzen einzustecken und er vermutete, dass er nicht viele wieder mit nach Hause nehmen würde.
    Die Zimmer waren praktisch eingerichtet, sauber und alle mit einem Balkon ausgestattet, der eine Aussicht über die Straßen der Innenstadt erlaubte. An der linken Wand stand ein großes Kolonialbett samt Moskitonetz. Beim inspizieren des Zimmers suchte Nettgen vergeblich eine Klimaanlage, bemerkte aber im Kleiderschrank die Minibar und hoffte nur, dass genügend hochprozentige Vitamine dort deponiert waren. Er legte seinen Koffer auf das Bett und öffnete die Balkontür. Aus den Straßen Kairos erklangen die unterschiedlichsten Geräusche, die leise schallend bis an die Hotelmauern drangen. Er hatte noch eine halbe Stunde Zeit, bis sie sich wieder an der Hotelrezeption treffen wollten.
    Also sprang er kurz unter die Dusche und setzte sich anschließend auf einen der beiden Sonnenstühle, die sich im Schatten des Balkons befanden. Er fühlte sich einwandfrei entspannt. Dann schloss er seine Augen, genoss die frische, warme Brise, die das nicht allzu weit entfernte Meer mit sich brachte. Er lauschte dem Knistern der Palmwedel, die sich unter seinem Balkon im Wind wiegten und dachte an Maria. Dann griff er zum Handy und rief sie an.
     
    * * *
     
    Die Straßen und Gassen der Innenstadt waren

Weitere Kostenlose Bücher