Das Wiegen der Seele (German Edition)
“
Doch als sich Nettgen in diesem Moment umdrehte, war der Mann spurlos verschwunden.
„Mist, wo ist er hin?“ , fragte er verdutzt.
„Ist doch egal Ralf“, sagte Löffler. „Irgendein Zuhälter, der seine Kleine an den Mann bringen wollte. Vielleicht hat er potentere Kundschaft gefunden.“
So rasch sich Nettgen über den Kerl aufgeregt hatte, genauso schnell löschte er ihn aus seinem Gedächtnis. Die beiden plauderten zur Abwechslung mal nicht über den Dienst. Löffler erzählte von seiner Familie und wie glücklich sie doch seien. Das tat er sonst nie, er hielt seine Familie stets diskret. Nettgen hingegen machte ein paar nette Bemerkungen über Maria Crampton und gestand, sich in sie verguckt zu haben. Sie verbrachten noch eine Weile im Club Kleopatra und machten sich dann auf den Weg zurück ins Hotel. Kurz vor dem Hotel erblickte Nettgen ein Schild auf dem rent a car zu lesen war. Er spähte durch das Schaufenster und hielt Löffler am T-Shirt fest, da er den Anschein machte, weiter zu gehen.
„Halt Dietmar, hier müssen wir rein. Oder willst du dir morgen den Hintern auf einem Kamel platt sitzen?“
Wenig später handelten die beiden für den nächsten Tag ein Mietfahrzeug aus. Sie feilschten was das Zeug hielt. Weder Nettgen noch Löffler zeigten Verständnis, für einen zehn Jahre alten Suzuki-Jeep einen Tagespreis von 95 US-Dollar zuzüglich Benzin zu zahlen. Zumindest ließ sich der hartnäckige Autovermieter auf 37 US-Dollar herunterhandeln.
„Ihr seid richtige Verbrecher“, kicherte der Bärtige.
Er zuckte einen Automietvertrag und fragte Nettgen nach Ausweis und Fahrerlaubnis. Nettgen holte gerade sein Portemonnaie hervor, als ihn plötzlich, wie aus heiterem Himmel ein Gefühl überkam. Ruckartig drehte er sich um und schaute durch die Fensterscheibe auf die Straße. Vor der Glasscheibe erwischte er den Unbekannten aus dem Club, wie er in den Laden glotzte und die beiden beobachtete. Ohne zu zögern legte Nettgen einen Spurt ein und rannte aus dem Laden. Der Unbekannte ergriff die Flucht und lief die Straße hinunter. Nettgen folgte ihm auf dichten Fersen. Der Verfolgte drehte sich immer wieder um, in der Hoffnung, Nettgen abgeschüttelt zu haben. Dann bog er in eine Gasse und erhöhte das Tempo. Nettgen folgte ihm und rempelte Dutzende von Touristen an, die gemütlich durch die Gasse schlenderten und nichts ahnend in seinem Weg standen. Vor der nächsten Abbiegung jedoch trennten sich ihre Weg, denn der Flüchtige konnte im Tumult der Menschen entkommen. Nettgen hatte ihn verloren, er war spurlos verschwunden. Verärgert und bis auf die Haut durchgeschwitzt ging er zurück zur Autovermietung, wo Löffler ungeduldig auf ihn wartete.
„Verdammt ! Er ist weg ! “ , keuchte Nettgen.
Er zupfte an seinem Hemd, das hauteng an seinem Körper klebte.
„Das wird langsam unheimlich“, meinte Löffler. „Wer ist bloß dieser Typ ? “ Rasch unterzeichnete Nettgen den Mietvertrag und die beiden stiefelten zurück ins Hotel. Bereits am Haupteingang wurden sie von Professor Neuhausen begrüßt, der in einer Sitzecke gegenüber der Rezeption auf sie wartete. Er winkte mit erhobenen Armen. Auf dem Tisch der Sitzecke stapelten sich diverse Mitbringsel vom Basar. Eine mittelgroße Wasserpfeife, ein Päckchen Apfelpfeifentabak, eine miserable Imitation eines Marken-T-Shirts, sowie eine Tüte voller Erdnüsse, die schon halb aufgefuttert war. Die Schalen lagen wild verstreut auf dem Tisch und zum Teil sogar auf dem Boden vor seinen Füßen. Während Nettgen nur zurückgrüßend an ihm vorbeizog und sich auf sein Zimmer begab, gesellte sich Löffler zu ihm und erzählte ihm die Begebenheiten des Tages. Gemeinsam bereiteten sie den Ausflug für den nächsten Tag vor.
Am Nächsten Morgen erwachte Nettgen früh. Als er zum Frühstück erschien, fand er Löffler und den Professor bereits im Speisesaal vor.
„Guten Morgen die Herren“, begrüßte er sie mit verschlafenem Gesichtsausdruck. Bereits zu dieser frühen Stunde war die Luft unerträglich trocken und heiß. Der Tag versprach für den Lauf des Tages einen Temperaturanstieg auf bis zu fünfundvierzig Grad, was für diese Jahreszeit normal war. Löffler hatte sich schon nach dem Aufstehen die Mühe gemacht, den Mietwagen abzuholen und ihn vor dem Hoteleingang geparkt. Vorher hatte er ihn noch waschen lassen. Auf dem glanzlosen Lack schimmerten noch die Wassertropfen und kullerten wie Glasperlen herab, bis sie letztlich auf den
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