Das Wiegen der Seele (German Edition)
und boten trotz der schlichten Einrichtung einen angenehmen Aufenthalt. Nach fast elf Stunden Wüstenfahrt zählten für Nettgen sowieso nur noch drei Dinge: fließendes Wasser, ein eiskaltes Bier und ein weiches Bett, um sich ein wenig zu entspannen. Viel Zeit blieb ihm dazu jedoch nicht, denn eine Stunde später hatten sich die drei schon wieder in der Lobby verabredet, um den morgigen Tagesablauf zu besprechen. Auch Löffler und der Professor nutzten die Zeit, sich nach der anstrengenden Fahrt ein Bad und ein wenig Ruhe zu gönnen.
Als Nettgen knapp sechzig Minuten später die Lobby betrat, sah er schon den Professor in einer Rundecke sitzen. Schmunzelnd setzte er sich neben ihn und beobachtete ihn, wie er den Tisch herrichtete.
„Man, tat das Nickerchen gut. Meine Gelenke knirschten schon vor lauter Wüstensand. Sagen S ie mal, haben S ie heute noch was bestimmtes vor?“
Nettgen starrte auf die Einzelteile der Wasserpfeife, die sich der Professor vom Basar mitgebracht hatte und nun zu einer imposanten Pfeife zusammen baute.
„Kommissar, wir sind hier in Ägypten. Da darf der Genuss einer Wasserpfeife nicht fehlen“, schmunzelte der Professor. Er erinnerte Nettgen an einen Jungen, der seinen ersten Fischertechnik-Baukasten geschenkt bekommen hatte und jetzt fasziniert schraubte. In diesem Moment trat ein Kellner an den Tisch, dessen Tablett so schwer beladen war, dass er beide Hände zum Tragen benutzen musste. Nettgen staunte nicht schlecht und traute im ersten Moment seinen Augen nicht. Zwar war er üppigen Alkoholgenuss gewohnt, doch bei diesem Anblick bekam selbst er Kopfschmerzen, ohne einen Schluck getrunken zu haben. Gleich hinter dem Kellner kam Löffler um die Ecke und nahm gegenüber Nettgen Platz. Er wirkte müde. Er spähte durch kleine Schlitze und rieb sich gelegentlich die Augen mit den Handrücken.
„Guten Abend die Herren. Ich entschuldige meine Verspätung, bin in der Badewanne eingeschlafen. Wow, Professor, S ie wollen doch hier wohl keine illegalen Drogen konsumieren?“ , griente er, als er einen Blick auf die Pfeife und das Tablett geworfen hatte.
Neuhausen hatte bei seiner Bestellung wahrhaftig an alles gedacht: drei Bier in halb-Liter Bechern, drei Dattelschnäpse und eine Flasche Whiskey.
Der Professor griff die Flasche mit einem schelmischen Grinsen und schraubte den Deckel ab.
„Was haben S ie eigentlich vor?“ , fragte Nettgen.
„Wollen S ie uns mit dem Zeug vergiften?“ Löffler blickte den Professor skeptisch an.
Neuhausen kicherte. Er hob den Kopf der Pfeife an und kippte die ganze Flasche Whiskey in das Gefäß.
„Kommissar e , bleiben S ie locker. Das, was ich hier mache, habe ich mir bei meinen Studenten abgeschaut. Ich habe mal eine Bande meiner Studenten dabei ertappt und ich finde, dass nun der richtige Zeitpunkt ist, das einmal selbst auszuprobieren.“
Nettgen war baff, so hatte er den Professor gar nicht eingeschätzt. Doch irgendwie fand er ihn cool.
„Kommt da nicht normalerweise Wasser rein? Es heißt doch Wasserpfeife und nicht Whiskeypfeife , oder?“ Nettgen blickte Löffler an. Manchmal waren seine dummen Fragen auch unfreiwillig komisch.
„Eigentlich schon ,“ antwortete Neuhausen kichernd. „Ich dachte mir, wir haben uns den Spaß vor der großen Entdeckungstour verdient. Oder müssen S ie auf den Genuss verzichten, weil S ie im Dienst sind?“
Nettgen und Löffler schüttelten nur sprachlos den Kopf und blickten einander an. Neuhausen hingegen holte seinen Apfeltabak hervor und stopfte ihn in den Tabaktrichter, setzte den Kopf wieder zurück auf das Gefäß und pustete in einen der Rauchschläuche. Es blubberte …
„So meine Herren, das Vergnügen kann beginnen. Kommissar Nettgen, darf ich kurz I hr Feuerzeug benutzen ?“
Nettgen nickte und reichte es ihm. Neuhausen zündete das Feuerzeug an und hielt die Flamme schräg auf das Kraut. Dabei zog er wie wild am Schlauch, bis der Tabak glühte. Ein feiner, wohlriechender Geruch von Äpfeln zog in ihre Nasen.
„Hm ...“ , schwärmte er, „der Geschmack von Whiskey vollendet den köstlichen Genuss auf der Zunge. Sehen S ie wie es brodelt?“ Neuhausen hielt Nettgen einen Schlauch vor die Nase und wedelte, um den Duft zu verteilen.
„Bei mir brodelt es auch schon , aber im Magen. Nehmen S ie mir das bitte nicht übel Professor, doch ich bleibe lieber beim Bier. Da weiß ich wenigstens, woher die Kopfschmerzen kommen“ , entschuldigte sich Nettgen und griff zum Bierglas.
Neuhausen
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