Das Wiegen der Seele (German Edition)
fallen.
„Professor, was ist mit I hnen?“, fragte Nettgen. Auch ihm wurde mulmig.
„Professor!“ , wiederholte er.
Es vergingen Sekunden der Stille.
„Das Totenbuch Anubis! Es .... es existiert wirklich!“ , stotterte der Professor mit zitterndem Leib. Nettgen blickte fragend auf den Boden.
„Die Inschrift! Es existiert!“ Neuhausen zeigte auf die Papyrusrolle.
„Was für eine Inschrift?“ , fragte Nettgen. Er wurde nervöser und ungeduldig.
„Wir müssen von hier weg! Kommissar, wir müssen verschwinden!“
Ruckartig dreht sich der Professor in die Richtung, aus der er zuvor gekommen war. Auf Neuhausens Gesichtszügen war en der Ausdruck von Furcht und das Verlangen nach sofortiger Flucht erkennbar. Als Nettgen dem Professor mit seinen Blicken folgte, starrte er auf die Umrisse einer Wächterfigur, die er zuvor nicht gesehen hatte. Sie starrte ihn mit bösartigen Augen an. Es war Anubis in Gestalt eines Wächters. Er wirkte wie ein wildes Tier, das jeden Moment zum Sprung ansetzte.
Nettgens Hände wurden eiskalt und ihm war so, als sehe Anubis ihn an. Plötzlich zog ein Luftzug über ihre Köpfe hinweg, der so kraftvoll war, dass ihnen kurz der Atem stockte. Nettgen hatte das Gefühl, er spüre böse, zerstörerische Kräfte in der Brise und die Macht des Finsteren, die in ihr steckte. Dann begann plötzlich der Erdboden zu wackeln. Es war kein schweres Beben, doch feiner Sand rieselte von der Decke und es dröhnte in ihren Ohren. Es kam aus dem Nichts, ohne Vorwarnung. Es war auf einmal da. Für Nettgen und den Professor wurde es höchste Zeit, die Kammer zu verlassen. Begleitet vom Lärm des Bebens rannten sie so schnell sie ihre Füße tragen konnten zum Ausgang. Nettgen warf einen Blick über die Schulter. Sie rannten weiter, so schnell das im schwachen Licht ging. Immer wieder schaute Nettgen zurück, beinahe wäre er gestolpert. Der Gang zog sich unendlich lang und schien nicht enden zu wollen. Endlich erblickten sie den ersehnten Ausstieg. Es waren nur noch wenige Meter. Sie retteten sich mit einem langen Sprung und landeten unter dem Sternendom im weichen Wüstensand. Umgehend verstummte das Donnern und die Erde beruhigte sich, als sei nichts geschehen. Totenstille!
Nettgen fragte sich, ob er das alles nur geträumt habe, aber als er sich aufrichtete, schaute er in das wachsbleiche Gesicht des Professors. Entsetzen spiegelte sich in seinen Gesichtszügen.
„Kommen S ie Professor. Wir hauen ab!“
Sie machten sich sofort auf den Weg, diesen Ort schleunigst zu verlassen und liefen im Schutz der Dunkelheit durch das Tal. Sie hielten Ausschau nach Löffler, doch von ihm fehlte jede Spur. Auch die Wachen waren verschwunden. Das war immerhin schon ein Vorteil, denn jetzt auch noch in die Mündung einer MP zu schauen, wäre wohl etwas zu viel für ihre Nerven gewesen.
Das Laufen auf dem sandigen Boden war anstrengend und die Kälte sowie der Schock, der ihnen noch immer in den Knochen saß, zerrten an ihren Kräften. Allmählich wurden sie Müde. Nachdem sie das Tal hinter sich gelassen hatten, blieb der Professor schließlich stehen, um eine Verschnaufpause einzulegen und Kräfte zu sammeln.
„Nettgen, ich muss einen Augenblick verschnaufen, bin nicht mehr der J üngste“ , entschuldigte er sich kurzatmig.
Nettgen hatte Verständnis, denn auch wenn er trainierter war als der Professor, hatte ihm dieses nächtliche Abenteuer doch enorm zugesetzt.
Die Pause wurde jedoch extrem kurz, denn sie vernahmen plötzlich ein Geräusch. Nettgen drehte sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren und starrte in zwei Autoscheinwerfer, die sich ihnen mit hoher Geschwindigkeit näherten.
„Scheiße“, rief er, „sie haben uns entdeckt!“
Neuhausen folgte seinen Blicken und erkannte die Gefahr.
„Schnell weg hier!“ Nettgen packte den Professor am Arm und zog ihn mit sich.
Doch für eine Flucht war es zu spät, denn binnen Sekunden war der Wagen da und kam direkt vor ihnen zum stehen. Nettgen und Neuhausen blieben wie hypnotisierte Kaninchen stehen. Nettgen fluchte vor sich hin. Der Professor hob die Arme, um sich dem Unvermeidlichen zu stellen. Sehen konnten die beiden nichts, denn die Scheinwerfer blendeten direkt in ihre Augen. Das Rauschen und Knattern des Motors im Leerlauf dröhnte in ihren Ohren, doch allmählich übertönte ein anderes Geräusch den Motor. Ein glucksendes Kichern schwoll allmählich zu einem herzhaften Lachen an. Nettgen und der Professor starrten sich entsetzt
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