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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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wünschte, er hätte Geld genug, um sie auszuführen. Aber Geld war in letzter Zeit Mangelware – die Druckerpresse brachte gar nichts, und was er im Navigator verdiente, reichte immer gerade für seinen Anteil an der Miete und am Essen.
    Durch dichten, schwefelgelb schimmernden Nebel ging er nach Hause, und als er die Souterrainwohnung erreichte, wäre er beinahe über Robin gefallen, die dort auf der Treppe saß.
    »Robin! Was tust du denn hier?«
    »Ich warte auf dich.« Sie hatte ihren grünen Samtmantel an, aber an ihren Wimpern hingen kleine Wassertropfen.
    »Du mußt ja völlig durchgefroren sein. Komm rein.«
    Er sperrte die Tür auf und ging ihr voraus: Drinnen war es kaum wärmer als draußen. Feuchtigkeit schien aus dem Boden zu sickern, und an diesem Tag war noch kein Feuer gemacht worden. Joe zerknüllte alte Zeitungen und legte sie zusammen mit Anzündholz in den Kamin.
    »Wo ist Francis?«
    »Auf der Jagd nach Aufträgen. Es ist zum Davonlaufen«, fügte er hinzu. »Uns geht die Arbeit aus. Dabei ist es im allgemeinen um diese Jahreszeit gar nicht so übel – um Weihnachten herum.«
    Joe wollte noch sagen, daß seiner Ansicht nach dieser geschäftliche Abschwung von Dauer sein würde, daß er mit dem New Yorker Börsenkrach Ende Oktober zu tun habe, aber als er Robin ansah, bemerkte er, daß sie ihm nicht zuhörte.
    »Ich bin nur gekommen, um euch zu sagen, daß ich nach Hause fahre, Joe«, sagte sie: »Mein Bruder ist krank.«
    »Oh, das tut mir aber leid. Ist es schlimm?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hugh hat Bronchitis. Er hat sie jeden Winter. Mutter hat immer Angst, daß eine Lungenentzündung daraus wird. Ich wollte euch nur Bescheid geben … damit ihr euch nicht wundert, wo ich geblieben bin …«
    Sie ging zur Tür. »Aber ich fahre nur für ungefähr eine Woche«, fügte sie plötzlich in trotzigem Ton hinzu. »Glaub ja nicht, daß ich nicht zurückkomme.«
    Sie zog die Tür hinter sich zu, und Joe merkte, daß er lächelte.
    Nichts, dachte Robin, konnte so trist sein wie die Fens Mitte Dezember. Regen tropfte von jedem Zweig und Blatt, das ganze Land lag in einförmigem Graubraun.
    Aus London brachte sie Hugh zwei der neuesten Schallplatten mit, wofür sie den größten Teil eines Wochenlohns ausgegeben hatte, aber die Freude auf seinem Gesicht zu sehen, war es ihr wert. Im Winterhaus packte sie ihn in Decken, schürte das Feuer im Ofen und tanzte allein zu »You're the Cream in my Coffee« und »Tip-toe through the Tulips«. Nachdem sie dreimal über ihre eigenen Füße gestolpert war, warf sie sich am Ende lachend zu Boden.
    »Das sind nur die blöden Überschuhe.« Robin schleuderte die Gummistiefel weg und streckte ihre Zehen zum Feuer. Sie war froh, auch Hugh lachen zu sehen.
    »Ma macht sich schreckliche Sorgen um dich, Hugh. Sie hat es mir in einem Brief geschrieben.«
    Er schnitt eine Grimasse. »Ich weiß. Ich wollte, sie würde nicht soviel Aufhebens machen. Na ja –« Er lachte. »– wenigstens bleiben mir jetzt die kleinen Biester ein paar Wochen erspart.« Seit einem Jahr unterrichtete Hugh an derselben Schule wie Richard Summerhayes.
    »Hast du schon genug vom Unterrichten?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, die Jungen sind nett – es macht mir Spaß. Und du, Rob? Was macht die Arbeit? Was macht London, das Sündenbabel?«
    Diesmal verzog sie das Gesicht. »Die Arbeit ist gräßlich, Hugh. Am liebsten würde ich sie hinschmeißen, aber im Augenblick ist es nicht leicht, überhaupt etwas zu finden. Erzähl nur Mutter und Vater nichts davon, sonst sagen sie höchstens, na bitte, wir haben es dir ja gleich gesagt. Aber London … London ist eine Wucht!«
    Und dann erzählte sie ihm etwas zögernd von Francis.
    »Es macht solchen Spaß, mit ihm zusammenzusein«, erklärte sie. »Und seine Mutter lebt in einem ganz verrückten alten Haus mit Pfaffenlöchern und Altaren und weiß der Himmel was. Es ist so – es hat einfach einen Zauber, Hugh. Ganz anders als das langweilige alte Cambridgeshire.« Ihr Ton war vernichtend. »Und Vivien ist eine wahnsinnig elegante Frau und macht Francis nie Vorschriften, sondern läßt ihn einfach sein Leben führen, wie er es für richtig hält. Und er ist so – so unberechenbar, Hugh. Nur verschwindet er manchmal gleich für mehrere Wochen, und ich hab keine Ahnung, wo er ist und ob er mich nicht vielleicht ganz vergessen hat.«
    »Liebst du ihn, Rob?«
    Sie starrte ihren Bruder an, dann lachte sie. »Natürlich nicht – du weißt doch,

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