Das Winterhaus
groß und warm und hell erleuchtet, doch Maias Hände zitterten, als sie Tee in die Kanne löffelte. Robin war erschüttert. Maia trug ein perlgraues Kostüm von raffiniertem Schnitt, das ihr auf die Figur geschneidert zu sein schien. Ihre Strümpfe waren zweifellos aus Seide, ihre Schuhe aus farblich abgestimmtem grauem Wildleder. Aber ihr Gesicht, ihr schönes Gesicht, sah aus wie eine groteske Maske.
Robin wurde sich bewußt, daß sie Maia angestarrt hatte, als diese sagte: »Im allgemeinen schlägt er mich nicht ins Gesicht. Das war das erstemal.«
Trotz der Wärme in der Küche wurde Robin kalt. »Hat er dich denn schon vorher geschlagen, Maia?«
»O ja.« Maia goß kochendes Wasser in die Kanne. »Sieh mich nicht so an, Robin«, sagte sie heftig. »Ich halte das nicht aus.«
Robin wandte sich ab. Maia schenkte den Tee ein. Vernon Merchant schlug seine Frau niemals ins Gesicht, weil er vermeiden wollte, daß andere peinliche Fragen stellten. Ein blaues Auge konnte man als Unfall hinstellen, aber nicht eine ganze Serie blauer Augen. Robin fand diese Art kalter, berechnender Grausamkeit widerlich.
»Warum verläßt du ihn nicht?«
»Ihn verlassen?«
»Ja – laß dich scheiden. Wegen Grausamkeit –«
Maia lachte verächtlich. »Damit alles, was mir passiert ist, in sämtlichen Zeitungen breitgetreten wird? Damit alle Mädchen, die mit mir in der Schule waren, sich über mich kaputtlachen? Damit meine Mutter und Tante Margery mich von oben herab ansehen können? Niemals!«
»Dann verlaß ihn einfach. Du brauchst ja nicht vor Gericht zu gehen.«
»Und was soll ich dann machen?« fragte Maia bitter. »Ich wüßte ja nicht mal, wo ich hin soll. Ich würde irgendwo auf der Straße landen.«
»Du hast mich, Maia – du hast Helen.« Aber noch als sie es sagte, dachte sie, daß Helens Vater Maia wahrscheinlich nicht aufnehmen würde. »Du könntest bei mir wohnen, Maia, bis du wieder auf die Beine kommst.«
»Ach ja, ich kann's mir richtig vorstellen – wir beide in irgendeinem gräßlichen kleinen Loch in einer grausigen Pension.« Maias Gelächter klang hohl. »Ich besitze nicht einen Penny, damit du's weißt. Alles gehört ihm.«
Robin starrte sie verwirrt an. »Aber du kannst doch nicht freiwillig bei ihm bleiben.«
»Und ob ich das kann.« Maias Gesicht war plötzlich ruhig. Sie setzte sich Robin gegenüber an den Tisch und sagte: »Verstehst du denn nicht, Robin? Es kann ja sein, daß ich ihn nicht mag, aber ich mag sein Geld.«
Darauf wußte Robin nichts zu sagen. Sie sah Maia stumm an. In Maias Gesicht lag ein Ausdruck der Unerbittlichkeit, den Robin selten zuvor gesehen hatte. Der Blick dieser hellblauen Augen, das eine schön und wohlgeformt, das andere häßlich und verschwollen, war verworfen und kalt.
»Niemand wird mir das wegnehmen.« Maias Blick umfaßte den großen Raum mit seiner blitzenden Einrichtung und den modernen Geräten.
Robin fröstelte. Jetzt wäre sie gern zu Hause gewesen, bei Hugh und Daisy und Richard. Selbst nach diesem Streit. Nur um irgendwo zu sein, wo alles normal und vernünftig und verständlich war. Maias Blick hatte etwas Beunruhigendes.
Sie versuchte es noch einmal. »Maia.« Ihre Stimme war sanft. »Er hat dich bereits verletzt. Vielleicht wird er dir noch Schlimmeres antun. Was ist, wenn –«
Maia brachte sie mit einem Kopfschütteln zum Schweigen. »Nein. Du verstehst nicht. Vernon braucht mich. Er braucht mich als seine Ehefrau, und er braucht mich als Gastgeberin bei seinen Gesellschaften. Deswegen hat er mich geheiratet. Und er braucht mich fürs Bett. Das ist billiger, als wenn er erst nach London fahren und sich dort ein Mädchen kaufen muß.« Maias Lächeln war eisig.
»Was ist, wenn Vernon die Beherrschung verliert, Maia?«
»Vernon ist immer beherrscht. Er weiß immer genau, was er tut. Ich hab es dir ja schon gesagt – er hat mich nie zuvor ins Gesicht geschlagen. Ich habe mich bewegt, verstehst du. Es hat ihm hinterher furchtbar leid getan. Er hat mir Blumen geschickt.«
Entsetzt folgte Robins Blick dem Maias zu dem großen Strauß Gewächshausrosen im Spültisch.
»Du siehst, es besteht kein Anlaß zur Sorge.« Maia zündete sich eine Zigarette an und bot Robin die Packung an. »Du solltest besser bald gehen, Darling – Vernon wird gleich von der Arbeit nach Hause kommen. Ich glaube nicht, daß es gut wäre, wenn ihr beide euch hier trefft.«
Sie klang beinahe amüsiert. Unsicher stand Robin auf.
»Geh hinten raus, Darling – ich
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