Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Augen glänzten. »So gut können diese Vorträge gar nicht sein … Und überhaupt, wenn du dich so verausgabst, musst du auch wieder zu Kräften kommen, my dear.« Er reichte ihr ein Sektglas. »Du bist umwerfend«, fügte er hinzu, »and I love you.«
»Dein Leben war vor mir doch viel aufregender«, sagte Anne, trank einen Schluck und lächelte schief.
Er schüttelte den Kopf, stand auf und setzte sich neben seiner Frau aufs Bett. »Das Leben mit dir ist genau das, was ich will. Ich habe meine Entscheidung keine Sekunde lang bereut. Und du solltest jetzt aufstehen und dich anziehen, auch wenn dein Kongress nur fünf Minuten von hier entfernt stattfindet.«
Anne griff nach seiner Hand. »Danke. Manchmal weiß ich nicht, womit ich dich – uns verdient habe. Ich habe Angst, aus diesem wunderbaren Traum aufzuwachen, weißt du?«
Nicholas gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. »Wir lieben uns, Anne. So einfach ist das. Treffen wir uns heute Nachmittag? Wie immer am Picadilly? Dann gehen wir essen.«
Anne nickte, erhob sich mit einem bedauernden Blick auf das zerwühlte Bett und verschwand unter der Dusche. Nicholas blieb am Tisch sitzen und sah ihr nach. Er wusste, dass Anne seit Tagen Magenschmerzen bekam, wenn sie über Jenna nachdachte. Dass ihre Freundin Probleme mit Kim hatte – das war nichts Neues. Doch Nicholas war sicher, dass Jenna noch etwas ganz anderes belastete. Nun, übermorgen würden sie zurückfliegen. Dann, das wusste er bereits, war es Zeit für eine traditionelle Ladies Night: Jenna, Anne, Lisa vor einer Batterie diverser Cocktails. Und viel Zeit zum Reden.
Die Abenddämmerung war bereits über London hereingebrochen, als ein schwer bepackter Nicholas Wright im Café Vergnano einen Cappuccino bestellte.
»Einen echten, Sir?«, fragte der Kellner, der gerade einer Kundin einen entkoffeinierten Espresso hatte bringen müssen, augenzwinkernd.
»Please!«, erwiderte Nicholas. »Machen Sie gleich einen großen – für Erwachsene.«
Das Vergnano lag direkt neben einem seiner Lieblingsanti quariate. Obwohl Any Amount Of Books eher einfache Second hand-Ware in den Regalen stapelte, hatte Nicholas doch schon einige Kostbarkeiten dort gefunden, wofür er im Zweifel mehr Geld gezahlt hätte als verlangt. Er kannte Billy Miller, den Eigen tümer, seit Jahren und wies ihn hin und wieder dezent darauf hin, wenn dieser seltene Sammlerstücke unter Wert verkaufte. Das wiederum sicherte ihm Millers ewige Ergebenheit. Außerdem rief ihn Miller immer wieder an, wenn wirkliche Raritäten in der englischen Hauptstadt kursierten. Miller hatte ein gut funktionierendes Netzwerk über seine Stadt gespannt.
Stimmengewirr umbrandete ihn, und einen Moment später hatte Nicholas einen großen, völlig unenglischen Cappuccino und das unvermeidliche kleine Sortiment Kekse vor sich. Wenn er mir jetzt noch einen Gin aufs Haus bringt, lässt es sich so aushalten, ging ihm durch den Kopf.
Nicholas hatte einen Tisch direkt an einem der großen Fenster belegt, den Bücherstapel vor sich geschoben und ließ das Treiben auf der voll belebten Londoner Geschäftsstraße in der Nähe des Picadilly Circus auf sich wirken.
Er nahm das oberste Buch vom Stapel, schlug es auf und bemerkte ein junges Paar, das sich gerade einen Tisch in seiner Nähe suchte. Der junge Mann riss sich entnervt eine Wollmütze vom Kopf und entblößte eine schauderhafte Frisur. Seinem lautstarken Wutanfall war zu entnehmen, dass er ausnahmsweise bei dem Friseur nebenan um einfaches Nachschneiden gebeten hatte – das Ergebnis aber bei Weitem nicht das gewünschte war. Seine Freundin sah jedenfalls drein, als würde sie ihn hier und jetzt verlassen, hätte sie nicht so lachen müssen. Nicholas fing ihren Blick auf und zog mit einem bedauernden Grinsen die Schultern hoch. Da war außer einer Glatze wirklich nichts mehr zu machen.
Der schwarze Audi Q7 mit den dunkel getönten Scheiben fuhr langsam an. Zwei Männer saßen auf den vorderen Sitzen, beide etwa Mitte dreißig, unauffällig gekleidet. Sie hatten seit den frühen Morgenstunden geduldig auf dem gleichen Parkplatz gewartet.
Keiner hatte geraucht. Ein genauer Beobachter hätte bemerkt, dass sie ihre Handschuhe nie ausgezogen hatten.
Die Bestätigung ihres Auftrags war per SMS um 16:03 Uhr eingegangen. Der Fahrer hatte zufrieden genickt, dann den Audi gestartet. Während der Wagen aus dem Parkplatz ausscherte, holte der Beifahrer aus dem Handschuhfach eine Pistole und mehrere Magazine
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