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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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Espresso, bitte.« Und an ihren Mann gewandt: »Ich geb’s auf. Diese Vorträge sind nichts für mich. Morgen nehme ich mir frei und gehe mit dir Bücher kaufen.«
    Nicholas legte seine Hand auf ihre. »Gerne. Ich finde, Kongresse werden ohnehin überbewertet.«
    »Außerdem habe ich schrecklichen Hunger. Wohin gedenkst du mich heute zu entführen? Was wollen wir essen?«
    »Curry«, antwortete Nicholas bestimmt. »Sehr scharfes Curry. Ist gut für … egal. Jedenfalls sehr gesund.« Er nahm das oberste Buch vom Stapel und hielt es seiner Frau hin. »Schau mal, was ich entdeckt habe.«
    Anne beugte sich nach vorn. »Das kann man ja kaum erkennen. Aus welchem Jahrhundert ist das denn?«, fragte sie und kniff die Augen zusammen, um die Schrift auf dem Buchrücken zu entziffern.
    Nicholas griff unter seinen Stuhl, wo er seine Schultertasche deponiert hatte. »Warte mal, ich habe eine Lupe in der Tasche. Dann kannst du es lesen. Ich sage dir, das ist die Entdeckung des Jahres!«
    »Okay. Wir sind am Ziel. Sag mir wann.« Der schwarze Audi glitt in eine freie Parklücke vor dem Vergnano. Die Scheibe der Beifahrertür surrte lautlos herunter. Zwei Männer, die Gesichter mit Strumpfmasken verdeckt, wurden sichtbar.
    »Zielperson im Visier. Drei, zwei, eins, jetzt.«
    Der Schuss war nicht zu hören. Doch die Kugel durchschlug mit unglaublicher Wucht die Fensterscheibe des Cafés, raste auf einer genau berechneten Bahn auf ihr Ziel zu. Sie traf – allerdings zuerst auf einen Buchrücken, der sie um einige Grad ablenkte.
    Als die Scheibe mit lautem Klirren zerbarst und unzählige Splitter auf die Gäste niederregneten, brach Panik aus. Der Kellner sprang mit einem Satz hinter der Bar in Deckung und hielt sich schützend die Arme über den Kopf. Menschen schrien und weinten, rissen Umstehende mit sich zu Boden. Der Lärm war plötzlich unbeschreiblich, die italienischen Sänger wurden übertönt. Das Paar vom Nachbartisch kroch auf allen vieren zum Ausgang. Alle warteten auf die nächsten Schüsse, doch es blieb bei diesem einen.
    »Alles klar?«, fragte der Fahrer.
    »Klar«, erwiderte der Schütze.
    »Sicher?«
    »Natürlich«, gab der Schütze ungeduldig zurück. »Ich habe noch nie danebengeschossen.«
    Lautlos beschleunigte der schwere Wagen und war nach wenigen Sekunden außer Sichtweite.
    Plötzlich herrschte gespenstische Stille. Nicholas tauchte mit der Lupe in der Hand hinter dem Bücherstapel wieder auf. »Anne?«, keuchte er. Dann blickte er fassungslos auf seine Frau. Wie in Zeitlupe glitt Anne vom Stuhl und blieb reglos auf dem Boden liegen. Die Kugel hatte sie im oberen Bereich der Stirn getroffen, an der Einschussstelle sickerte dunkles Blut heraus, das sich mit dem Espresso, der vom Tisch tropfte, vermischte und eine schmutzigbraune Spur über ihr Gesicht zog.
    Die Stille im Café Vergnano dehnte sich aus, einen unendlichen Moment lang hörte Nicholas nichts außer seinem eigenen panischen Atem.
    Er kniete sich neben seine Frau, beugte sich über sie und versuchte zu sehen, ob sie atmete. Tränen schossen ihm in die Augen. Dass auch ihn umherfliegende Glassplitter getroffen hatten und ihm das Blut am Hals hinabrann, spürte er nicht. »Anne«, flüsterte er erstickt.
    Sie reagierte nicht.
    »Einen Arzt, schnell! Einen Arzt!«, schrie jemand.
    Mit zitternden Fingern tastete er nach ihrem Puls. An der Halsschlagader spürte er ein leises Flattern. Zaghaft, unregelmäßig.
    Dann nichts mehr.
    Aus der Ferne ertönte Sirenengeheul.
    Bereits einige Querstraßen entfernt, griff der Schütze nach seinem Handy, wählte und sagte: »Zielperson ist tot. Auftrag erledigt.« Dann verstaute er die Waffe wieder im Handschuhfach, lehnte sich zurück und seufzte leise. »Schade. Sie war richtig hübsch.«

Teil II Der Aufbruch
    Teil II
    Der Aufbruch

4
    Mittwoch, 8. Februar
    Jenna erwachte mit einem Ruck. Im Schlafzimmer war es noch dunkel, nur ein kleines Nachtlicht, das sie neben der Tür in der Steckdose angebracht hatte, ließ schemenhafte Konturen erkennen. Die Leuchtziffern des Weckers zeigten 5:30 Uhr. Sie hörte leises Atmen neben sich – Kim lag, ihren Teddy im Arm, auf dem Bauch und schlief tief und fest.
    Jenna blieb noch einen Moment liegen. Hier, in der Sicherheit ihrer Wohnung, kamen ihr die Ereignisse des Vorabends vor wie ein böser Traum.
    Sie war sich nicht sicher, was das alles zu bedeuten hatte. Doch es war kein Traum gewesen. Es war bittere Wirklichkeit. Jemand hatte ihre Tochter – ja, was?

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