Das Wispern der Schatten - Roman
und meine schönsten Gewänder bereitlegen. Das dunkelblaue wäre das beste, findest du nicht? Wie konnte er überhaupt so weit kommen? Ich hätte nicht gedacht, dass diese stinkende Wampe überhaupt noch gehen kann! Ich muss aufpassen, gegen die Windrichtung zu stehen, was, Julian? Sonst müsste ich mir ja die ganze Zeit die Nase zuhalten.«
» Strahlende, der heilige Goza kommt auf einem Thron auf Rädern, der größer als jeder Wagen ist und von sechs Pferden gezogen wird.«
» So? Und wie viele Männer hat er bei sich?«
» Fünfzig, Strahlende.«
» Sehr gut. Sag Hauptmann Tyrius, dass er meine schönsten Tausend auf unserer Seite aufreihen soll, mit Bögen bewaffnet, die sowohl hübsch anzusehen als auch tödlich sind. Wenn auch nur eine Person– und sei es der heilige Goza selbst!– ohne meine Erlaubnis einen Fuß in diese Region setzt, dann soll der süße Tyrius schießen lassen, auch wenn das bestimmt äußerst unschön wird. Verstehst du, mein liebster Julian?«
» So gut ich kann, Strahlende.«
» Sehr gut. Dann lauf schon einmal los, während ich beschließe, ob ich mein Haar lieber kräusele oder in Korkenzieherlocken lege. Gewöhnliche Locken vermitteln mehr ernste Würde, aber Korkenzieherlocken sind weit kunstvoller. Oje, ich glaube, ich beschränke mich lieber auf welliges Haar, das wirkt weit lässiger und ungezwungener…«
Eine Stunde später war die heilige Izat bereit, ihrem Besucher über die Grenze zwischen ihren beiden Regionen hinweg die Stirn zu bieten. Sie saß auf ihrem kräftigsten Lustsklaven und schenkte dem heiligen Goza ihren kokettesten Blick. » Oho, anscheinend bedeutet dir Größe alles, nicht wahr? Oder kompensierst du vielleicht irgendetwas? Hattest du eine schlimme Kindheit, mein lieber Goza? Komm, mir kannst du es doch erzählen.«
» Ich habe diese lange Reise nicht unternommen, um deine Dreistigkeit ertragen zu müssen, Izat«, keuchte der heilige Goza, der ausgestreckt auf seinem Räderthron lag.
» Das ist unwesentlich, mein lieber Goza.« Izat lächelte und faltete die glatten Hände im Schoß. » Was sonst hast du erwartet, da du es doch bisher versäumt hast, mir ein Kompliment zu meiner Garderobe zu machen? Ich muss dich wissen lassen, dass ich deinetwegen große Anstrengungen unternommen habe. Was ist? Waren die Häppchen, die ich dir angeboten habe, nicht reichhaltig genug? Bist du deshalb so übellaunig?«
Der heilige Goza fuhr sich mit einer seiner breiten Hände durchs fettige Haar, während er um Beherrschung rang. » Izat, hör bitte auf. Ja, du siehst reizend aus. Das tust du immer. Es steht von vornherein fest. Vergib mir das Versäumnis, es bisher nicht erwähnt zu haben. Ich war von deiner Eleganz überwältigt und geistig… eine Weile verwirrt. Und so weiter. Reicht dir das nicht, Izat?«
Die heilige Izat sonnte sich ein Weilchen in dem Kompliment und fuhr gezielt mit der Fingerspitze über eine ihrer Augenbrauen, für den Fall, dass eines der Haare nicht an der richtigen Stelle lag. Sie lächelte ihren Mitheiligen strahlend an. » Siehst du, so schwer war es doch gar nicht, Goza. Das Volk folgt unserer Führung und unserem Beispiel, also sollten wir immer auf unsere Manieren achten, nicht wahr? Wie sonst können wir von den Leuten erwarten, dass sie sich bessern? Nun, da wir die Formalitäten hinter uns gebracht und damit bewiesen haben, dass wir Vorbilder in Sachen Etikette sind, sag mir doch bitte, was genau ich für dich tun kann.«
Die Augen des heiligen Goza schweiften über die umstehenden Helden. » Vielleicht sollten wir in größerer Zurückgezogenheit miteinander sprechen.«
Die heilige Izat zuckte sorglos die Achseln. » Ich werde einfach alle Erinnerungen an unser Treffen aus dem Verstand meines Volkes entfernen. Zu meinem Gefolge gehört niemand, den ich nicht selbst zu den Erlösern gezogen habe. Du kannst doch gewiss dasselbe mit deinen Wachen tun, nicht wahr, Goza?«
» Äh… ja, natürlich. Nun gut. Was weißt du über die Verhältnisse im Süden?«
Die heilige Izat legte sich einen Finger an die volle Unterlippe, um zu zeigen, dass sie nachdachte. » Nun… rein gar nichts. Und du?«
Der heilige Goza brummte: » Ich hätte damit rechnen sollen, dass du nicht damit herausrücken würdest. Gleichgültig. Du solltest wissen, dass im Süden die Pest wütet.«
Die heilige Izat hob die Hände an die Wangen, um ihre Bestürzung über das Verhängnis zum Ausdruck zu bringen. » Das ist doch nicht möglich! Die armen Leute!
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