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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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für ihn. Stieg er hoch oder stürzte er? Er reiste mit dem Wind. Endlich frei! Aber dann verhedderte er sich im Strick. Er schlug danach, aber das Seil zog sich enger um ihn zu und riss ihn zurück in die Welt der Fährnisse und des Leids. Er saß in der Falle.
    » Nein!«
    » Was tust du nur, Flachländer? Hast du den Verstand verloren? Sei still, verflucht sollst du sein!«, rief die Stimme. » Pass auf deinen Kopf auf!«
    » Aua!«
    » Ich habe dich gewarnt. Und nun hoch mit dir. Es ist doch, als würde man neu geboren, nicht wahr? Das Loch ist eine Art Möse, wie man sagt. Die Fotze der Götter! So, hier. Trink das!«, dröhnte die Stimme mitten in sein Gesicht.
    Ein Becher wurde ihm grob in die Hände gedrückt. Der Inhalt war warm, roch aber abscheulich, nach Ziegen oder etwas ähnlich Unreinem.
    » Ich… kann nicht.«
    » Dann hast du völlig den Verstand verloren, und ich kann dich genauso gut gleich zu Tode stürzen. Es ist fermentierte Ziegenmilch. Sie wird dich wieder auf die Beine bringen. Du bist doch nur Haut und Knochen. Ich hatte keine Schwierigkeiten, dich ganz allein heraufzuziehen. Isst du nichts? Trink sie, sonst stopfe ich dich zurück ins Loch, und du landest zerschmettert am Fuß des Berges. Dann bekommst du deine Rache nie, nicht wahr?«
    Praxis, du musst durchhalten.
    Der Prediger nippte versuchsweise an dem üblen Gebräu. Er blinzelte und sah seinen Retter schließlich an. » Du bist der Häuptlingssohn«, sagte er langsam und betrachtete das bullige Gesicht des Schlägers und seine kräftigen jungen Schultern.
    » Erzähl mir von dieser Rache, die du planst«, drängte Pralar. » Und trink!«
    Mehrere kleine Schlucke. » Ich… ich werde dafür sorgen, dass sie für das, was sie mir angetan haben, sterben. Allesamt, bis auf den letzten Mann!«
    » Ja!«, sagte Pralar eifrig. » Aber mein Vater ist ein Feigling. Er wird nicht kämpfen. Er gereicht mir und allen Kriegern des oberen Dorfs zur Schande. Wie kann er behaupten, Wandar von den Wütenden Winden treu ergeben zu sein, wenn er keinen Krieg will? Sogar du, ein bloßer Flachländer, scheinst mehr Mut zu haben als er. Und doch weigert er sich abzutreten und einen wahren Mann das Volk führen zu lassen. Er lässt sich einfach nicht überreden.«
    Diesmal nahm Praxis einen größeren Schluck. Er fühlte sich schon ein wenig besser. Durchhalten! » Ich verstehe, ich verstehe. Dann muss er… entfernt werden, zum Wohle aller, damit der Wille eurer Götter getan werden kann. Wenn ihr nicht tut, was die Götter wollen, dann werden sie sich gegen euch wenden und euer Volk vernichten. Siehst du nicht, dass Häuptling Schwarzschwinge entfernt werden muss, wenn du dein Volk und die Götter liebst? Wenn du den guten Namen deines Vaters liebst und hoffst, einst sein Gedächtnis ehren zu können, dann muss er aus dem Weg geschafft werden, bevor er sich selbst morgen vor all euren Kriegern Schande machen kann.«
    » Ja, ja! Es muss heute Nacht geschehen. Du wirst es tun, Flachländer.«
    Ein großer Schluck Flüssigkeit, die zu heiß war. » Ich?«
    » Ja. Sonst habe ich keine Verwendung mehr für dich, und du kannst wieder durchs Loch hinuntersteigen.«
    Seht doch, wie verderbt und hinterlistig diese Heiden sind. Nicht auszudenken, dass ein Sohn die Ermordung seines eigenen Vaters gutheißen könnte! Aber wie bezeichnend, dass dem Sohn der Mut und die Überzeugung fehlen, die Tat selbst zu begehen. Allerdings: Was war das Leben eines Heiden ihm schon wert? Weniger als nichts. Jeder Heide, der lebte, war eine Lästerung der Erlöser. Jeder Heide, der starb, bedeutete eine Schwächung des Chaos. Es würde kein Mord sein. Es würde eine Erlösung sein. » Wie soll es geschehen?«
    » Mein Vater steigt jeden Morgen zum Gipfel empor, um Sturm, Sonne und Regen zu begrüßen und zuzusehen, wie die Welt neu geboren wird. In letzter Zeit trinkt er die ganze Nacht hindurch, bevor er hinaufklettert. Ich bete, dass er niemals abrutscht, aber wenn es der Wille der Götter sein sollte, dann sei es so, denn ich bin stets ihr treu ergebener Sohn.«
    » Es wird geschehen.«
    » Dann werde ich ihn jetzt ein letztes Mal aufsuchen und auf ihn trinken.« Pralar lachte.
    Befriedigt beobachtete der Älteste Thraal im Wachtraum, wie die ordnenden Intellekte der Regionen intrigierten und einander bekämpften. Er hatte immer gewusst, dass D’Selle aus dem Westen und D’Zel aus dem Norden die Absicht hatten, ihn herauszufordern und selbst Älteste zu werden. Genau das war

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