Das Wispern der Schatten - Roman
verbrannte die Innenseite seiner Lunge, und Blut quoll zischend aus jedem seiner Körperteile hervor. Seine Augen platzten, und die gallertartige Masse in ihnen fing Feuer. Danach löste er sich fast völlig in Dampf auf, sodass nur noch eine Kohlespur auf dem Boden zeigte, dass er je ein lebendes, atmendes Geschöpf gewesen war.
Gespenstisches Feuer ergoss sich von Jillans Standort aus über Boden und Decke, setzte eine Handvoll Helden in Brand und drängte die anderen zurück. Die Flammen umspielten den Heiligen, aber die Energie, die von ihm ausging, hielt das Feuer zurück. Jillans wilde Magie heulte und fuhr in Spiralen empor, peitschte die kochende Energie in der Tunnelmitte zu einem Strudel auf, sodass Kraftlinien in alle Richtungen geschleudert wurden, auf den Fels trafen, Löcher in Oberkörper brannten und die gesamte Umgebung in einen Glutofen verwandelten. Der Klang des Horns wurde übertönt, und dann brach eine Explosion aus beiden Enden des Tunnels hervor und streckte alles und jeden darin zu Boden.
Druckwellen. Stille. Jillan wurde klar, dass er das Gehör verloren hatte. Er war auf seinem Vater gelandet, der seinerseits instinktiv Maria mit seinem Körper beschirmt hatte. Jillan sah auf seine leuchtende, schwelende Rüstung hinab und begriff, dass sie alle drei vor einem Großteil des Schadens bewahrt hatte. Nach den verkohlten, rauchenden Überresten zu urteilen, die den Tunnelboden bedeckten, hatten andere nicht so viel Glück gehabt. Der heilige Azual hielt den Arm erhoben, mit dem er das schreckliche Horn getragen hatte. Das Sonnenmetallinstrument war im Hexenkessel ihres Zusammenstoßes geschmolzen und umfloss nun die Hand des Heiligen. Das Metall schien sich in sein Handgelenk und dann in seinen Unterarm zu fressen. Er schrie oder brüllte vielleicht Befehle, aber Jillan konnte nicht das Geringste hören, nicht einmal den Makel. Ein von Brandwunden übersäter Hauptmann Skathis ignorierte seine eigenen Schmerzen, stolperte zu seinem Gebieter hinüber und durchschlug den heiligen Unterarm mit einer Sonnenmetallklinge, die die Wunde sofort versiegelte.
Der heilige Azual lächelte tatsächlich. Er wies mit dem Armstumpf auf Jillan.
Jillan versuchte sich zu bewegen, aber er war völlig erschöpft, und die Lebensenergie in seinem Innern flackerte besorgniserregend. Die Tunneldecke sauste auf ihn zu, und ihm wurde bewusst, dass er hochgehoben wurde… von seinem Vater– genau wie damals, als er ihn in Gottesgabe gefunden hatte. Seine Mutter steckte unter dem anderen Arm seines Vaters. Jillan hätte gern vor Erleichterung geweint, aber sogar dazu fehlte ihm die Kraft.
Sein Kopf wippte auf und ab wie bei einer Lumpenpuppe. Hatte er für einen Augenblick das Bewusstsein verloren? Sie waren außerhalb des Tunnels. Helden rannten aus allen Richtungen den Hang hinauf auf sie zu. Der Himmel über ihnen glich einem Stahlblech, und die graue Stadtmauer von Hyvans Kreuz bildete den Horizont. Sie saßen immer noch in der Falle.
Jillan war schwächer als ein Neugeborenes, aber er erkannte, dass ein Teil seines Gehörs zurückgekehrt war, denn er konnte das unregelmäßige Knirschen der Schritte seines Vaters und die Rufe der Soldaten wahrnehmen, die auf sie zustürmten.
Jedadiah setzte seinen Sohn und seine Frau ab, trat vor und baute sich breitschultrig auf.
» Samnirs Schwert«, flüsterte Jillan, und der Wind trug die Worte rasch in die Ohren seines Vaters.
Jedadiah wirbelte herum, packte den Griff an Jillans Hüfte und riss das Schwert gerade noch rechtzeitig hoch, um die erste niederfahrende Klinge abzuwehren. Das Sonnenmetall von Samnirs Schwert schnitt durch die andere Waffe, als wäre sie gar nicht da, und schlug dem Helden mit derselben Bewegung den Kopf ab.
Jedadiah beförderte den kopflosen Leichnam mit einem Tritt zwischen die Beine des nächsten Mannes, wandte sich nach rechts und rammte die Schwertspitze durch einen Schild in die Brust eines anderen Soldaten. Im selben Augenblick kam ein Held mit erhobenem Schwert von links herangestürmt. Jedadiah wusste, dass er ihm nicht ausweichen konnte, also verlagerte er sein Gewicht, um sich direkt auf ihn zuzubewegen, und senkte dann die linke Schulter, um sie dem Angreifer in den Bauch zu rammen. Mit einem kraftvollen Schwung seines linken Arms schleuderte der Jäger den Soldaten über seinen Kopf und Rücken. Der Held prallte hinter Jedadiah auf den steinigen Boden, als Samnirs Schwert sich gerade aus dem anderen Mann löste. Jedadiah ließ
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