Das Wispern der Schatten - Roman
erledigt.«
Einen Moment lang herrschte peinlich berührtes Schweigen, und Freda befürchtete schon, dass die Männer ihre Gegenwart gespürt hätten.
» Du solltest es besser wissen, als von den Heiden zu reden, Junge«, sagte der mit der Pfeife tadelnd. » Das erregt nur ihre Aufmerksamkeit, weißt du? Du magst ja in deiner Zeit hier noch keinen von ihnen gesehen haben, aber einst haben sie sich hier dichter als die Bäume gedrängt. Ich möchte wetten, dass immer noch ein paar von ihnen in den Höhlen und anderen dunklen Winkeln des Nordens lauern.«
» Ja«, pflichtete ihm derjenige bei, der die starken Geschöpfe, die sich nicht beklagten, gefüttert hatte. » Und vergiss nicht, dass diese Gegend den Heiden um ihres Felsgottes willen heilig war. Man erzählt sich, dass man hier damals herumspazieren und Sonnenmetall, Diamanten und Edelsteine aller Art einfach vom Boden auflesen konnte. Als es noch viele von ihnen gab, haben diese törichten Wilden einen Schrein für ihren Felsgott errichtet, statt irgendetwas Wertvolles zu fördern. Kein Wunder, dass die Heiden dem Reich nicht gewachsen waren, was?«
Dem Jüngsten sackte der Unterkiefer herunter. » Wirklich?«
» Es ist einfach so, Junge«, seufzte der mit der Pfeife, » dass dieser Ort den Heiden und einem ihrer Götter immer wichtig war, also ist es das Beste, wenn man so wenig wie möglich darüber spricht, verstanden? Wir wollen keine unnötige Aufmerksamkeit auf uns ziehen, solange wir mit ein paar unreifen Kindern allein hier draußen sind.«
» Aber ehrlich gesagt hätte ich nichts gegen ein kleines Gefecht«, bemerkte der Älteste. » Ich habe zwar ein Schwert, aber ich musste es schon seit Jahren nicht mehr gebrauchen. Seht ihr, es glänzt schon kaum noch, obwohl es aus Sonnenmetall ist. Es muss in Heidenblut getaucht werden, um wieder zum Leben zu erwachen. Jungs, wir sind nichts als die Kindermädchen für Wagenladungen voller Gören, die sich noch nicht einmal selbst den Hintern abwischen können.«
» Der Große Harald kann sich doch auch nicht selbst den Hintern abwischen«, kicherte der Mann mit dem Muttermal und brachte die meisten anderen zum Schmunzeln.
Der Große Harald, der bis eben zu beschäftigt damit gewesen war, etwas Übelriechendes zu trinken, um etwas zu sagen, setzte die Flasche ab und rülpste, dass es stank. » Stimmt! Manchmal überfordert mein wunderschöner Körper sogar mich selbst. Aber wenigstens würde niemand behaupten, dass ich zu hässlich wäre, Kindermädchen zu sein, was, Warzenfresse?«
Muttermals Lächeln verflog. » Es ist keine Warze!«
» Hast sie dir geholt, als du einen Frosch geküsst hast, was?«, fragte der Große Harald vergnügt. » Konntest keine Frau oder einen Jungen finden, der es dir besorgen wollte, hm?«
» Sachte!«, warnte Pfeife.
» Es reicht, Hager!«, blaffte der Älteste, als Muttermals Hand zu seiner Waffe zuckte. » Wenn du die ziehst, bekommst du es mit mir zu tun. Und ich werde dich nicht einfach wegen Befehlsverweigerung anklagen, sondern dir so die Fresse einschlagen, dass nicht einmal mehr ein Frosch sich deiner erbarmen würde. Also wirklich! Ich habe das Gefühl, dass ich mehr meiner Zeit damit verbringe, für euch fünf das Kindermädchen zu spielen als für die eigentlichen Kinder. Es reicht, habe ich gesagt. Ich wünschte fast, die Heiden würden uns tatsächlich angreifen, damit ihr euch austoben könntet. Wenigstens würdet ihr dabei das ein oder andere über die Welt und das Leben lernen.«
Mehrere gedehnte Augenblicke lang herrschte angespanntes Schweigen, aber dann löste Hager die Hand betont vom Schwertgriff. Rings ums Feuer sanken die Schultern herab, als die Soldaten sich wieder entspannten.
» Erzähl uns mehr über diese kostbaren Steine, die man einfach vom Boden aufsammeln konnte, Pferd«, befahl der Älteste, um wieder ein gewöhnliches Gespräch in Gang zu bringen.
Der kräftige Mann, der die starken Geschöpfe, die sich nicht beklagten, gefüttert hatte, nickte. » Man erzählt sich, dass sie überall herumlagen. Man konnte keinen Schritt tun, ohne darüber zu stolpern. Die Erlöser und der heilige Goza haben sich natürlich das meiste davon als Kriegsbeute geholt, was nur recht und billig ist. Aber eines habe ich noch gehört«– er senkte die Stimme, sodass alle sich zu ihm beugten– » nämlich, dass hier irgendwo ein verlassener Tempel des Felsgottes begraben sein soll. Er wird von großen, monströsen Statuen bewacht, von denen jede aus einem
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