Das Wörterbuch des Viktor Vau
und die Hände schützend über dem Kopf zu verschränken. Direkt vor ihren Augen prallte krachend ein verbogenes Stück Stahl auf und schlug ein tiefes Loch in die Fliesen.
Ein harter Gegenstand traf ihren Unterschenkel. Sie schrie erneut auf und zog sich weiter vor, bis sie mit dem Kopf unter dem Stahlträger lag. Hier fühlte sie sich vor dem herunterprasselnden Gestein zumindest ein wenig geschützt.
SchlieÃlich wagte sie es, den Kopf zu heben. In der gegenüberliegenden Wand des Gebäudes klaffte ein Loch, das sich fast bis zum Dach hochzog. Die Luft war voll von feinem weiÃem Staub, der sich wie eine klebrige Hülle auf ihren Körper legte.
Suchend sah sie sich um. In der dichten Staubwolke war es schwer, etwas zu erkennen. Der Staub verklebte ihr die Augen, und sie versuchte, ihn mit dem Handrücken wegzuwischen, mit nur mäÃigem Erfolg.
Blinzelnd stolperte sie auf das Loch in der Wand zu. Sie wusste nicht, welchen Schaden die Explosion an der Statik angerichtet hatte und ob gleich das gesamte Gebäude in sich zusammenstürzen würde.
»Astarte!«, krächzte eine Stimme rechts von ihr. Es war Enrique. Er und Viktor Vau richteten sich hinter dem umgestürzten Tisch auf, an dem sie eben noch gesessen hatten, nur dass der sich jetzt gute zehn Meter entfernt von seinem ursprünglichen Standort befand. Sie waren wie Astarte vollständig mit weiÃem Staub bedeckt, schienen aber unverletzt zu sein.
Viktor wankte, und Enrique und sie nahmen ihn in die Mitte. Er legte seine Arme über ihre Schultern und sie umfassten seine Hüfte. Hustend und spuckend bahnten sie sich gemeinsam einen Weg durch das Chaos nach drauÃen.
Dabei taumelten sie an de Moulinsart und Fitzsimmons vorbei. Die zwei Rivalen waren von demselben Trümmerstück erwischt worden, ein fast kompletter Fensterrahmen aus Metall, unter dem sie begraben lagen. Astarte lief zu den reglosen Körpern hinüber. Fitzsimmons stöhnte leise, er lebte also noch. Sie nahm de Moulinsarts Handgelenk und fühlte einen leichten Puls.
Sie kehrte zu Enrique und Vau zurück, die sich inzwischen schon fast bei dem Loch in der Wand befanden. Von Winter war nichts zu sehen. Sie überlegte kurz, ob sie nach ihm suchen sollte, als die ersten Helfer von auÃen in den Palast hereindrängten.
Astarte hob drei Finger und deutete in den Saal hinter sich, dann trat auch sie an die Luft. Mehrere Dutzend Arbeiter waren inzwischen eingetroffen. Einige stürzten auf die drei Gestalten zu, die aus dem Staubnebel herauswankten, um sie zu der nahegelegenen Wiese zu geleiten, wo sie sich in das Gras sinken lieÃen.
»Wi- ⦠-ollen ⦠-inden.« Astarte hatte Mund und Hals voller Staub und bekam die Worte nicht richtig heraus. Ihre Begleiter verstanden sie trotzdem. Sie mussten weg, bevor die Geheimdienstler sie wieder in ihre Gewalt bringen konnten. In der Ferne waren die ersten Sirenen zu hören.
Ein Arbeiter bückte sich zu ihnen herab. »Folgt mir. Ich weiÃ, wie es hier rausgeht.«
»Marek«, stammelte Enrique. Er hustete und spuckte aus. »Was machst du hier?«
»Erkläre ich euch später«, sagte Marek mit niedergeschlagenen Augen. »Könnt ihr laufen?«
Astarte nickte und sah Viktor Vau fragend an. Der nickte ebenfalls. Marek führte die drei weg vom Unabhängigkeitspalast, zu dem immer mehr Arbeiter aus allen Ecken des Parks strömten.
Sie liefen quer über das Gelände zum Betriebshof. Kurz vor dem Drehkreuz zog Marek sie in das Gebüsch am Wegesrand. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es spielte ihnen in die Hände, dass im Augenblick kaum Verkehr herrschte. Bis zum nächsten Schichtwechsel um Mitternacht würde es noch eine halbe Stunde dauern.
»Ihr müsst euch etwas sauber machen, sonst kommen wir hier nie raus«, sagte er. Sie begannen, sich den Staub von den Kleidern zu schlagen. Marek half ihnen dabei.
»Einen Moment«, sagte er und verschwand durch das Drehkreuz. Kurz darauf kehrte er mit einem Plastikkanister und drei Overalls in den Händen zurück.
»Hier, damit könnt ihr eure Hände und das Gesicht abwaschen.« Er goss jedem Wasser in die Hände, und sie reinigten sich, so gut es ging. Marek warf den Kanister hinter sich ins Buschwerk und reichte ihnen die Overalls. »Und jetzt zieht euch die an.«
Astarte verschwand hinter einem Gebüsch, wo sie vor den Blicken der anderen
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