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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Jonathan. Der Mann zögerte einen Moment, aber als er sah, wie die anderen zugriffen, bediente er sich ebenfalls. Allerdings fragte er stets vorher, worum es sich bei dem betreffenden Gericht handelte, bevor er davon aß.
    Â»Ich bin erstaunt, wie friedlich es hier zugeht«, bemerkte Viktor zwischen zwei Bissen.
    Jonathan lächelte. »Der Arizona Market, Professor, ist der modernste Staat auf der ganzen Welt. Es ist ein Staat ohne Gesetze, ohne Vorschriften, ohne Regeln und ohne Beamte. Es gibt lediglich meine Wenigkeit und ein paar Gleichgesinnte, die für eine gewisse Ordnung sorgen. Und ich denke, wir machen das ganz gut.«
    Â»Das Recht des Stärkeren also«, grinste Leslie.
    Jonathan machte ein gekränktes Gesicht. »Das hört sich so sarkastisch an. Seht euch doch um! Die Menschen schätzen mich und die Dienste, die ich ihnen biete. Ich garantiere für die geregelte Abwicklung von Geschäften, und dafür erhalte ich einen kleinen Anteil von ihren Profiten, die sie dank meiner Gegenwart in Frieden erwirtschaften können.«
    Er wandte sich wieder Viktor zu. Ȇber zwanzigtausend Menschen leben auf dem und vom Arizona Market, müssen Sie wissen. Ein Journalist hat mal über ihn geschrieben, er sei die Fata Morgana eines gequälten Kontinents, die es gestern noch nicht gab und die es morgen nicht mehr geben wird. Der Arizona Market ist das ultimative Jetzt, die ganze Fülle der kapitalistischen Konsumgesellschaft, reduziert auf ein paar Quadratkilometer Freistaat . Und er hat recht! Hier gibt es nichts, was es nicht gibt! Brauchst du einen Panzer? Eine Luftabwehrrakete? Zwanzig Sattelschlepper? Ein Fertighaus? Hier findest du alles, wenn du nur weißt, wohin du gehen musst.«
    Â»Zu dir, nehme ich an.« Leslie leerte ihr Glas, und sofort stand der Wirt mit einem Krug neben ihr und füllte es auf.
    Â»Ganz richtig. Sir Jonathan ist der Mann, den man fragt, wenn es etwas mehr sein darf als Waschmaschinen oder Flachbildschirme.«
    Â»Also hat sich nichts geändert.« Leslie wischte sich den Mund mit einem Papiertuch ab. »Und wenn deine Deals alle so ausgehen wie unser letztes Geschäft miteinander, dann müsstest du inzwischen ein reicher Mann sein.«
    Jonathan zeigte zwei Reihen strahlend weißer Zähne. »Ach, Leslie, komm schon. Das unschöne Vorkommnis mit den Handgranaten war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Und außerdem war der Krieg kurz darauf sowieso vorbei.«
    Â»Ja, aber mein Geld habe ich nie wiedergesehen.«
    Â»So nachtragend kenne ich dich gar nicht.« Jonathan machte eine Handbewegung, und sofort eilten der Wirt und seine Gehilfen herbei und räumten die nahezu leeren Schalen ab. Im Gegenzug stellten sie Schüsseln mit eisgekühltem Wasser auf den Tisch, in denen Stücke von Kokosnüssen lagen. Jonathan nahm eines davon heraus und knabberte daran.
    Â»Sagen Sie mir, Professor, was ist so interessant an Ihnen, dass Sie mit meiner Hilfe die Grenze überqueren müssen und nicht, wie es sich für einen Mann Ihres Standes geziemt, in der ersten Klasse eines MagZep reisen?«
    Viktor wollte zu einer Antwort ansetzen, aber Leslie kam ihm zuvor. »Professor Vau hat seine Gründe, aber die gehen nur ihn etwas an.«
    Â»Aber du weißt doch sicher, worum es geht?« Jonathan blickte sie lauernd an.
    Â»Ich muss lediglich einen Auftrag ausführen. Und der lautet, Professor Vau sicher in seine Heimat zurückzubringen. Und zwar so schnell wie möglich.«
    Jonathan war sichtlich enttäuscht. »Ihr wollt gleich wieder fort?«
    Sie nickte. Jonathan nahm ein neues Stück Kokosnuss und lehnte sich zurück. »Ich hatte gehofft, du würdest mir noch ein wenig Gesellschaft leisten. In den nächsten Wochen werde ich ein größeres Geschäft abwickeln, bei dem ich deine Hilfe brauchen könnte. Es würde genug für dich abwerfen, um dich zur Ruhe setzen zu können.«
    Â»Ich bin Ihnen für Ihre Hilfe sehr dankbar«, wandte sich Viktor an Leslie. »Aber deshalb müssen Sie nicht eine gute Geschäftsmöglichkeit ausschlagen. Wenn Sir Jonathan mich sicher zum Flughafen von Lomé bringen lässt, dann können Sie ruhig hierbleiben.«
    Â»Auf keinen Fall.« Leslie schüttelte den Kopf. »Mein Auftrag lautet, Sie bis zurück in Ihre Heimatstadt zu begleiten.«
    Â»Aber was soll mir passieren, wenn ich erst mal an Bord eines

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