Das Wörterbuch des Viktor Vau
Bewegungen auf dem Laufenden? Hatte er gar ein Verhältnis mit ihr?
Christian rief sich zur Ordnung. Das Ganze ging ihn überhaupt nichts an.
Er verbrühte sich fast die Hand an der Kaffeemaschine, als Professor Vau das Bistro betrat.
2.
Astarte erschrak, als sie ihn sah.
Viktors Jackett und seine Hose waren schmutzig und zerknittert, der Hemdkragen ausgerissen. Seine Haare klebten am Kopf und waren nur notdürftig gekämmt, und die sonst stets blankgewienerten Schuhe sahen aus, als seien sie soeben aus einer Altkleidersammlung gefischt worden. Sie sprang auf.
»Um Himmels willen, was ist Ihnen geschehen?«
»Nicht so laut.« Viktor blickte sich gehetzt um, stellte seine kleine Reisetasche ab und setzte sich schnell auf den Stuhl neben ihr.
Sofort tauchte Christian an seiner Schulter auf. »Professor Vau!«, rief er entsetzt. »Das ist ja furchtbar!«
Viktor hob mit gequälter Miene die Hände. »Ich weiÃ, ich biete einen ⦠auÃergewöhnlichen Anblick, aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie kein Aufhebens darum machten. Bringen Sie mir einfach ⦠irgendetwas.«
»Einen Milchkaffee und ein Croissant.«
»Was auch immer.«
Christian zögerte einen Moment, dann nickte er. »Wie Sie wünschen, Herr Professor.« Er verschwand hinter seiner Theke, von wo er immer wieder besorgte Blicke zu Vau hinüberwarf.
Auch Astarte hatte sich wieder gesetzt. Der Anblick vor ihr erschütterte das Bild, das sie bisher von Viktor Vau gehabt hatte.
»Was ist denn nur passiert?«, wiederholte sie.
»Es gibt ⦠Schwierigkeiten«, murmelte ihr Gegenüber.
»Was für Schwierigkeiten?« Astarte musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. »Werden Sie verfolgt?«
»Im Augenblick nicht. Ich hoffe es zumindest. Aber sicher bin ich mir nicht.«
»Wer ist denn hinter Ihnen her?«
»Die Sicherheitsdienste dieses Landes, befürchte ich.« Er blickte sich nervös um.
»Und warum? Hat es etwas mit Ihren Forschungsarbeiten in der Klinik zu tun? Mit dem nicht erprobten Medikament?«
Viktor blickte sie erstaunt an. »Wovon sprechen Sie?«
»Von dem Mittel, das ich Ihren Patienten verabreicht habe. Es wurde noch nicht klinisch getestet. Und das bedeutet, dass Sie sich strafbar gemacht haben.«
»Nein, nein, darum geht es nicht.« Sein Ton war fast ein wenig ärgerlich.
»Aber wie soll ich Ihnen helfen, wenn ich nicht weiÃ, warum man Sie verfolgt?«
Viktor wurde vor einer Antwort durch den Kellner bewahrt, der den Milchkaffee und das Croissant vor ihn hinstellte.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Professor Vau?«
»Nein danke, Christian.«
Zögernd entfernte der Mann sich. Dabei warf er Astarte einen misstrauischen Blick zu. Dicke Freunde werden wir beide nicht mehr, dachte sie.
Viktor hieb seine Zähne in das Croissant wie ein Verhungernder. Die Krümel fielen auf den Tisch und seine Hosenbeine, aber das schien ihn nicht zu stören. Der Druck, unter dem er stand, hinterlieà deutliche Spuren. Vielleicht war Druck nicht das richtige Wort. Vielmehr Angst .
Fieberhaft überlegte sie, was nun zu tun war. Eines war klar: Viktor musste irgendwo in Sicherheit gebracht werden, wo ihn seine Verfolger nicht aufspüren konnten. Und die Einzige, die ihr dabei einfiel, war Thura. »Ich kenne einen Ort, an dem man Sie so schnell nicht finden wird«, sagte sie.
Viktor nickte. Er leerte seine Tasse in einem Zug aus.
»Kommen Sie«, sagte Astarte.
Mit einer fahrigen Bewegung erhob er sich, taumelte zur Tür und stürzte fast, hätte Enrique ihn nicht gehalten, der im gleichen Moment hereinkam.
»Was ist passiert?«, fragte er. »Astarte? Was ist los?«
»Sie kennen sich?« Vau blickte sich um.
»Das erkläre ich Ihnen später«, sagte Astarte. »Enrique, wir fahren zu Thura.«
»Habt ihr schon ein Taxi gerufen?«
Astarte schüttelte den Kopf. »Wir wollten die Metro nehmen. Taxis sind wegen der eingebauten Kameras zu gefährlich.«
»Einen Moment.« Enrique lief zum Tresen hinüber und wechselte einige Worte mit Christian, der daraufhin zum Telefonhörer griff.
»Wen ruft er an?«, fragte Astarte misstrauisch.
»Er bestellt uns ein Taxi ohne Videokamera.«
»Das gibt es noch?«
»Offiziell nicht«, lächelte Enrique.
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Und das vom Verfechter von Recht und
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