Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2
Gesichter zu erinnern, sehr geschärft. »Ich bin Max.«
»Ich weiß. Ich heiße Sam.« Er lächelte mich an. Ich stutzte, er sah nett aus. Bis jetzt hatte ich nie den Luxus kennengelernt, festzustellen, ob ein Junge nett oder nicht nett aussah. Bei mir war es meist um Tod oder Leben gegangen. »Woher kommst du?«
»Äh … Missouri.«
» Wow! Mittelwesten. Das muss hier für dich ziemlich schwierig sein.«
»Allerdings.«
»Willst du etwas für die Schule suchen oder privat?« Er nickte zum Computer.
Eigentlich wollte ich sagen: Was sollen diese ganzen Fragen? Aber dann dachte ich, vielleicht will er mich nicht verhören, sondern das ist die Art und Weise, wie Menschen einander kennenlernen. Sie tauschen Informationen aus.
»Eher eine persönliche Sache«, antwortete ich.
Wieder lächelte er. »Ich auch. Ich hab mir diesen Kajak angesehen, den ich kaufen will. Ich hoffe, zu Weihnachten krieg ich genug Geld geschenkt.«
Ich lächelte auch und bemühte mich, so auszusehen, als wisse ich, weshalb er zu Weihnachten Geld geschenkt bekam. Stimme? Ein bisschen Hilfe? Die Stimme blieb stumm. Nachdem ich mental etliche Antworten durchgegangen war, sagte ich nur: »Cool.«
»Gut, dann lass ich dich in Ruhe surfen«, sagte er.
Ich hatte den Eindruck, dass er noch etwas hinzufügen wollte. Ich wartete, aber er schwieg, nahm seine Sachen und verschwand. Ich kam mir wie ein Vulkan vor, wenn ich diese seltsamen Menschen beobachtete.
Seufzend setzte ich mich an den Computer. Ich würde niemals hineinpassen. Nie und nimmer. Nirgendwo.
51 Fang und ich hatten die Namen und alle Adressen herausgesucht, die wir in den chiffrierten Seiten gefunden hatten. Aber da waren noch ein paar andere Wörter gewesen. Heutige Mission: Anfrage bei Google. Ich gab das erste Wort ein, das für mich keinerlei Sinn ergab: Ter Borcht.
Aus dem Augenwinkel sah ich draußen eine Bewegung. Ich schaute durchs Fenster. Angel schwebte praktisch über dem Spielplatz. Sie und andere Mädchen wirbelten wie Ballerinen umher, nur Angel sprang über zwei Meter in die Luft und blieb dort, als hinge sie an Drähten.
Ich biss die Zähne zusammen. Verdammt! Begriffen diese Kinder nicht, dass sie nicht auffallen durften?
Die Resultatsliste erschien auf meinem Bildschirm. Echt seltsam. Offensichtlich war »Ter Borcht« kein Unsinnswort. Ich klickte das erste Resultat an.
»Ter Borcht, Roland. Genetiker. Approbation 2001 entzogen. 2002 Gefängnis wegen nicht genehmigter krimineller genetischer Experimente am Menschen. Eine kontroverse Gestalt auf dem Gebiet der genetischen Forschung. Viele Jahre wurde ter Borcht für ein Genie gehalten, für den führenden Forscher menschlicher Genetik. Doch nachdem man 2002 herausfand, dass er kriminelle Experimente an Menschen durchgeführt hatte, wurde ter Borcht für geisteskrank erklärt. Zur Zeit ist er in Sicherheitsverwahrung in einer geschlossenen Anstalt in den Niederlanden, weil man ihn als gefährlich und unheilbar einstuft.«
Mann, das war ja ein Ding. Es passte wie die Faust aufs Auge. Ich versuchte mich an andere Wörter aus dem chiffrierten Text zu erinnern.
»Setz dich gerade hin!«, ertönte eine Stimme. Ich drehte mich um. Mr Pruitt stand neben einem völlig verängstigten Schüler, der sich auf den Tisch aufgestützt hatte. Blitzschnell setzte sich der Junge kerzengerade hin. Im Hintergrund rollte Mr Lazzara mit den Augen. Er schien Pruitt auch nicht zu mögen. Mr Pruitt schlug mit einem Spazierstock gegen ein Tischbein. »Hier ist nicht euer Schlafzimmer«, erklärte er mit schneidender Stimme. »Hier könnt ihr euch nicht hinfläzen, wie ihr das zweifellos daheim macht. In dieser Schule sitzt ihr gerade, so als hättet ihr tatsächlich ein Rückgrat.«
Er laberte weiter. Ich nahm schnell meine Bücher und schlich mich leise aus der Seitentür der Bibliothek.
Heute brauchte ich keine Dosis Hass, nein, danke.
52 Ich ging den Korridor so schnell ich konnte hinunter, ohne Lärm zu machen.
Ter Borcht: böser Genetikwissenschaftler. Einer aus der Familie. Hatte ich je den Namen gehört? Eindeutig gehörte er irgendwann zu der Gruppe um Jeb, der Schule, den Weißkitteln. Wie viele unabhängige böse Genetikforscher gab es schließlich? Mit Sicherheit standen sie in Verbindung, tauschten Notizen aus, bauten gemeinsam Mutanten …
Das war ein Riesendurchbruch – oder wieder ein entsetzlicher Fehlschlag. Wie auch immer, ich konnte es nicht erwarten, dem Schwarm alles zu erzählen.
Als ich an
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