Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2
dass er blind ist.«
»Das ist mir egal«, sagte Mrs Griffiths und betrachtete Iggy liebevoll. »Mir ist egal, wenn er eine Million Probleme hat. Wir werden mit allem fertig, jetzt, wo wir ihn zurückhaben.«
Okay, das könnte über das Flügelproblem hinweghelfen.
»Iggy? Willst du bleiben?«, fragte ich.
Er wurde rot, aber ich sah, wie unglaublich glücklich er war. Es zerriss mir fast das Herz, ihn zu verlieren.
Langsam nickte Iggy. »Ich glaube, ich gehöre hierher.«
Ich tätschelte seinen Arm. »Gut«, sagte ich leise.
»Hast du irgendwelche – Sachen?« wollte Mrs Griffiths wissen. »Wir stellen ein größeres Bett in dein früheres Schlafzimmer. Ich habe darin nichts verändert – nur für den Fall, dass du eines Tages zurückkommst.« Sie berührte liebevoll und sanft sein Gesicht. »Es ist ein Wunder. Ich kann es immer noch nicht begreifen. Wenn es ein Traum ist, hoffe ich, dass ich nie aufwache.«
Iggy lächelte ein wenig. »Ich habe eigentlich nicht viel«, sagte er. Er hielt nur seinen kleinen Rucksack hoch, in den wir ein wenig Proviant aus Annes Haus gepackt hatten.
»Fein«, sagte Mrs Griffiths. »Wir können alles kaufen, was du brauchst.«
Gesprochen wie eine echte Mutter.
82 Und so fand einer von uns seine richtigen Eltern. Ich will dich nicht mit der herzzerreißenden Abschiedsszene langweilen. Es reicht zu sagen, dass viele Tränen flossen. Ich will wirklich nicht mehr darüber sprechen.
Okay, ich gebe dir einen kleinen Einblick. Ich bin mit Iggy aufgewachsen und habe ihn mein gesamtes schreckliches Leben lang gekannt. Ich kannte ihn schon, als er noch sehen konnte, und half ihm zu lernen, wie man fliegt. Er war weniger widerspenstig als Fang, stiller als Nudge und ein besserer Koch als wir alle. Er war der beste Freund des Gasmanns. Ja, Freunde ziehen weg, und das ist traurig, aber man kommt darüber hinweg. Aber es gab nur fünf Menschen in der gesamten Scheißwelt, denen ich traute und an denen mir etwas lag, und gerade hatte ich einen davon verloren. Ich musste weggehen und ihn für immer zurücklassen. Ich wusste, dass Iggy auf der Schwelle stand, als könne er uns tatsächlich fortgehen sehen.
Ich fühlte mich, als sei eine gesamte Fußballmannschaft mit Stollen über mein Herz hinweggestürmt.
Doch genug über mich. Ich habe gesagt, ich wollte nicht mehr darüber reden.
83 Anne war die Mutterhenne in Panik, weil sie eins ihrer Küken verloren hatte, besonders, weil wir ihr nicht sagen wollten, wo es war.
Den ganzen Sonntag über telefonierte sie hektisch und war ständig in unserer Nähe. Sie flehte uns an, weinte und drohte. Aber wir sagten nur, dass er gegangen war, weil er das wollte, und dass er in Sicherheit sei. Ende der Diskussion.
Aber Anne begriff nicht, was »Ende der Diskussion« bedeutete. Wenn man »Ende der Diskussion« sagte, funktionierte das nur, wenn der andere Mensch tatsächlich die Klappe hält. Nicht so Anne.
Am Montagmorgen lagen bei uns allen die Nerven ziemlich blank. Ich hatte das Gefühl, mein linker Arm sei amputiert, weil Iggy weg war. Zweimal fand ich Nudge, die in ihrem Zimmer weinte. Und Gasi war ohne seinen Kumpan, der alle Streiche mitmachte, wie gelähmt. Angel gab sich erst gar keine Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Sie kletterte mir auf den Schoß und schluchzte. Das hieß, dass auch Total bei mir saß.
»Ich bin so eine Heulsuse«, schluchzte er. Die Tränen hinterließen nasse Spuren auf seinem Fell.
Es musste schon viel passieren, dass einer von uns weinte. Aber Iggy zu verlieren reichte. Bei all den Tränen und den Herzschmerzen und der Schlaflosigkeit, weil Anne mich ständig mit Fragen quälte, wo Iggy sei, war ich ziemlich nahe dran durchzudrehen, als der Montagmorgen kam.
Ich meine, ich freute mich für ihn. Ehrlich. Aber der Rest von uns tat mir einfach furchtbar leid. Und zu wissen, dass es wieder einem von uns passieren konnte, gab mir das Gefühl, auf der Titanic zu sein, die direkt auf einen Eisberg zusteuerte.
»Ich werde Jeff bei der Schule als vermisst melden«, teilte Anne uns mit, als wir zum Auto gingen.
»Okay«, entgegnete ich müde. Das würde nichts helfen. Wir stiegen bei der Schule aus, kerzengerade wie Stahlruten.
»Ich werde die Polizei benachrichtigen«, sagte sie und schaute mich im Rückspiegel an.
»Wie du meinst.« Ich war kurz davor zu explodieren. »Warum lässt du sein Gesicht nicht auf einen Milchkarton drucken. Er ist nur eines von vielen vermissten Kindern, oder? Davon gibt
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