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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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unbenutzt dastand. Sie erschien ihm zu gepflegt, jedes Teil war in einwandfreiem Zustand. Aber er sagte nichts, schaute nur zu den drei Männern auf und nickte.
    Schließlich fiel ihm noch etwas ein. » Wie soll ich den Dr a chenatem überhaupt einfangen und herbringen? Und wie viel davon ist nötig, um die Pumpen wieder zum Laufen zu bri n gen? «
    Die Männer wechselten sorgenvolle Blicke. » Wir wissen es nicht «, sagte schließlich der Herzog. » Bring einfach so viel wie du kannst. «
    Niccolo verstand sehr wohl, was sie da eigentlich sagten: Seine Mission war nicht nur gefährlich, sondern hatte – selbst wenn er überlebte – kaum Aussicht auf Erfolg. Und doch schickten sie ihn los. Sie griffen tatsächlich nach dem allerlet z ten Strohhalm. Erst jetzt realisierte er, wie ernst die Lage war. Mit einem Seufzen wandte er sich wieder der Flugmaschine zu.
    » Eine Nacht «, sagte der Herzog noch einmal, dann hörte Niccolo, wie sich die drei Männer abwandten und die Stufen hinaufstiegen. Er drehte sich nicht nach ihnen um.
    * * *
    Später lag er bäuchlings auf der schmalen Holzplattform. Seine Hände und Füßen steckten in Schlaufen an den Pedalen, mit deren Hilfe sich die Lederschwingen auf und ab bewegen ließen. Er konnte noch immer nicht glauben , dass sie einen Menschen tragen sollten. Er konnte nicht einmal glauben, dass ein anderer glaubte, dass das möglich war.
    Er war seit Stunden allein in der Wolkenhalle. Der Schatte n deuter hatte ihm Kerzen gebracht und war wieder verschwunden. Niemand sonst hatte ihn gestört, während er versuchte, die Mechanismen des Luftschlittens zu ergründen.
    Er war hundemüde und hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Immer wieder dachte er an seine Tiere. Auf dem Weg in den Ort hatte er Emilio gebeten, für die Schweine und Kühe zu sorgen. Der Alte mochte wirr im Kopf sein, aber er war zuverlässig. Fast ein Freund. Dennoch war es Niccolo ungeheuer schwer gefallen, die Tiere zurückzulassen.
    Als plötzlich Schritte auf den Stufen erklangen, blickte er erschrocken auf. War es schon so weit? Nein, unterhalb der Rampe herrschte stockdunkle Nacht.
    Die Schritte kamen näher.
    » Was willst du? «, fragte er unfreundlich, als Alessia von der Treppe trat und langsam auf ihn zukam. Der Wind, der durch das Gitter über dem Abgrund wehte, fädelte Strähnen aus der Flut ihres roten Haars; sie tanzten wie dünne Rauchfahnen über ihren Schultern.
    » Du solltest Arme und Beine nicht gleichzeitig bewegen «, sagte sie mit gerunzelter Stirn. » Erst die Arme, dann die Beine, immer abwechselnd. Dann geraten die Schwingen in einen gleichmäßigen Rhythmus. «
    Er kam sich sehr unbeholfen vor, wie er da bäuchlings zu ihren Füßen auf der Plattform lag, der Länge nach ausgestreckt und zu sehr in die Pedalenschlaufen verheddert, um aufzustehen und ihr entgegenzutreten.
    » Ich hätt ’ s mir denken können «, sagte er, nicht sicher, ob es ihre Anwesenheit war, die ihn so missmutig machte, oder aber die Tatsache, dass sie zu allem Überfluss auch noch Recht hatte.
    » Was meinst du? «
    » Dass du diejenige warst, die die Geräte gepflegt hat. «
    Sie lächelte, doch selbst dabei wirkte sie hochmütig.
    » Weiß dein Vater davon? «
    Sie zuckte die Achseln. » Kann sein. Er spricht nicht mit mir darüber. Er spricht überhaupt nicht über Dinge, die den Zei t windpriestern missfallen könnten. «
    » Du kannst lesen «, stellte er fest, während er Arme und Beine so bewegte, wie sie es empfohlen hatte. Plötzlich funktionierte die Koordination der Schwingen nahezu mühelos. Zum ersten Mal schöpfte er Hoffnung, dass dieses Ding ihn tatsächlich tragen könnte.
    » Mag schon sein «, entgegnete sie vage.
    » Natürlich kannst du ’ s. Du hast die Buchtitel bei mir zu Hause gelesen. Selbst der Priester weiß das. Deshalb hasst er dich so. «
    Sie trat noch näher an ihn heran. Er verrenkte sich den Hals, um zu ihr aufzuschauen, und etwas sagte ihm, dass sie genau das beabsichtigt hatte.
    » Und du? «, fragte sie. » Warum hasst du mich so? «
    Staunend starrte er sie an. Nach allem, was sie auf dem Hof gesagt hatte, die Dinge über seinen Vater … Nach all dem fragte sie allen Ernstes, weshalb er sie nicht mochte?
    Bevor er etwas erwidern konnte, wischte sie seine Argumente bereits mit einer Handbewegung beiseite. » Du konntest mich schon vorher nicht leiden. «
    » Du behandelst andere wie Dreck. «
    » Du bist ein Ausgestoßener. Und ich bin die Tochter des Herzogs. Ich darf

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