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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Leere. Mondkind reagierte instinktiv. Das Schwert flirrte im Goldglanz des Drachen, als das Mädchen die Klinge nach oben stieß.
    Alle Bewegungen erstarrten. Die Zeit selbst hielt den Atem an.
    Dann schrie erst Niccolo verzweifelt auf, gleich darauf Nugua. Mondkind rollte sich unter dem Drachen zur Seite. Über ihr steckte das Schwert in Xixatis Kehle. Als der mächtige Schädel neben ihr zu Boden sackte und auf der Seite liegen blieb, war der Drache bereits tot.
    Niccolo brüllte etwas, das Nugua nicht verstand.
    Halb blind vor Tränen zwang sie sich weiterzuklettern. Die breite Ader bebte unter ihr, als Nugua auf einen schmaleren Strang wechselte, ein Stück weit auf allen vieren kroch und dann endlich die mächtige Vene erreichte, von der aus Xixati seine Attacke gegen Pangus Herz geführt hatte. Sie musste ihre Schritte mit Bedacht setzen, um nicht im letzten Augenblick abzurutschen. Vor ihr klaffte die Wunde in der schwarzen Herzhaut wie der Eingang einer Höhle. Das helle Muskelfleisch dahinter hatte nichts Organisches an sich, es besaß die Kristallstruktur von getautem Schnee.
    Sie packte die Lanze der Lavaschmiede mit beiden Händen.
    Mondkind hob den Kopf und starrte zu Nugua herauf. Das Weiß in ihren Augen glühte jetzt so hell, dass es ihre Züge überstrahlte. Niccolo taumelte auf sie zu, wollte sie zu sich herumreißen.
    Nugua musste sich zwingen nicht länger hinzusehen.
    Mondkind schrie hasserfüllt auf. Seide flatterte, als sie sich vom Boden abstieß und steil nach oben stieg.
    Nugua holte aus und rammte die Lanze tief in das Herz des Ur-Riesen.

Die Liebenden
    Die Sichelklinge verschwand im Fleisch des Riesen. So viel verzweifelte Kraft lag in Nuguas Lanzenstoß, dass ein gutes Stück vom Schaft mit hineinglitt.
    Sie blieb einfach stehen, beide Hände noch immer an der Lanze, die jetzt waagerecht aus der Wunde ragte. Sie musste sich daran festhalten, um nicht zusammenzubrechen. Auf einen Schlag war sie so erschöpft, dass es völlig unmöglich schien, auch nur einen weiteren Schritt zu machen. Selbst die Hände von der Waffe zu lösen überstieg in diesem Augenblick ihre Kräfte.
    Nichts geschah.
    Alles vergebens, dachte sie. Der zornige Schrei, der in ihr aufstieg, verpuffte. Ihr Zorn war jetzt ohne Bedeutung. Betäubende Gleichgültigkeit machte sich in ihr breit. Nicht einmal unangenehm, fand sie. Alles umsonst, alles egal.
    Dann passierten mehrere Dinge gleichzeitig.
    Das Letzte, was sie von Mondkind gesehen hatte, war ein weißer Schemen gewesen, der rasend schnell auf sie zugeschossen kam. Nugua konnte sich nicht gegen sie verteidigen, hatte auch kaum noch den Willen dazu. So als hätte sie der Stoß mit der Lanze aller Energie beraubt. Die Wärme, die sonst so wohltuend aus dem Schaft in ihre
    Hände pulsiert war, floss jetzt in eine andere Richtung ab - die Waffe wusste genau, welchem Zweck sie dienen sollte. Alle Macht, die in ihr lag, strömte in das Herz des Ur-Riesen.
    Nur dass sie auf ihn nicht heilsam wirkte.
    Bevor Mondkind Nugua erreichen konnte - alles geschah innerhalb eines Atemzuges -, begann sich das weiße, kristallisierte Fleisch im Inneren des Riesenherzens zu verfärben. Rund um den Lanzenschaft breitete sich ein dunkler Schatten aus, verästelte sich in mehrere Richtungen, erst nur eine Handbreit, dann immer weiter.
    Die Ader, auf der Nugua stand, geriet in Schwingung. Erschütterungen suchten die Herzkammer heim, aber sie schienen aus der Ferne heranzurollen, so als spielten sich die unmittelbaren Auswirkungen des Lanzenstoßes anderswo ab.
    Sie fragte sich, ob der Ur-Riese vor Schmerzen aufbrüllte. Ob er überhaupt eine Stimme besaß. Falls ja, so war sie hier, im Inneren seines Körpers, nicht zu hören.
    Dafür ertönte nun ein anderer Schrei. Ganz in ihrer Nähe.
    Mondkind!
    Nugua riss ihren Blick von der schwarzen Verfärbung - warum wurde der Fleck nicht mehr größer ? - und spähte in die Tiefe. Schicksalsergeben erwartete sie, Mondkind zu sehen, die auf sie zugerast kam.
    Doch Mondkind flog nicht mehr in ihre Richtung. Etwas war mit ihr kollidiert, hatte sie aus der Bahn geworfen und stürzte mit ihr zu Boden, ein Wirrwarr aus Seide und bunten Bändern, die Nugua bekannt vorkamen. Das Knäuel aus Körpern und Stoffen verschwand hinter einem Dickicht aus Adern, bevor sie erkennen konnte, wer ihr da zu Hilfe gekommen war.
    Im Eingang der Herzkammer stand ein Kranich, wippte nervös auf seinen Stelzenbeinen und sträubte das Gefieder.
    Guo Lao!
    Noch einmal

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