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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Donnern kam Yaozi zum Liegen. Sein verdrehter Körper bewegte sich nicht mehr.
    Nugua brüllte seinen Namen, während sie den Hang hinablief und statt auf ihre Füße nur auf ihn achtete. Sie stieß mit den Zehen gegen ein Hindernis, verlor das Gleichgewicht, stürzte und taumelte trotzdem weiter, bis sie ihn endlich erreichte.
    Der Drachenkönig lag am Fuß der Schräge - nur wenige Meter von einer Felskante entfernt, hinter der bodenlose Schwärze gähnte. Ein wenig mehr Schwung und er wäre hinab in die Tiefe gestürzt.
    »Yaozi?«
    Sie schleppte sich auf das Kopfende des titanischen Schuppenleibs zu, vorbei an einer Wand aus Gold und Bronze, bis vor ihr die verästelte Geweihkrone auftauchte. Yaozis Schädel ruhte flach am Boden, seine Augen waren geschlossen. Die tentakelartigen Goldfühler aus seinen Lefzen lagen schlaff und verschlungen neben seinem Maul.
    Er atmete. Vor Erleichterung wurden ihre Knie weich. Eines seiner Lider hob sich wie ein rostroter Vorhang, die armlangen Wimpern erzitterten. Das goldene Auge wurde sichtbar, die Pupille verengte und erweiterte sich, fixierte sich schließlich auf Nugua.
    »Ich werde alt«, kam es röchelnd aus dem Drachenmaul. Einer der Fühler entwirrte sich und kroch wie eine Schlange in Nuguas Richtung.
    »Oh, Yaozi!« Sie stolperte auf ihn zu.
    »Schon gut«, brummte er. »Ist schon gut.«
    Tränen liefen ihr über die Wangen, nicht wegen ihrer albernen Prellungen, sondern vor Glück. Für einen Moment, einen schrecklichen, endlosen Moment, hatte sie geglaubt, Yaozi sei tot. Die Vorstellung, ihn endgültig zu verlieren, tat tausend Mal mehr weh als alle Schürfwunden und blauen Flecken.
    Yäozis Mundwinkel schoben sich nach oben. Ein etwas bemühtes, aber aufrichtiges Drachenlächeln. »Gut, dass uns niemand zugesehen hat«, knurrte er.
    Aus dem Augenwinkel nahm Nugua verschwommen eine Bewegung war, getrübt von ihren Tränen.
    »Yaozi!«, stieß sie aus. »Dahinten, an deiner Seite!«
    Es musste einer der Juru sein, die sich am Körper des Drachenkönigs festgehalten hatten. Irgendwie hatte das Wesen nicht nur den Sturz die Schräge hinab, sondern auch Yao-zis Toben überstanden. Benommen kämpfte es sich unter den Schuppen hervor. Die bizarren Winkel, in denen seine Glieder abstanden, waren selbst für Juru unnatürlich. Es musste sich mehrere Knochen gebrochen haben und mindestens zwei seiner Stachelklingen waren zersplittert.
    Mit letzter Kraft wollte es sich von dem Drachen entfernen, doch Yaozi ließ ihm keine Chance. Nugua verspürte kein Mitleid mit dem Wesen - sie war eben doch zu sehr ein Drache -, trotzdem wandte sie sich ab, als eine von Yaozis riesigen Krallen zupackte und die Kreatur zerdrückte wie eine Wanze. Der entrollte Schädelwulst des Wesens schlug peitschend um sich und erschlaffte.
    »Ungeziefer«, knurrte der Drache und schleuderte den Kadaver in den Abgrund.

Das Herz des Riesen
    Und dann Licht.
    So viel Licht.
    Geblendet schloss sie die Augen, bis die Helligkeit sogar durch ihre Lider stach und sie sich klarmachte, dass sie früher oder später hinsehen musste. Und sie wollte hinsehen, natürlich.
    Es dauerte dennoch eine ganze Weile, ehe sie sich daran gewöhnt hatte, und selbst als das weiße Glühen ihren Augen keine Schmerzen mehr bereitete, vergingen weitere ein, zwei Minuten, ehe sie etwas erkennen konnte.
    Sie hatten eine Grotte betreten, deren wahres Ausmaß Nugua kaum hätte abschätzen können, wären da nicht die Drachen gewesen. Vierzig, fünfzig - mindestens. Ihre Anzahl ließ die gigantische Größe der Höhle erahnen, obgleich die Helligkeit eine genaue Orientierung unmöglich machte. Der Goldglanz all dieser Drachen glühte wie ein Sonnenaufgang über einem vereisten See. Zugleich erleuchteten sie ihren eigenen Atem, Wolken über Wolken aus allerfeinstem Golddunst, der sich seinen Weg durch Ritzen und Spalten nach außen suchte, um im Aether jenseits des Himmels aufzugehen.
    Doch nicht die Drachen waren es, die das stärkste Licht in dem gewaltigen Grottendom abstrahlten. Im Zentrum der Höhle, teils im Fels eingesunken, ruhte ein gefallener Stern.
    Nugua war sicher, dass es nichts anderes sein konnte. Ein Stern musste vom Himmel gestürzt und sich in diese Berge gegraben haben. Die oberen beiden Drittel der funkelnden, schimmernden, blitzenden Kugel ragten aus dem Boden und waren mehr als zehnmal so hoch wie Yaozi oder einer der anderen Drachenkönige, die sich hier unten versammelt hatten. Groß wie eine Festung füllte der

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