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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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früher.«
    »Vielleicht warst du hässlich.«
    »Herzlichen Dank!«
    »Oder fett.«
    »Jetzt bin ich fett! Und hässlich! Wie könnte irgendwer hässlicher sein als das hier?« Er gestikulierte an seinem schmutzig roten Rattendrachenleib hinunter.
    »Lotusklaue war hässlicher.«
    »Lotusklaue war verstümmelt*.«
    »Und ein paar andere, die ich getroffen habe. Es gibt eine ganze Menge unschöne Menschen.« Sie pikte ihm mit dem Finger in den gestreiften Drachenbauch. »Sieh es doch mal so: Du bist zweifellos der hübscheste und bestgebaute Rattendrache weit und breit.«
    Er raufte sich den schlabberigen Drachenkamm auf seinem Kopf, bis die Spitzen in alle Richtungen abstanden. »Ich - will - zu - den - Drachen!«
    »Kangan und ich werden uns beeilen. "Wahrscheinlich warten die anderen schon auf mich.« Sie öffnete die Kabinentür. Noch einmal blickte sie über die Schulter zurück. »Und wenn wir wieder an Bord sind, dauert es nicht mehr lange, bis wir die Drachen sehen. Versprochen.«
    Nie im Leben hätte sich Wisperwind einem dieser verfluchten Luftschlitten anvertraut. Sie hatte mit angesehen, wie Niccolo mit einem abgestürzt war, und sie wusste sehr wohl, dass nicht einmal der Federflug sie retten konnte, wenn sie damit wie ein Stein in die Tiefe fiel.
    Zu ihrem Erstaunen bot Hauptmann Kangan an, mit ihr die Korbgondel zu teilen, in der sie an einem Seil aus dem Wabenbauch der Abendstern zu Boden gelassen wurden. Während die übrigen Soldaten des Trupps auf ihren Fluggeräten zur Erde glitten, stand Wisperwind wortkarg an der Reling der Gondel und gab sich alle Mühe, Kangan nicht zu zeigen, wie schlecht ihr war.
    Im Grunde war es lächerlich: Mit Hilfe des Federflugs raste sie durch die Lüfte, balancierte auf Baumwipfeln und lief über stille Gewässer. Alles nahezu mühelos. Doch die wenigen Minuten in der schwankenden Gondel sorgten dafür, dass ihr speiübel wurde.
    »Du siehst blass aus«, bemerkte Kangan.
    »Das kommt von der Kälte.«
    Mit einem Schulterzucken beugte er sich über die Reling. Das brachte die Gondel noch heftiger zum Schaukeln. »Die Hälfte haben wir schon geschafft. Jetzt brauchen wir nur noch einmal so lange.«
    Sie biss sich auf die Lippe.
    »Das kann einem ganz schön zu schaffen machen, was?«, fragte er grinsend.
    Sie schmeckte Blut und wünschte eine Sekunde lang, es wäre seines. Erst recht, als er sich noch weiter vorbeugte und die Gondel davon in eine schlenkernde Drehbewegung geriet.
    »Bei allen Göttern!«, rief sie. »Könntest du das bleibenlassen?«
    Er starrte weiter in die Tiefe. »Gildenmeister Xu hat unsere Position gut gewählt. Wir werden ganz nah beim Wrack aufkommen.«
    Widerwillig zwang sie sich, ebenfalls einen Blick in die Tiefe zu riskieren. Noch etwa hundertfünfzig Meter bis zum Boden. Ein eiskalter, schneidener Wind blies über das weite Gletscherfeld und trieb Eiskristalle in ihre Augen. Das Sonnenlicht reflektierte grell auf dem endlosen Weiß. Sie blinzelte, um zu erkennen, wo die Gondel aufkommen würde. Etwa fünfzig Schritt vor den ersten Trümmern, schätzte sie.
    Kangan strich sich das lange schwarze Haar zurück. Die Rabenfedern, die darin eingewoben waren, stellten sich gegen den Wind und bildeten einen schwarzen Fächer um sein Gesicht. Wisperwind musterte ihn aus dem Augenwinkel und fragte sich, weshalb er bei ihr in der Gondel war. Sie wurde nicht schlau aus ihm, und das verunsicherte sie.
    Der Gletscher war mehrere Kilometer breit und erstreckte sich wie ein erstarrter Fluss zwischen zwei grauen Gipfelkämmen. Weiter im Westen ging er in ein weites Hochplateau über. Im Osten bog der Eisstrom um eine Bergkehre und verschwand aus ihrer Sicht.
    Wisperwind, die eher an das feuchtwarme Klima in Chinas Südwesten gewöhnt war, fror unter ihrer Pelzkleidung. Um an ihre Wurfnadeln zu gelangen, musste sie die lästige Jacke erst öffnen; im Fall eines Angriffs würde sie das wertvolle Sekunden kosten.
    Unvermittelt fragte Kangan: »Warum wolltest du unbedingt mitkommen?«
    Sie hatte keine Antwort parat, die ihm gefallen hätte, darum schwieg sie. Das kannte er von ihr. Sein Misstrauen war während der vergangenen Tage einer entwaffnenden Neugier gewichen, und damit konnte sie längst nicht so gut umgehen wie mit seiner anfänglichen Feindseligkeit.
    Er sah sie noch eine Weile länger aus seinen dunklen Eulenaugen an, dann schüttelte er stumm den Kopf und blickte zurück in die Tiefe.
    Noch fünfzig Meter bis zum Erdboden. Die Trümmer des

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