Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant
fremden Schiffen. »Allerdings -« Er verstummte und sah aus, als könnte er nicht glauben, was er sah.
»Allerdings was?«
Er schüttelte langsam den Kopf. »Das dort vorn ist die Abendstern.«
Jetzt waren es schon über ein halbes Dutzend Schiffe und es kamen immer noch neue hinzu. Sie bildeten eine weitgeschwungene Kette über den Gipfeln, die bald das halbe Tal umschloss.
»Bei den Göttern!«, knurrte der Händler.
Nuguas Herzschlag stolperte. »Was?«
»Die Flaggen am Bug der Abendstern ... Das ist ein geheimes Zeichen.«
»Was bedeutet es?«
Er presste das Wort hervor wie einen Fluch. »Verrat.«
Hinter Nugua ertönte ein Schnauben im Schatten des Felsportals. Sie wirbelte herum und hoffte gegen besseres Wissen, Yaozi zu sehen. Aber es war nur einer der letzten Wächterdrachen, die zum Schutz des Tors abgestellt worden waren. Die Hornstöße hatten ihn ins Freie gelockt. Auch er musterte mit seinen Goldaugen den Aufmarsch der Luftschiffflotte.
Sie wies mit der Schaufellanze auf die Gildenschiffe über den Gipfeln. »Yaozi und die anderen müssen davon erfahren!«
Der Drache sträubte seine rote Mähne. Sein Blick verschleierte sich, während er die Gedankenbotschaft in die Tiefen der Heiligen Grotten sandte. »Sie wissen es«, sagte er wenige Sekunden später.
»Frag Yaozi, was wir tun sollen. Sag ihm, eines der Schiffe ist die Abendstern. Die anderen sind -« Fragend blickte sie den Geheimen Händler an.
»Mukhtar Khan und seine Bande«, entgegnete der Mann verächtlich. »Das Schiff dort oben neben der Abendstern ist seines. Xu muss ihm am Wrack begegnet sein. Wahrscheinlich war es eines seiner Schiffe, das die Drachen vom Himmel geholt haben.«
Ihr war klar, was das bedeutete. »Dann brauchen wir uns keine Hoffnungen zu machen, dass sie sich mit uns verbünden.«
»Vor Jahren haben Xu und ich gemeinsam gegen Mukhtar Khan gekämpft«, sagte der Händler nach kurzem Zögern. »Mag sein, dass sich die Prophezeiungen der Drachenkönige heute doch noch bewahrheiten werden.«
Nugua schaute zurück zu dem Drachen am Tor. Sein Blick war nach innen gerichtet, seine Gedanken suchten sich einen Weg durch den Fels. Er gab die Worte des Kapitäns an Yaozi weiter.
»Könnt ihr sie aufhalten?«, fragte Nugua den Geheimen Händler.
»Das da oben sind vierzehn Schiffe. Selbst wenn die Abendstern noch unter Xus Kommando steht und auf unserer Seite kämpft, ist diese Flotte fast dreimal so groß wie unsere.« Seine Eulenaugen blitzten. »Mukhtar Khans Schiff liegt in der Kommandoposition. Ich frage mich, wie er es angestellt hat, dass all die anderen ihm folgen.«
»Das ist nicht sein Verdienst«, sagte Nugua leise. »Das war der Aether.«
Der Händler schenkte ihr einen nachdenklichen Blick, als der Drache sich mit einem Mal an ihn wandte: »Yaozi bittet euch das Tor zu halten, koste es, was es wolle. Was er und die anderen im Augenblick am nötigsten brauchen, ist Zeit.«
»Wie stehen die Chancen, dass ihr den Aether aufhalten könnt?«, fragte der Kapitän. »Und wie lange wird es dauern?«
Während der Drache die Frage weitergab, beobachtete Nugua, wie aus den Bäuchen der Gildenschiffe Luftschlitten ausschwärmten. Ganze Wolken dunkler Punkte wurden ins Freie ausgestoßen und verdunkelten den Himmel über dem Tal.
Die Schlitten der chinesischen Schiffe sausten wirr, umeinander, augenscheinlich unentschlossen, wie sie sich verhalten sollten. Doch die Soldaten Mukhtar Khans gingen nicht gleich zum Angriff über. Stattdessen suchten sie sich sichere Landeplätze an den Hängen rund um das Tal. Das Heer der Geheimen Händler mochte groß sein, aber es war auch behäbig. Bis genug Kämpfer am Boden waren, um gegen das Portal vorzurücken, würde noch eine Weile vergehen.
Der Drache stieß ein verzagtes Schnauben aus, als er die Nachrichten aus den Tiefen der Dongtian verkündete. »Die Juru nähern sich unaufhaltsam der Herzkammer. Der Aether greift mit aller Macht die magischen Schilde an. Auch ich habe den Befehl erhalten, mich den Reihen der Verteidiger anzuschließen ... Aber selbst wenn die Händler das Tor nicht halten können, wird die feindliche Armee wahrscheinlich Stunden brauchen, ehe sie dort unten auf die ersten Drachen stößt.« Er senkte die Stimme, während seine Mähne in sich zusammenfiel. »Vielleicht gibt es dann längst nichts mehr, um das sich zu kämpfen lohnt.«
»Nimm mich mit«, verlangte Nugua von dem Drachen. »Ich will bei meinem Clan sein.« Sie sagte das, ohne
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