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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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rechts und links und erschlug in Windeseile ein halbes Dutzend von ihnen. Ihre Kadaver verloren den Halt an der Steilwand und stürzten in die Tiefe, wo sie beinahe Kangan unter sich begruben. Auch Wisperwind musste einem fallenden Gegner ausweichen, stieß sich ab, bevor er mit ihr zusammenprallen konnte, und flog in einem Bogen abwärts, hinter die Juru, die den Hauptmann bedrängten.
    Von oben drohte Kangan im Augenblick keine Gefahr mehr, aber Wisperwind erkannte, dass seine Gegner am Boden allmählich die Oberhand gewannen. Sie spürte ein Aufwallen lähmender Erschöpfung, aber sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen, auch wenn ihr das zunehmend schwererfiel.
    »Hast du Feiqing gesehen?«, brüllte sie keuchend, als das Gefecht sie bis auf zwei, drei Schritt an Kangan herantrug.
    Der Hauptmann knurrte ein Nein und rammte sein Langmesser einem Juru quer durch den Schädelstrang. Die Kreatur wich im Todeskampf zurück und riss die Klinge mit sich. Plötzlich stand Kangan ohne Waffe da.
    Wisperwind wollte ihm abermals zu Hilfe eilen, als ein Hornstachel wie eine Lanze auf ihr Gesicht zuraste, während einer der muskulösen Kopfwülste sie an der Hüfte packte. Sie schrie auf, wich dem tödlichen Stachel aus, fühlte aber zugleich, wie ihr der Schädelstrang die Luft abpresste. Sie riss das Schwert hoch und stieß es mit der Klinge abwärts, genau zwischen die knochigen Schulterblätter der Kreatur. Der Juru starb, aber sein Tentakel verkrampfte sich im Sterben und hielt sie fest. Weitere Wesen rückten von allen Seiten auf sie zu.
    Da begriff sie, dass der Kampf vorüber war, ganz gleich, wie sehr sie sich jetzt noch wehren mochte. Sie wollte nach den Wurfnadeln greifen, doch so schnell war nicht einmal sie. Stattdessen lenkte sie all ihre verbliebene Kraft in ihre Handflächen und aktivierte eine der mächtigsten Waffen, die einem Clankrieger zu Gebote standen. Sie hatte eine einzige Chance - und nur diese eine.
    Die Macht des Tao schoss wie Feuer durch ihre Arme, sammelte sich an den Wurzeln ihrer Finger - und stieß durch die Handballen nach außen. Unsichtbare Druckwellen hämmerten in den Pulk der Juru. Einer, der ihr am nächsten war, zerplatzte wie eine reife Frucht. Ein anderer wurde mit eingedrücktem Brustkorb nach hinten geschleudert und riss andere mit sich. Gleich ein halbes Dutzend ging zu Boden, als sei ein Sturmwind unter sie gefahren, und die meisten blieben halb bewusstlos liegen, zuckend und mit erschlafften Schädelsträngen.
    Da waren noch andere, die der Kraftstoß aus Wisper-winds Handflächen nicht erreicht hatte; aber selbst jene blieben stehen, pendelten unsicher auf der Stelle, manche auch seitlich an den Felsen, und warteten unschlüssig darauf, was weiter geschehen würde.
    Wisperwind stand kurz davor, bewusstlos zu werden. Die unsichtbaren Stöße aus ihren Händen hatten ihr jeden Funken Kraft entzogen. Mit dem Rücken sank sie gegen einen Felsen, hielt sich kaum noch auf den Beinen. Kangan war nur wenige Meter entfernt, auch seine Gegner hielten inne. Er stand leicht vornübergebeugt, ächzte vor Erschöpfung und wartete darauf, dass die Felsenwesen ihn ein letztes Mal angriffen. Jurublut hatte sein Gesicht besudelt; die schwarzen Eulenaugen starrten verbissen aus einer Maske aus Tod.
    Um Wisperwind drehte sich der Pass, der Himmel, das eisige Gebirge. Der Mond verblasste in ihrer Wahrnehmung, es wurde immer dunkler. Eine Ohnmacht tastete mit Schattenfingern nach ihr, aber noch weigerte sie sich ihr nachzugeben; das war ein Triumph, den sie niemandem gönnte, schon gar nicht diesem Ungeziefer.
    Eine unförmige Gestalt schob sich neben ihr um den Felsen.
    »Das sieht nicht gut aus«, murmelte Feiqing.
    »Nein«, kam es tonlos über ihre Lippen. Sie schmeckte bitteres Jurublut auf der Zungenspitze.
    »Man kann nicht immer Glück haben.« Der Rattendra-che klang seltsam abgeklärt, ohne eine Spur von Selbstmitleid. »Ich bin froh, dass wir Seite an Seite sterben.«
    »Ich ... nicht«, krächzte sie und brachte ein verzerrtes Grinsen zu Stande. Die Kraftstöße hatten sie vollständig ausgelaugt. »Ich war ... noch nie froh ... zu sterben«, brachte sie unter Mühen hervor.
    »Du hast so was schon oft durchgemacht?«
    »Irgendwas -«, begann sie, brach erschöpft ab und raffte sich abermals auf: »Irgendwas ... kam immer ... dazwischen. «
    »Nicht heute«, sagte Feiqing.
    »Nicht heute«, pflichtete auch Kangan ihm bei.
    Wisperwind wollte nicken, aber tatsächlich sackte nur ihr Kopf

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