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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Trance gerissen. Nugua musste sich zwingen, erneut in die Helligkeit zu blicken, hinauf zum kreisenden Flug der Drachen, und sie sah -  Zugolu, der in Flammen stand.
    Er flog noch immer weiter, webte sein unsichtbares Zaubernetz um das Riesenherz, doch seine Mühen blieben vergeblich. Auch andere Drachen wurden von dem weißen Feuer erfasst. Einige verbrannten noch in der Luft, andere stürzten lodernd in die Tiefe. Zugolu kreiste weiter, hinter sich einen fauchenden Flammenschweif, bis auch seine Kraft endgültig aufgebraucht war, sein Körper sich krümmte und in einer Explosion aus stechendem Weiß verglühte. Der Drachenkönig des Westens löste sich auf, verschmolz mit dem Licht, in das nun von allen Seiten die goldenen Schwaden des Aethers strömten. Gleißendes Weiß und Aethergold wurden eins, durchdrangen einander und verwirbelten zu einer alles beherrschenden Lichterflut.
    Yaozi brüllte abermals auf, Zorn und Qual und Verzweiflung in einem einzigen donnernden Laut. Nugua wurde von einem seiner Fühler gepackt und mitsamt der Götterlanze aus seiner Mähne gerissen. Sie war wie betäubt, vielleicht kaum noch bei Sinnen, als sie abrupt auf einen weichen, warmen Untergrund gestoßen wurde - geradewegs ins Maul des Drachenkönigs.
    Yaozis mächtige Kiefer schlossen sich um sie, die Helligkeit wurde schlagartig abgeschnitten; sie drang jetzt als fleischiges Rosarot durch die Lefzen des Drachen und erfüllte die Höhle seines Schlundes mit diffusem Dämmer.
    Nugua schrie auf, eher aus Überraschung als aus Angst, denn sie war längst jenseits aller Furcht. Dann wurde sie von einer Erschütterung zur Seite geworfen, landete zwi-sehen zwei Backenzähnen des Drachen, jeder so groß wie ein Ochse, verkeilte sich mit Armen und Beinen dazwischen und war instinktiv noch immer bemüht, nur ja nicht die Lanze loszulassen, aus der warme Kraftströme in ihren Geist und Körper flössen; vielleicht hätte sie sonst längst den Verstand verloren.
    Sie spürte, dass Yaozi sich vom Boden abstieß, während draußen ein Lärm anhob, der nichts mehr mit dem Getöse der Schlacht gemein hatte, nichts mit dem Brüllen der sterbenden Drachen oder den Todesschreien der Juru. Es war ein durchdringendes Heulen, aber zu gleichförmig, um natürlichen Ursprungs zu sein - es sei denn, dort draußen wurde die Natur selbst einer vollkommenen Wandlung unterzogen, als etwas zum Leben erwachte, das seit Äonen in tiefem Schlummer lag, ein Wesen, so maßlos und mächtig und fremd, dass selbst die Geräusche, die es von sich gab, vor Jahrmillionen in Vergessenheit geraten waren.
    Nugua wurde abermals durchgeschüttelt, beinahe in den Abgrund von Yaozis Kehle geschleudert, im letzten Augenblick von seiner Zunge aufgefangen und zurück in die Nische zwischen seinen Zähnen gepresst.
    Niccolo, durchfuhr es sie plötzlich und sie schrie verzweifelt seinen Namen, drei Silben, die sie dem unirdischen Heulen entgegenbrüllte, als könnte sie es damit zum Schweigen bringen.
    Das Licht glühte jetzt durch Haut und Knochen des Drachenschädels, flutete selbst sein Innerstes mit rotem Schimmer, gewährte aber keinen Blick durch seine geschlossenen Kiefer nach außen. Nugua wusste dennoch, was gerade dort draußen geschah. Der Aether war in den Körper des Ur-Riesen gefahren. Pangu tat seinen ersten Atemzug und schuf sich eine neue Welt.

Der Horizont zerbricht
    Die Wolkeninsel schob sich lautlos über die Wüste. Sie warf ihren Schatten auf Dünen und bizarre Felsformationen, die seit Jahrtausenden der stechenden Sonne ausgesetzt waren. Die Morgendämmerung wich einem lodernden Feuerball, der im Osten über der Taklamakan aufstieg und die Vorboten dörrender Hitze über das weiße Wolkenland sandte.
    Alessia blickte über die Öde zum Horizont. Aus dem blauvioletten Dunst im Nordwesten erhoben sich die Umrisse ferner Gipfel. Während sie dem Gebirge entgegenblickte, kaute sie nervös auf dem Nagelbett ihres Daumens. Sie fragte sich, ob das Aetherfragment sie betrogen hatte; ob es all die Versprechungen nur gemacht hatte, damit sie endlich Ruhe gab und ihm unten im goldglühenden Inneren der Wolkeninsel seinen Frieden ließ.
    Sie kauerte auf der Eisenbalustrade, die hoch oben um eine der Aetherpumpen führte; das verletzte Bein hatte sie ausgestreckt, das andere angewinkelt. Während der vergangenen Tage hatte sie sich trotz der Schmerzen mehr als einmal hier heraufgeschleppt, viele Meter über dem höchsten der fünf Wolkenberge, um von hier aus den

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