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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nicht nur er, sondern auch die Diener, Bauern und Handwerker, die den Großteil der Bevölkerung ausmachten. War es wirklich Blindheit? Oder war es nicht vielmehr eine andere Gabe, eine andere Art zu sehen?
    Dyan-Rakhal hielt Loyu an der Hand. Er war nicht länger der hochgeborene Prinz, jetzt herrschte er über nichts mehr. Er und sein Bredu waren frei, die Welt mit anderen zu teilen, die jetzt ihm gleichgestellt waren. Und dann ließ er seinen neuen Blick über das Sternenband, über die Bergketten der Hellers und die Tannen, die sich leise im Wind wiegten, streichen.

SUZANNE HAWKINS BURKE
     
    Brianas Erbe
     
    Suzanne schrieb diese Geschichte, weil sie, wie sie selbst sagt, »schon immer mehr über darkovanische Kinder lesen wollte, ganz besonders über Mischlingskinder, die mehr Chieri als Mensch sind.« Ihr Mann habe sie fast täglich dazu gedrängt, etwas zu dieser Anthologie beizutragen: »Er glaubt unerschütterlich daran, daß ich wunderbare Geschichten erfinden könne.« Das ist doch schon mal kein schlechter Anfang.
    Suzanne besitzt gleich mehrere College-Abschlüsse, ist seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet (heutzutage eine beneidenswerte Tatsache) und hat einen fünfzehnjährigen Sohn. Sie schreibt ausschließlich auf ihrem Computer, meint aber ganz ehrlich, daß sie viel lieber ein gutes Buch lesen als schreiben würde.
    Das gibt nicht jeder so ohne weiteres zu. Als ich einmal unterrichtete, fragte ich meine Schüler, wer denn später Schriftsteller werden wolle. Prompt schnellten alle Finger hoch – es meldeten sich sogar diejenigen, die nur mit Mühe lesen und gar nicht schreiben konnten. Ein schmeichelhafter Ehrgeiz, wenn auch etwas unrealistisch!
     
     
     
    Briana vom Clan der MacGregors hockte bequem zwischen den Dachsparren der großen Scheune und schaute in die Morgendämmerung hinaus. Sie hatte sich auf einem der zahlreichen Stützbalken niedergelassen, die auf dem Heuboden kreuz und quer verliefen. Von hier oben konnte sie auch auf ihre kleine, ordentliche Kammer am anderen Ende der Scheune blicken. Briana hatte von sich aus das große Herrenhaus verlassen und war in die Scheune umgezogen, als sie acht Jahre alt war. Und seit dieser Zeit wurde sie aus sicherer Entfernung von dem unentdeckt gebliebenen Chieri überwacht. Es konnte an diesem Kind einen tiefgreifenden Unterschied feststellen.
    Briana spähte noch einmal prüfend nach draußen. Der Sturm hatte sich offenbar gelegt, so daß bald ein wunderschöner darkovanischer Sonnenaufgang bevorstand. Sie bürstete ihre langen, silbrigen Haare, die noch nie geschnitten worden waren und sich daher wie ein schimmernder Umhang um ihren Körper legten und das knappe Hemdchen völlig bedeckten, das sie seit kurzem trug, falls sich jemand in diesen Teil der Scheune verirren sollte. Mit zwölf zeigten sich auch an ihrem schlanken Körper die ersten weiblichen Rundungen, und die alte, runzelige Oma, die hier immer das Stroh für den Hühnerstall abholte, hatte Briana gewarnt, daß die Jungs sie bald belästigen würden, wenn sie weiterhin nackt herumlaufen würde.
    Briana saß jeden Morgen so zwischen den Sparren da und beobachtete durch die Lüftungsklappen, die sie aufgedrückt hatte, den roten Himmel. In dem tiefblauen Schatten tauchte allmählich der dunkelrote Horizont auf, und an der hohen Bewölkung zeichneten sich erste zartrosa und violette Reflexionen ab. Bald danach hob sich die Sonne behäbig über die Kilghard-Berge und strahlte rund und fett wie eine Cinni-Melone.
    Tief unter Briana, in den ebenerdigen Stallungen, muhten mehrere Stumpfhornmilchkühe ungeduldig, da sie endlich gemolken werden wollten. Mit einem kleinen Freudenjuchzer über den anbrechenden Tag erhob sich Briana mühelos und balancierte in fließender Bewegung über den Dachträger zu einem Seil, das sie an dem Firstbalken festgeknotet hatte.
    Keines der anderen Kinder war mutig genug, so hoch hinauf zu klettern, aber für Briana war es das reinste Vergnügen. Den meisten wurde schon vom bloßen Zusehen schwindlig, und so spielten sie auch nicht mehr auf dem Heuboden. Briana ließ sich auf ihre ganz eigentümliche Weise am Seil hinunter; es sah fast so aus, als ob sie die ganze Seillänge hinabschwebte.
    In ihrer kleinen Kammer nahm sie einen einfachen Wollkasack vom Haken und zog ihn über das Hemd. Die dicken Socken und schweren Stiefel übersah sie hingegen geflissentlich; sie zwängten ihre Füße wie Schraubstöcke ein. Briana war größer und schlanker als

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