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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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stellte sie klar, ohne dabei das Melken zu unterbrechen.
    »Ehrlich?« Nathan konnte nur staunen. »Und warum?«
    Briana mußte heimlich grinsen; wenn sie in den letzten Wochen für jedes »Warum?« von Nathan nur eine jhizil -Nuß bekommen hätte, könnte sie jetzt bequem einen Kuchen backen! Außer diesem einen Lieblingswort sagte er aber nicht viel, und auch Briana war das Reden nicht mehr gewohnt. Seit Jahren hatte sie mit keinem so viel gesprochen wie jetzt mit Nathan.
    »Als ich so alt war wie du, habe ich mit den Küchenhelferinnen im selben Zimmer geschlafen. Die haben aber nachts die Fenster ganz fest zugemacht, und deshalb war es mir immer viel zu warm. Aber dann habe ich rausgekriegt, wie ich den Fensterriegel aufbekomme, und wenn sie eingeschlafen waren, habe ich das Fenster einen Spalt weit geöffnet. Ich mußte natürlich aufpassen, daß ich auch als erste wieder aufwache, und dann habe ich sie schnell wieder zugemacht, bevor die anderen aufstanden. Die haben sich dann immer nur gewundert, warum es so kalt war im Zimmer, aber erwischt haben sie mich lange nicht – erst als es einmal in der Nacht zu schneien anfing. Ich hatte das Fenster nur einen klitzekleinen Spalt aufgemacht, aber das hat schon genügt. Jedenfalls hatte es am nächsten Morgen in ihre Schuhe reingeschneit, die direkt unter dem Fenster standen. Und damit flog, alles auf. Sie haben mich dann gehörig durchgeprügelt. Und einer ihrer Brüder hat einen dicken Pfahl geschnitzt, mit dem er den Fensterriegel festgeklemmt hat.«
    »Und was hast du dann gemacht?«
    »Wart’s ab und bring erst mal diesen Eimer weg. Wenn du zurück bist, erzähl ich dir mehr.«
    Briana tauschte die Eimer immer schon aus, wenn sie erst halb gefüllt waren, denn einen vollen Kübel hätte Nathan noch nicht tragen können. Das war einer ihrer kleinen Tricks, die Nathan noch nicht bemerkt hatte.
    »Und fall nicht hin!«
    »Ich paß schon auf, Briana«, versprach er und machte sich auf den Weg. Es war schon erstaunlich, wie sie mit etwas Erfindungsreichtum und Umstellung der eigenen Routine dem kleinen Jungen das Gefühl vermitteln konnte, gebraucht zu werden. Er hatte sich nichts sehnlicher gewünscht und lebte jetzt richtig auf.
    »Bring ihn so schnell du kannst zurück und tausch ihn gegen den nächsten Eimer aus«, rief sie ihm noch nach. Dann bekamen auch die anderen Katzen ihre Milch und Briana nahm sich das nächste Euter vor.
    Sie summte eine Melodie vor sich hin, als sie so arbeitete und die Kühe friedlich wiederkäuten. Während Nathan fort war, dachte sie an ihre eigenen frühen Kinderjahre und an das, was Lady MacGregor ihr darüber erzählt hatte, als sie ihren Umzug in die Scheune besprachen.
     
    Briana war ein Waisenkind, was auf diesem unwirtlichen Planeten durchaus keine Seltenheit war. Die rauhen und unbarmherzigen Lebensbedingungen hatten viele Opfer gefordert. Fast schien es schon in Vergessenheit geraten zu sein, daß die unbeabsichtigte Besiedelung Darkovers erst vor einigen Generationen ihren Anfang genommen hatte. Immerhin hatten sich die damals gestrandete Schiffsmannschaft und die Kolonisatoren an einen Grad der Zivilisation geklammert, der ihnen gestattete zu überleben und aufs neue zu gedeihen. Kein funktionierender Raumhafen und kein Erkundungstrupp aus Ingenieuren hatte vorher die feindliche Welt zur Besiedelung erschlossen, aber es waren Bauern und Wissenschaftler an Bord gewesen, die nun alle für das neue, gemeinsame Ziel zusammenarbeiteten, nachdem ihr ursprünglicher Bestimmungsort unerreichbar geworden war.
    An ihre Mutter konnte sie sich nur noch vage erinnern. Von Lady MacGregor erfuhr Briana, daß sie Judith hieß und eine begabte Heilkundige gewesen war, die auf der Suche nach einzigartigen und wichtigen Kräutern und Wurzeln oft alleine durch die Kilghard-Berge strich. Man sagte auch, daß Judith eine eigensinnige junge Frau war, die nur wenig sprach und lieber zurückgezogen lebte, wenn nicht gerade jemand ihre Arzneien und Pflege brauchte.
    Die Leute staunten nicht schlecht, als Judith eines Winters in aller Stille ein Mädchen zur Welt brachte. Niemand hatte bemerkt, daß sie schwanger gewesen war. Die schweren Winterkleider, so sagte man, mußten wohl verborgen haben, daß sie in anderen Umständen war. Man tuschelte auch über einen geheimen Liebhaber, den sie in den Bergen getroffen haben mußte. Vielleicht war es sogar eines der legendären Chieri. Einige konnten sich daran erinnern daß im vorangegangenen Frühjahr

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