Das Wort des Hastur - 12
Mittwinterfest hier zu sein.«
Das brachte Darrel auf einen neuen Gedanken. Er setzte seine Teetasse ab, ging zu dem Tisch hinüber und holte seine Satteltasche. Er tat ziemlich wichtig, als er die Tasche aufschnürte.
»Bald wird es ohnehin jeder wissen, da kann ich es Euch ja auch zeigen. Ich habe Rafe immer gesagt, daß ich alles tun würde, um meine Versprechen einzuhalten. Zum Mittwinterfest hier zu sein war leicht, selbst wenn ich dazu durch einen Schneesturm reiten mußte. Aber dies hier«, und dabei griff Darrel in die Tasche und zog eine kleine Holzschachtel hervor, »dies hier ist ein Versprechen, von dem ich immer ganz besonders gehofft habe, es einlösen zu können. Und jetzt ist es soweit.« Er hob den Deckel der Schachtel hoch; darin lag ein Paar Silberarmreifen mit feinen Einlegearbeiten aus Kupfer. »Ich habe Rafe immer versprochen, ich würde eines Tages heiraten. Deshalb habe ich die ganzen Jahre lang Silber- und Kupfermünzen zur Seite gelegt, und jetzt soll Rafe das Verlobungsgeschenk erhalten, das er verdient. Natürlich sind es keine echten Catenas – wie könnten sie es auch sein – aber für uns bedeutet es ebenso viel.«
Darrel nahm einen der Armreifen heraus. »Zunächst wollte ich daraus ein Geheimnis machen; es sollte etwas sein, das nur uns zwei angeht und über das sich niemand die Mäuler zu zerreißen braucht. Aber jetzt ertrage ich es einfach nicht mehr, sie verborgen zu halten.« Er legte den Silberreif um sein Handgelenk, ließ den Verschluß zuschnappen und bewunderte im Lampenlicht die Kupferverzierungen, die wie flüssiges Feuer glänzten. »Ich möchte, daß jeder dies sehen kann, und auch, wie stolz ich auf den Mann bin, der das Gegenstück dazu trägt.« Aber natürlich mußte Darrel auch dies mit einer spöttischen Bemerkung abschließen. »Es ist sowieso höchste Zeit, daß wir den Leuten im Dorf wieder etwas neuen Gesprächsstoff liefern.«
Erevan wagte nicht zu sprechen und nickte nur ergriffen. Er fühlte sich berührt und geehrt, daß Darrel ihm das anvertraut und seine Liebe so offen gezeigt hatte. Fast schon ehrfürchtig berührte er den zweiten Armreif in der Schachtel.
Gabriellas und meiner werden auch so aussehen …
Er mußte an die Catenas denken, die auf ihn warteten. Noch hatte er keinen Kontrakt unterzeichnet, aber dennoch stand fest, daß die Zeremonie di Catenas vollzogen werden würde. Und jene Armbänder ähnelten in der Tat denen, die Darrel angefertigt hatte. Nur, mit dem Unterschied, daß Erevans Catenas mit einem Schloß versehen sein würden und somit eher Fesseln glichen. Einen Augenblick lang stellte er sich vor, wie sich einer der beiden Gold- und Kupferreife um sein Handgelenk schloß und ihn damit untrennbar an das Gegenstück am Arm seiner Braut kettete. Nein, das durfte er ihr nicht zumuten! Dazu achtete er seine Cousine viel zu sehr. Sie verdiente es, frei zu sein …
Und ich? durchfuhr es ihn. Ich verdiene es ebenso sehr …
Erevan erinnerte Darrel an die offene Schachtel. »Du solltest es besser wieder verstecken, bevor Rafael zurückkommt.«
Darrel nickte und legte, wenn auch widerwillig, den Armreif zurück. Aber schon bald würde er es offen tragen können. Schon morgen! Er verstaute die Schachtel in seiner Satteltasche ganz unten, obwohl er eigentlich sicher sein konnte, daß sein Bredu nie heimlich nachschauen würde.
Kurz darauf kam Rafael herein, trat sich die Füße ab und schüttelte ein paar wenige Schneeflocken vom Mantel.
»Jetzt ist es fast schon windstill«, berichtete er. »Es sieht ganz so aus, als ob es heute schön bleibt.«
Daraufhin erhob sich Erevan. »Dann sollte auch ich mich besser auf den Weg machen, so lang das Wetter günstig ist. Ihr wißt ja, daß ich erwartet werde.« Und mit einem Augenzwinkern meinte er noch. »Und ihr beiden habt ja euer eigenes Wiedersehen zu feiern, bei dem ich nicht länger stören will.«
Rafael errötete etwas und schwieg, während Darrel sich an seine Seite stellte und die Hand um seine Schulter legte. Aber innerlich jubelte er. Ganz offensichtlich verübelte Darrel es ihm nicht, daß er dem fremden Gast so viel von ihnen erzählt hatte!
Darrel verbeugte sich noch einmal respektvoll. »Soll ich Euer Pferd satteln? Rafael hat es bestimmt gut versorgt.«
Erevan wehrte ab. »Laß gut sein. Ich bin daran gewöhnt, das selbst zu machen.« Zum Abschied verbeugte auch Erevan sich und umarmte dann beide. »Ich danke euch für eure Gastfreundschaft. Ich werde auf dem Rückweg
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