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Das Wuestenhaus

Titel: Das Wuestenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Wolfram
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sich mit der Hand über den Nacken.
    Er schaltete den Computer aus und legte sich aufs Bett. Er dachte an die liegen gebliebene Arbeit in der Redaktion, dann fiel ihm das Café ein, Majas Gesicht, der Klang ihrer Stimme, die Augen, die sich immer wieder für einen kurzen Moment ihm zuwandten, als würden sie sich schon sehr viel länger kennen.
    Nachts träumte er von ihrer Familie und dem Haus in der Wüste.
    Als er aufwachte, stieg langsam die Dämmerung vor dem Fenster auf. Aus der Nebenwohnung hörte er knackendes Radiorauschen, dann die nur von einer Gitarre begleitete Stimme Lauryn Hills.
    Er rief die Auskunft an und ließ sich die Nummer des Hotels geben, in dem Maja untergekommen war. Die Stimme des Nachtportiers klang verschlafen. »Ja, bitte …«
    »Kann ich eine Nachricht bei Ihnen hinterlassen?« Er nannte seine Telefonnummer.
    »Sie soll mich bitte anrufen, bevor sie das Hotel verlässt. Vergessen Sie auf keinen Fall, das auszurichten.«
    Er duschte, zog sich an und ging durch die noch leeren Straßen in Richtung der U-Bahn-Station. Auf einem Plakat sah er eine mit offenem Mund lachende Frau, die mit dem Zeigefinger in einem grünen
Joghurtbecher rührte: »So beginnt mein Morgen.« Das Telefon hatte er sich in die Innentasche seines Jacketts gesteckt. Auf den Treppen der U-Bahn-Station sah er zwei Hunde, mit den Schnauzen lang ausgestreckt auf den Steinstufen, neben ihnen ein junger, schlafender Mann in einer schwarzen Lederjacke. Er kniete sich einen kurzen Moment hin und streichelte die Hunde, die augenblicklich ihre Köpfe genüsslich zur Seite drehten.
    »Hey! Was soll das! Zudringlich werden, oder was?!« Das Gesicht des Lederjackenmannes erschien plötzlich dicht vor seinen Augen. Sein Atem roch nach Bier und Rauch. Er war sich nicht sicher, ob er nicht auch diesen Mann schon irgendwann einmal in seinem Leben gesehen und mit ihm gesprochen hatte. Er drückte ihn von sich fort. Der junge Mann sank zurück und murmelte einen weiteren Protest vor sich hin, ohne ihn selbst sonderlich ernst zu nehmen, zumal das Verhalten der Hunde ihm klarzumachen schien, dass keine Gefahr drohte. Die Tiere verharrten reglos in ihrer Position. Er gab dem Liegenden etwas Geld und blickte auf die Hunde. Der Mann nahm das Geld, sagte: »Ach so« und schloss wieder die Augen.
    Er ging zur U-Bahn hinunter. In dem Stationskiosk wurden gerade die Läden hochgezogen.
    »Sie sind aber heute früh dran. Die englischen Zeitungen sind noch nicht da.« Die ältere Frau, die meistens in der Morgenschicht arbeitete, sah ihn erstaunt an.

    »Ich brauche die Zeitungen heute nicht. Ich will nur einen Kaffee, bitte.« Während er die Münzen auf die Theke zählte, klingelte das Telefon.
    Er lief in Richtung des Ausgangs, weil er fürchtete, unten im Schacht keinen ausreichenden Empfang zu haben.
    »Ihr Kaffee. Nehmen Sie doch Ihren Kaffee mit!«
    Auf der Treppe, die nach oben führte, nahm er das Gespräch an. »Maja?«
    »Ja, du hast mir eine Nachricht hinterlassen.«
    »Wie geht es dir? … Wie hast du geschlafen?«
    »Es geht mir gut.«
    Ihre Stimme klang zugänglicher als am Abend zuvor. Plötzlich sagte sie:
    »Und du? Wie hast du geschlafen?«
    »Es geht so.«
    Eine längere Stille trat ein.
    »Maja? Nimm bitte einen Zug später. Wenn es Schwierigkeiten mit dem Ticket gibt, zahle ich die Rückfahrt.«
    »Ich bin schon auf dem Weg zum Bahnhof.«
    »Ich kann dahin kommen - es ist nicht weit.«
    »Ich hätte nicht nach Berlin fahren sollen. Es war ein Fehler.«
    »Ich kann eine Fahrkarte nach Paris kaufen. Sie eröffnen dort eine Ausstellung, über die ich sowieso schreiben will. Ich habe außerdem noch die Adressen einiger Kollegen in Tunis. Ich werde sie anrufen. Es gibt immer weiße Flecke in solchen Geschichten, die erst Jahre später erkannt werden.«

    Er spürte, wie hohl seine Sätze klangen.
    »Für mich gibt es keine weißen Flecke mehr. Ich will, dass es vorbei ist, verstehst du? Ich will nach Hause fahren, für mich sein. Unternimm nichts. Versprich mir das. Bitte.«
    »Ich möchte dich lediglich noch mal sehen und mit dir reden.«
    »Mein Zug fährt bald. Ich kann nicht.«
    Er hörte einen lang gestreckten Signalton. Dann sah er, wie auf seinem Display ihre Telefonnummer erlosch. Er rief das Verzeichnis auf und speicherte die Nummer unter ihrem Namen.
    Einen kurzen Augenblick überlegte er, zum Bahnhof zu fahren, doch dann stieg er die Treppen in den hellen, gleißenden Morgen hinauf und lief in Richtung der Redaktion,

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