Das Wunder der Liebe
oder welcher Wochentag es war. Er schaute aus dem Fenster und sah, dass Eis die Felder bedeckte. Der Himmel wirkte dunkel und bedrohlich, obwohl es immer noch Tag war. Er schätzte, es musste später Nachmittag sein.
“So”, erklärte Wren mit gezwungener Fröhlichkeit, stellte eine Schüssel vor ihn und legte Seife, einen Waschlappen sowie ein Handtuch daneben.
Keegan war oft genug in Krankenhäusern gewesen, um zu wissen, wie Pfleger vorgingen. “Sie brauchen mich nicht aufzumuntern”, erklärte er. “Ich fühle mich miserabel, und ich fürchte, ich sehe auch so aus.”
“Sie haben sicherlich schon einmal besser ausgesehen”, pflichtete sie ihm bei, und ihr kurz aufflackernder Humor überraschte ihn. So hatte er sie nicht eingeschätzt.
Wren wandte ihm den Rücken zu, warf die Decken und Kissen zur Seite und beugte sich vor, um das Spannbettlaken abzuziehen. Gegen seine Absicht bemerkte er, wie perfekt ihre Jeans ihren hübschen kleinen Po umschlossen und wie gut ihr das Pink ihres T-Shirts stand. Das hellbraune Haar fiel ihr lockig über die Schultern, und trotz ihres leichten Gehfehlers hatte sie eine Anmut, die einem sofort ins Auge fiel.
Es war jedoch nicht nur ihr Aussehen, das ihn fast magisch anzog. Sie besaß eine Qualität, die man heutzutage selten fand: Wren Matthews schien aus einer anderen Welt zu kommen. Sie war ruhig.und sanft, doch man spürte ihren starken inneren Kern. Er erinnerte sich an die vergangene Nacht und an ihre Warnung, dass sie zuerst schießen und dann Fragen stellen würde, wenn er nicht sofort von ihrem Grund und Boden verschwände.
Was war nur los mit ihm? Warum dachte er so etwas? In den achtzehn Monaten seit Maggies Tod hatte er nicht einmal an eine andere Frau gedacht und war schon gar nicht sexuell erregt gewesen. Warum jetzt? Warum Wren?
Er versuchte, diese Gedanken abzuschütteln, nahm Seife und Waschlappen auf und tauchte sie ins Wasser.
Wren Matthews war eine ungewöhnliche Frau. Nicht viele allem stehende Frauen hätten ihn in ihrem Haus aufgenommen oder sich gar die Mühe gemacht, ihn zu pflegen. Keegan beklagte sich nicht. Es tat gut, wieder einmal verwöhnt zu werden. Es war lange her, dass sich jemand so um ihn gekümmert hatte. Das Problem war nur, dass er sich leicht daran gewöhnen könnte. Und das durfte er auf keinen Fall zulassen.
Warum war er nicht im Haus einer älteren Frau, fürsorglichen Familie oder gar eines Junggesellen gelandet? Warum ausgerechnet in den Armen einer warmherzigen jungen Frau?
Keegan wusch sein Gesicht, seinen Nacken, seine Arme und war überrascht, wie erschöpft und atemlos er sofort war. Er lehnte sich zurück und versuchte, mehrere Male tief durchzuatmen.
Offensichtlich forderten die letzten sechs Monate jetzt ihren Tribut. Zu wenig Schlaf, zu wenig Essen, zu viel körperliche Anstrengung, das hatte seinen Körper ausgelaugt und rächte sich nun. Dabei hasste er es, so verletzlich, so abhängig zu sein. Wie konnte er seine Aufgabe erfüllen, wenn es vielleicht noch Tage dauern würde, bis er wieder normal laufen und einen Kevolver in seiner Hand halten könnte? Es sah so aus, als würde er zumindest für ein paar Tage in diesem Haus festsitzen.
Unglücklicherweise wäre dann die heiße Spur, die er gerade verfolgte, keinen Pfifferling mehr wert.
“Brauchen Sie Hilfe?” fragte Wren. Sie stand mit der verschwitzten Bettwäsche in der Hand vor ihm, und die Reinheit ihrer hellbraunen Augen irritierte ihn. “Soll ich Sie vielleicht rasieren?”
Nur zu gern hätte er ihr Angebot abgelehnt, hätte ihr gesagt, dass er keine Hilfe brauchte, aber das stimmte nicht. Er fühlte sich so schwach, dass er kaum den Waschlappen halten konnte.
Unwillkürlich griff er zum Kinn und nickte dann. “Ich würde mich danach bestimmt besser fühlen.”
“Ich hole nur schnell frisches Wasser”, erklärte sie und warf einen letzten Blick auf Keegan, bevor sie das Schlafzimmer verließ.
Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Schüssel in das nahe Badezimmer trug. Als sie neues Wasser einlaufen ließ, schaute sie in den Spiegel über dem Waschbecken. Ihre Augen hatten einen strahlenden Glanz. Sie sah aus wie eine Frau, die sich verliebt hatte.
“Mach dich nicht lächerlich!” schalt sie sich mit leiser Stimme.
Hastig schüttelte sie den Kopf, um diesen unerwünschten Gedanken zu verdrängen, nahm einen von ihren pinkfarbenen Einwegrasierern aus dem Schrank sowie eine Sprühdose mit Rasierschaum. Sie hatte in ihrem ganzen Leben
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