Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
es dir fällt, lass los.« Da sie noch immer das Handtuch umklammerte, konnte sie die Umarmung nicht erwidern, aber sie fand es schön, sich einfach an ihn zu schmiegen. Es tat ihr unendlich gut, sich klein zu fühlen. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und spürte seinen Atem an ihrem Hals.
Ihr Herz fing an zu rasen. Das konnte er bestimmt hören.
Mehrere Sekunden verstrichen, und ihr war, als würde sich ein Seil um sie beide winden, während ihre Verzweiflung und ihr Verlangen sie immer näher zu ihm zogen. Langsam ließ sie das Handtuch fallen und umarmte ihn. Ihre Oberkörper berührten sich. Sie hob den Kopf und rieb ihre Wange an seiner. Sachte, ganz sachte. Sie spürte seine Bartstoppeln. Seine Haare waren so hell, dass sie die Stoppeln bisher noch nie bemerkt hatte.
Sie war verwirrt. Nur deshalb konnte sie ihr Tun, ihre Schwäche rechtfertigen. Qualvoll langsam drehte sie den Kopf, bis ihre Lippen die seinen fanden. Sie fuhr ihm durch die Haare und öffnete die Lippen. Er wirkte nicht ablehnend. Das verblüffte sie am meisten. Ganz kurz schien er überrascht, doch dann erwiderte er ihren Kuss. Ihr Herz jubelte. Bevor sie darüber nachdenken konnte, führte sie ihn zum Sofa und schubste ihn darauf. Dann setzte sie sich rittlings auf seinen Schoß und versuchte, sich an dem Rest seiner psychischen Schranken vorbeizuküssen. Sie wollte ihn so weit bringen wie damals im Einkaufszentrum von Asheville, als sich ihre Blicke trafen, während er jemand anderen küsste. Wenn sie sich nur genug anstrengte, dann schaffte sie das schon. Dann konnte sie ihn bestimmt dazu bringen, sie so zu lieben, wie sie ihn liebte.
»Paxton …«, sagte Sebastian schließlich in einer kleinen Pause. »Hast du dir das wirklich gut überlegt? Hältst du das für eine gute Idee?«
Sie schlug die Augen auf und lehnte sich langsam zurück. Sie atmeten beide schwer. Sein Gesicht wirkte erhitzt. Seine roten Wangen machten ihn nur noch attraktiver. Seine Hände lagen auf ihrem Po.
Was machte sie da eigentlich? Er hatte ihr gesagt, dass sie loslassen solle, aber so hatte er das bestimmt nicht gemeint. Trotzdem ließ er sie gewähren. O Gott, wie tief wollte sie denn noch sinken?
Sie zog sich rasch zurück und wickelte sich wieder in das Handtuch ein.
Er lehnte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf die Knie. So verharrte er eine ganze Weile, nach vorn gebeugt, die Hände gefaltet, heftig atmend. Er starrte auf den Boden. Offenbar wollte er sich sammeln.
Schließlich stand er auf. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber«, sagte er.
Sie brachte ein mühsames Lächeln zustande und nickte, um ihm zu signalisieren, dass sie ihn verstand.
Er ging ohne ein weiteres Wort.
Sie wollte ausziehen, wollte jedoch ihre Eltern nicht enttäuschen. Sie wollte gern, dass ihr jemand gelegentlich half, war aber zu stolz, um darum zu bitten. Das Projekt Blue Ridge Madam sollte den Ruf ihrer Familie festigen, doch nun warf ein Skelett seinen Schatten auf das Ganze. Die Feier zum fünfundsiebzigsten Jahrestag des Damenklubs sollte die Krönung ihres Vorsitzes sein, doch nun drohte ein Ortswechsel in letzter Minute. Und sie wollte so sehr, dass Sebastian etwas war, was er nicht war, und vielleicht hatte sie nun innerhalb weniger Minuten das Beste zerstört, was ihr je widerfahren war.
Wie konnte jemand, dessen Leben so erfüllt war, sich so leer fühlen?
Sie trat an die Hausbar, holte den abscheulichen Whiskey heraus und schenkte sich ein Glas ein. Dann atmete sie tief ein, schnitt eine Grimasse und zwang sich dazu, das üble Gesöff hinunterzukippen.
Willa versuchte, nach einem sehr langen Tag wach zu bleiben. Deshalb ließ sie sich auf dem Heimweg von Rachels Party während der Fahrt die feuchte Nachtluft um die Nase wehen. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, Rachels Einladung anzunehmen, die jeden Freitag für ihre Freunde kochte. Meist gab sie ihr einen Korb. Freitagabends stand bei ihr immer Staubsaugen auf dem Programm. Manchmal joggte sie auch, wenn sie Lust darauf hatte oder im Laden zu viele Kekse gefuttert hatte. Freitags ließ sie es richtig krachen. Aber der Anblick des Totenschädels beim Madam hatte dazu geführt, dass sie an diesem Abend nicht allein sein wollte. Nachdem das Skelett entdeckt worden war, hatte Colin sie in den Laden gefahren, um gleich darauf wieder zum Madam zurückzukehren. Seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gehört.
Rachel und sie hatten den Laden gemeinsam verlassen, und Willa war dann gleich mit zu ihr nach
Weitere Kostenlose Bücher