Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
sie genau im Gesicht. Der zweite wich aus, und sie musste ihn zur Ladentür verfolgen, bis sie ihn erwischte. Sobald das geschafft war, lief sie zu Paxton und packte sie am Arm. Dabei verlor sie ihr Spray.
Sie waren schon fast bei ihrem Jeep angelangt, als Robbie sich ihnen in den Weg stellte. Der erste Mann hustete und rieb sich die Augen, wobei er die Sache nur noch schlimmer machte, was seine Wut befeuerte. Er schrie Robbie zu, dass er die Luder nicht entkommen lassen solle. Der zweite Mann war in den Laden gerannt, um den Verkäufer zu holen. Beide traten nun an die Tür. Willa hatte nichts mehr, um sich zu verteidigen.
»War dieser Brief wirklich ein Streich des Jokers?«, fragte Robbie.
»Ja«, antwortete Willa.
»Ach so. Tut mir leid, Paxton.«
Paxton klammerte sich mittlerweile so fest an Willa, dass diese am nächsten Tag blaue Flecken an ihrem Arm entdeckte.
Robbie ging in die Knie, legte die Hände vors Gesicht und schrie, als hätte auch er eine gehörige Portion Pfefferspray abbekommen. Willa wusste nicht, was das sollte, bis er kurz innehielt und zischte: »Macht, dass ihr wegkommt!«
Und das taten sie dann auch.
Willa sprang hinters Lenkrad, während Paxton sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. Willa zitterte so stark, dass sie nur mit Mühe den Rückwärtsgang einlegen konnte. Ihr fiel ein, dass sie nach besonders aufwendigen Streichen in der Schule, die manchmal die ganze Nacht beansprucht hatten, genauso heftig gezittert hatte, wenn sie endlich ins Bett kroch. Aber damals hatte es sich nicht schlecht angefühlt, eher wie ein Auftauen. Als sie endlich den Gang eingelegt hatte und losbrauste, wäre Paxton fast aus dem Wagen gekippt. Willa musste sie an ihrem Kleid festhalten.
Erst als sie sich auf der Straße befanden, die parallel zum Highway verlief, schaffte es Paxton, sich aufzurichten. Sie fuhren mit offenem Verdeck, ihre Haare wehten im Wind, und das einzige Geräusch, abgesehen von dem des Motors, war das Flattern ihrer Kleider. Willa warf immer wieder einen Blick in den Rückspiegel und entspannte sich erst nach einigen Meilen, als sie sicher war, dass sie nicht verfolgt wurden.
Keine von ihnen sagte etwas, bis Paxton das Schweigen brach. »Hast du vielleicht ein Taschentuch für mich?«
Willa drehte sich ihr zu. Tränen strömten ihr über die Wangen, und ihre Nase lief. »Schau mal im Handschuhfach nach. Dort müssten welche sein.«
Paxton fummelte eine Weile herum, bis sie die Packung gefunden hatte. »Ich weine nicht«, sagte sie.
»Okay.«
»Nein, echt nicht. Ich habe etwas von dem Pfefferspray abbekommen.«
»Ach so«, sagte Willa. »Tut mir leid. Ich dachte, ich könnte besser zielen.«
Paxton schnaubte, was Willa zum Lächeln brachte.
»Wohin fahren wir?«, fragte Paxton und schnäuzte sich lautstark. Mittlerweile hatten sie den Stadtkern erreicht.
»Zu dir.«
»Nein, nicht zu mir!«, protestierte Paxton sofort. »Lass mich hier raus.« Sie fing an, am Türgriff herumzufummeln.
Willa parkte am Randstein, weil sie befürchtete, Paxton könnte versuchen, aus dem fahrenden Jeep zu springen. Nachdem sich das Adrenalin abgebaut hatte, erkannte sie, welches Problem sie sich da aufgehalst hatte: In ihrem Auto saß eine betrunkene Paxton Osgood, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie mit ihr anfangen sollte. »Wo soll ich dich denn absetzen?«, fragte sie. Sie standen vor einem Tudorhaus in Paxtons Viertel. Ein Hund fing an zu bellen. »Bei Kirsty Lemon?«
Paxton lehnte den Kopf an den Sitz. »O Gott, nein. Die Freude will ich ihr nicht machen.«
»Ich dachte, ihr seid befreundet.«
»Was immer das heißt«, meinte Paxton, womit sie Willa überraschte. Sie hatte immer den Eindruck gehabt, dass die Damen der feinen Gesellschaft stets ein Herz und eine Seele waren, einander mit Blicken bedachten, die nur sie deuten konnten, und all ihre Geheimnisse teilten.
»Bei Sebastian?«
Paxton schien kurz darüber nachzudenken, doch dann sagte sie leise: »Nein.«
Dann blieb nur noch eine Möglichkeit. Na toll! Willa legte den Gang ein und machte kehrt. »Was hat dich eigentlich zu dieser späten Stunde zum Gas Me Up geführt?«, fragte sie.
»Das war der einzige Ort, wo ich mir um diese Zeit unauffällig Alkohol besorgen konnte«, erwiderte Paxton und rieb sich die Augen. »Mein Gott, dieses Spray war stark. Und dabei habe ich nur ganz wenig abbekommen. Ich hoffe, diese Typen spüren es noch ein paar Tage lang.«
»Niemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte
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