Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
war sich nicht sicher, was sie mehr störte – dass Willa sie als hilfsbedürftig betrachtete oder dass sie nicht wusste, ob eine ihrer Freundinnen aus dem Klub zu ihrer Rettung herbeigeeilt wäre. Beim Damenklub ging es zwar darum, Leuten zu helfen, doch das wollte man möglichst aus der Ferne tun. Man spendete Geld, dann zog man feine Kleider an und feierte sich. Die Stiftung der Familie Osgood hingegen, die Paxton leitete, tat wirklich viel Gutes, und keiner wollte dafür beglückwünscht werden. Warum machte sie überhaupt bei dem Damenklub weiter? Wahrscheinlich weil er ein Vermächtnis ihrer Familie war und zur Geschichte dieses Ortes gehörte. Das war ihr wichtig.
Sie spülte mit dem starken Kaffee ein paar Tabletten hinunter, dann stellte sie die Tasse auf den Couchtisch. In ihrem Magen rumorten Kaffee und Tabletten. »Danke. Für alles. Ich muss jetzt los. Wo ist meine Tasche?« Plötzlich geriet sie in helle Aufregung. »Wo ist mein Auto?«
Es klopfte an der Haustür. »Ich weiß nicht, wo deine Tasche ist, aber dein Auto steht noch beim Gas Me Up. Keine Sorge, ich habe mich bereits darum gekümmert.« Willa machte die Tür auf.
Wer stand davor? Ausgerechnet Sebastian. Er musterte Willa in ihren Schlafklamotten und meinte dann: »Mein Gott, unter diesen Jeans und dem T-Shirt steckt tatsächlich eine Frau.«
Willa verdrehte die Augen, lächelte jedoch.
Das Morgenlicht fiel auf seine hellen Haare. Er sah aus wie ein Engel. Im Grunde hätte sie sich über ihn freuen sollen, aber er war der Letzte, den Paxton jetzt sehen wollte. Ihre Kopfhaut spannte, und ihr wurde übel. »Was macht er hier?«, fragte sie Willa.
Willa zog die Tür hinter ihm zu und sperrte die Morgensonne aus. Nun sah er wieder aus wie ein Mensch. »Er hat gestern Nacht ständig auf deinem Handy angerufen. Schließlich bin ich rangegangen. Er hat sich Sorgen um dich gemacht. Ich habe ihm gesagt, dass es dir gut geht und du bei mir übernachtest.«
Sebastian trat zu Paxton und strich ihr ein paar lose Strähnen aus der Stirn. Mit einem einzigen Blick schaffte er es, sie an alles zu erinnern, was am vergangenen Abend zwischen ihnen vorgefallen war. An alles, was sie von ihm wollte und er ihr nicht geben konnte. »Willa hat vergessen zu erwähnen, dass anscheinend eine ziemliche Menge Alkohol im Spiel war«, sagte er. »Schätzchen, wenn deine Augen noch röter wären, könntest du sie als Röntgengerät benutzen.«
Paxton wich seinem Blick aus. »Es geht mir gut. Das kommt nur von dem Pfefferspray.«
»Dem was?«
Paxton schaute zu Willa, die den Kopf schüttelte. Sie hatte ihm nichts erzählt. »Ach, nichts.«
Sebastian musterte sie prüfend. »Ich habe Willa gesagt, dass ich dich abholen und zu deinem Auto bringen würde. Aber ich bin mir nicht sicher, ob du fahren kannst.«
»Natürlich kann ich das«, erwiderte sie. »Glaub mir, es geht mir gut. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich muss nur noch kurz aufs Klo.«
»Hinter der Küche links«, wies Willa ihr den Weg, und Paxton stolperte dankbar in die genannte Richtung. Sie durchquerte die hübsche, in Gelb gehaltene Küche und fand das Bad. Dort legte sie die Hände aufs Waschbecken und atmete tief durch, um ihre Übelkeit zu bekämpfen. Warum musste ausgerechnet Sebastian sie in diesem Zustand sehen, erbärmlich und verkatert, wie sie war? Er glaubte bestimmt, dass sie versucht hatte, ihre Sorgen zu ertränken. Als wüsste sie keine andere Möglichkeit zur Stressbewältigung; als könnte sie sich nicht mit seiner Ablehnung abfinden.
Warum hatte Willa ihn herbeizitiert? Ihr fiel ein, dass sie Willa erzählt hatte, sie liebe ihn. Und dabei hatte sie sich doch geschworen, dieses Geständnis niemals laut zu äußern. Sie hätte es besser wissen müssen – Geheimnisse finden immer einen Weg ans Licht.
Sie spritzte sich Wasser ins Gesicht und versuchte, die Wimperntusche um ihre Augen zu entfernen. Hatte sie sich wirklich die Wimpern getuscht? Sie inspizierte ihre Klamotten – ein rotes Kleid und Stöckelschuhe. Und in diesem Aufzug war sie in den Vierundzwanzig-Stunden-Laden gestolpert, um sich Wein zu besorgen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Nun, das war wohl das Problem – sie hatte nichts gedacht. Seufzend richtete sie sich die Haare. Es half nicht viel. Sie beschloss, es hinter sich zu bringen, und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Sebastian und Willa plauderten zwanglos miteinander. Beide verstummten, als sie hereinkam. Paxton wäre am liebsten im Boden
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