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Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
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ihre Familie so unauffällig und normal wie nur möglich blieb. Das hatte nicht nur Vorteile gehabt. Agatha war felsenfest davon überzeugt, dass Ham in seinem Leben Großes hätte erreichen können, wenn seine Mutter ihn nicht ständig zu Bescheidenheit und Demut ermahnt hätte. Aber Georgie war der Meinung gewesen, sie müsse das magisch-stürmische Wesen ausgleichen, das Ham und Willa möglicherweise von Tucker Devlin geerbt hatten. Für Agatha war das gar keine Frage – natürlich hatten sie es geerbt. Aber das hieß noch lange nicht, dass sie zu schlechten Menschen werden würden. Das hätte sie Georgie klarmachen müssen.
    »Ihr zwei hier – das kann nur eines bedeuten«, sagte Agatha. »Ihr wollt wissen, was geschehen ist.«
    »Willa hat etwas gefunden – das Bulletin von Walls of Water. Wir haben uns ein paar Sachen zusammengereimt.«
    »Das Bulletin. Das habe ich völlig vergessen.« Agatha lachte, als sie sich daran erinnerte und auch daran, für wie wichtig sie es damals alle gehalten hatten. »Jojo McPeat hat es herausgegeben. Diese Frau war der neugierigste Mensch, den Gott je erschaffen hat.«
    »Mrs Osgood, war Tucker Devlin der Vater meines Vaters?«, fragte Willa.
    Das traf sie an dem Ort, an dem sich früher ihr Herz befunden hatte. »Das habt ihr also herausgefunden.«
    »Was ist passiert?«, fragte Paxton und setzte sich neben Agatha. Willa blieb an der Schwelle stehen. »Hast du ihn wirklich umgebracht?«
    »Jawohl«, antwortete Agatha. Es gab so vieles, was sie Georgie nicht geben konnte. Nun konnte sie ihr wenigstens Rückendeckung geben.
    »Warum?«
    »Weil wir verbunden waren, als Frauen. Es ist wie ein Spinnennetz. Wenn ein Teil des Netzes vibriert, wenn es Ärger gibt, dann wissen wir es alle. Doch meistens sind wir einfach zu verängstigt oder zu egoistisch oder zu unsicher, um einander beizustehen. Aber wenn wir Frauen uns nicht gegenseitig helfen, wer soll es dann tun?«
    »Also hast du ihn für Georgie umgebracht?«, fragte Paxton. Ihrem Tonfall war zu entnehmen, dass sie vermutet hatte, es wäre aus anderen Beweggründen passiert, aus weniger edlen Motiven.
    »Wir waren ein Herz und eine Seele, Georgie und ich. Ich glaubte nicht, dass sich daran jemals etwas ändern würde – bis Tucker Devlin auftauchte. Ihr müsst versuchen, euch vorzustellen, wie es damals war. Die Wirtschaft lag danieder, und dazu kam noch der neue Nationalpark, der die Holzindustrie zum Erliegen brachte. Diejenigen von uns, die es schafften, ihr Geld zusammenzuhalten, versuchten, denen zu helfen, die es verloren hatten. Als er hier ankam, war es, als würden wir alle wieder lebendig werden. Die Tage schienen heller zu sein, das Essen schmeckte besser. Er versprach einem jeden genau das, was dieser am liebsten haben wollte. Und wir glaubten ihm. Die ganze Stadt hat ihm geglaubt. Wir waren seine Gefangenen. Schon sehr früh lernten wir, ihn nicht zu verärgern. Es gab einen alten Mann namens Earl Youngston, der uns immer wieder klarzumachen versuchte, dass Tucker Devlin ein Betrüger war. Aber nach einem Streit mit Tucker wuchs Earls Bart plötzlich über Nacht zwölf Meter. Am nächsten Morgen konnte er kaum noch aufstehen, weil ihn sein Bart ans Bett fesselte. Danach hielt er den Mund und musste sich sechsmal täglich rasieren.
    Nach einer Weile wollten alle Männer Tucker Devlins Meinung hören, und alle Frauen waren in ihn verliebt. Dafür sorgte er. Er wusste, dass er am ehesten bekam, was er wollte, wenn er das zerstörte, was uns stark machte. Unsere Freundschaften machten uns stark. Das hat er geändert. Deshalb kamen wir alle um vor Neid, als Tucker Devlin samt seinen großartigen Plänen, den Ort zu retten, ins Blue Ridge Madam zog. Er wollte Jackson Hill in eine Pfirsichplantage verwandeln. Georgie war nicht nur die Hübscheste von uns, jetzt hatte sie ihn auch noch unter ihrem Dach.«
    Agatha drehte den Kopf. Sie hörte den Wagen mit dem Essen durch den Gang rollen. Ihr Magen verkrampfte sich aus Vorfreude darauf. Das war alles, was ihr noch geblieben war.
    »Nana?«, sagte Paxton.
    Wo war sie? »Ach so. Nun – Georgie hat versucht, uns zu erzählen, was passierte. Sie sagte, dass Tucker auf dem Dachboden schlief und ständig auf und ab lief. Er sei rastlos, und das wirke sich auf das ganze Haus aus. Sie berichtete, die Mäuse würden fliehen, aber die Vögel würden immerzu versuchen, ins Haus zu gelangen. Sie sagte auch Sachen wie: ›Er kann ganz schön aufbrausen‹ und: ›Er lässt mich

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