Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
Vom Netzwerk:
zurückgelassen hatte. Doch dann erkannte er, dass es keine Schlachten mehr zu schlagen gab. Es gab nur seine Erinnerungen an einen verwirrten, vernachlässigten kleinen Jungen, der so dünn und so hübsch war, dass sein Vater ihn nicht lieben konnte; den die anderen Jungen ständig hänselten und den keiner verstand. Nun denn – keine Schlachten. Nur Gespenster.
    Und Paxton.
    Seine Sexualität hatte er schon vor langer Zeit verdrängt. Der ständige Missklang zwischen dem, was er war und wie er wahrgenommen wurde, war ihm immer in die Quere gekommen. Als er Paxton wiedertraf, glaubte er nicht, dass dieses Thema je zur Sprache kommen würde. Sie hatten sich von Anfang an blendend verstanden, und Paxton wurde rasch eine gute Freundin. Das wunderte ihn nicht besonders, denn Frauen suchten oft seine Freundschaft, als wäre sie eine Art Trophäe. Was ihn wunderte, war, wie ernst es Paxton nahm und wie schrecklich dankbar sie für Aufmerksamkeit war. Sie hatte sich an ihn gehängt, als wäre sie in der Wüste herumgewandert und hätte in ihm ihre Oase gefunden. Er musste zugeben, dass er es genoss, ihr Vertrauter zu sein. Sie war die Goldmarie in dieser Stadt; sie besaß alles, und nun hatte sie ihn zu ihrem Vertrauten erwählt. Aber je länger sie sich kannten, desto leichter fiel es ihr, ihre Zuneigung zu zeigen. Langsam dämmerte ihm, dass sie mehr für ihn empfand als rein freundschaftliche Gefühle. Aus seinen eigenen Gefühlen wurde er nicht recht schlau, aber das war eigentlich seit jeher so. Er wusste nicht, wie er über das, was zwischen ihnen lief, reden sollte. Und da auch sie das Thema mied, ging er davon aus, dass es nur etwas Vorübergehendes war. So machten sie einfach weiter wie bisher.
    Bis zu jener Nacht in ihrem Haus.
    Er holte tief Luft und kniff sich in den Nasenrücken.
    Sie war nervös gewesen. Müde. Sie hatte es sogleich bereut.
    Damit wäre doch eigentlich alles klar, oder etwa nicht? Doch wenn sie es bereute und er es gern hinter sich lassen und einfach so weitermachen wollte wie vorher, warum tanzten sie dann umeinander herum? Warum sagte sie ihm, dass er sie nicht zu einem gesellschaftlichen Ereignis begleiten müsse? Und warum saß er jetzt hier und ging ihr aus dem Weg?
    Glaubte sie etwa, sie könne die Finger nicht von ihm lassen?
    Oder war es umgekehrt?
    Er hatte nie damit gerechnet, sich mit so etwas auseinandersetzen zu müssen. Er dachte, durch seine Rückkehr in die Stadt, in der er aufgewachsen war, würden sich viele alte Probleme lösen. Und so war es auch gekommen. Aber nun tauchten Probleme auf, von denen er vor fünf Jahren geglaubt hatte, dass er sich ihnen nie wieder würde stellen müssen.
    Und er hatte nicht die geringste Ahnung, was er jetzt tun sollte.

ZEHN
    Der Zauberer
    A m späten Freitagnachmittag hielt Paxton es nicht mehr aus. Sie musste Willa sprechen. Warum hielt sie den Mund? Hatte sie vor, alles, was sie wusste, zu einem späteren Zeitpunkt gegen Paxton zu verwenden? Angefangen mit der Auseinandersetzung in betrunkenem Zustand beim Gas Me Up über Paxtons Geständnis bezüglich Sebastian bis hin zu Nana Osgoods Ausbruch – die Bandbreite öffentlicher Peinlichkeiten war enorm. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war ein weiterer Skandal im Dunstkreis des Madam. Wie konnte es nur so weit kommen, dass sie angewiesen war auf eine Frau, die sie kaum kannte?
    Paxton fuhr zu Willa und parkte hinter ihrem Jeep. Sie straffte die Schultern, marschierte zur Haustür und klopfte. Es war noch hell, und die Gerüche sommerlicher Abendessen wehten durch die Luft – geschnittene Tomaten, frisch enthülste Bohnen, der beißende Geruch von Holzkohle. Als Willa die Tür öffnete, hätte der Kontrast zwischen den beiden Frauen nicht krasser sein können. Willa trug Jeans und ein hoch tailliertes buntes Hemd, das aussah, als wäre es aus großen Tüchern geschneidert. Paxton hatte ein beigefarbenes Etuikleid und eine maßgeschneiderte Jacke an, die sie mehrmals am Tag mit einem Antifaltenspray einsprühte.
    »Paxton!«, sagte Willa überrascht. »Komm rein.«
    »Ich habe schon befürchtet, dass du nicht da bist«, sagte Paxton, während Willa die Tür hinter ihr schloss.
    »Freitagabends bin ich immer da. Freitagabend wird bei mir staubgesaugt. In der Casa Jackson hört der Spaß nie auf.«
    Paxton rückte ihre Umhängetasche zurecht. »Aber am letzten Freitag warst du unterwegs.«
    »Ich war zu einem Essen eingeladen, zu dem ich eigentlich nicht gehen wollte.«
    Zum Glück

Weitere Kostenlose Bücher