Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
als hätte auch er gerade erst geduscht.
Willa verschränkte die Arme. »Hat dich jemand dazu gezwungen, etwas zu tun, was du nicht tun wolltest, seit du hier bist?«
Er runzelte die Stirn. »Nein, eigentlich nicht.«
»Also legst du dir selber einen Konflikt zurecht, wo keiner ist.« Sie lachte. »Weißt du was, Colin? In dir steckt immer noch ein Teil vom Stockmann. Gewöhn dich einfach daran, er wird nicht verschwinden.«
Er sank auf ihre Couch. »Es ist mir peinlich. Und ich bin verdammt müde. Warum kann ich hier nie richtig schlafen?«
»Vielleicht hast du Angst, dich zu entspannen und ein paar Dinge einfach geschehen zu lassen.«
»Du hast recht. Dass ich mich in dich verliebt habe, ist einfach so gekommen.« Er kicherte und lehnte den Kopf an die Kissen. »Aber das ist das Beste, was mir bei meinen Heimatbesuchen je passiert ist.«
Willas Arme sanken nach unten. »Ich sage dir die ganze Zeit, dass du nicht bei mir vorbeikommen sollst, wenn du müde bist. Du sagst dann Dinge, die du nicht sagen solltest.«
Er hob den Kopf und blickte sie ernst an. »Warum sollte ich das nicht sagen?«
»Weil ich mir nicht ganz sicher bin, ob du weißt, wer ich bin«, erwiderte sie aufrichtig. Woher sollte er das wissen, nachdem es ihr selbst erst vor Kurzem aufgegangen war?
»Ganz im Gegenteil. Ich habe sehr genau darauf geachtet.«
Sie schüttelte den Kopf. »Erzähl mir das morgen früh, dann glaube ich es dir vielleicht.«
»Okay.« Er rieb mit den Händen über die Couch. »Kann ich wieder auf deiner Couch schlafen? So gut wie auf der habe ich noch nicht geschlafen, seit ich wieder hier bin.«
»Okay«, meinte sie seufzend. »Ich hol dir ein Kissen.«
»Nein, kein Kissen«, entgegnete er und streckte sich, wobei er sich so drehte, dass noch genug Platz für sie war. »Nur du.«
Alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Der Gedanke, der sie am meisten überraschte, war das spontane Ja. Aber sie hatte solche Impulse zu lange abgewehrt, um jetzt einem nachzugeben. »Colin …«
»Ich möchte nur gern, dass du hier neben mir liegst, bis ich eingeschlafen bin. Okay?«
Sie schaltete das Licht aus und streckte sich neben ihm aus. Er legte den Arm um sie, und sie legte den Kopf auf seine Brust. Es fühlte sich gut an.
Was für eine merkwürdige Situation.
»Ich weiß nicht, ob ich hier leben kann«, sagte er in die Dunkelheit hinein, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Sie hörte den Nachhall seiner Stimme in seiner Brust.
»Ich weiß nicht, ob ich von hier wegkann«, erwiderte sie.
Eine Weile blieben sie stumm. Sein Herzschlag wurde immer ruhiger.
»Aber ich glaube, ich könnte versuchen, hier zu leben«, wisperte er.
»Ich glaube, ich könnte versuchen wegzugehen«, flüsterte sie.
»Aber dich in ein Naturkind verwandeln, das geht nicht, oder?«
Sie lachte und kuschelte sich enger an ihn. »Schlaf ein, Colin.«
Und das tat er dann auch.
Am nächsten Morgen stand Willa auf einem Stuhl vor ihrem Wandschrank und versuchte, einen Schuhkarton voller Erinnerungsstücke an die Highschool herauszuziehen, als Colin hinter ihr fragte: »Was machst du denn da?«
»Komisch. Ich habe mir gerade gewünscht, dass ein großer Mann auftaucht und mir hilft«, sagte sie und sprang vom Stuhl. »Kannst du mir die Schachtel aus dem obersten Fach holen?«
Das war für ihn ein Leichtes.
»Was ist denn da drin?«, fragte er, als er ihr den Karton reichte.
»Nur etwas, was ich Paxton zurückgeben möchte, wenn ich sie heute treffe«, erklärte sie und stellte den Karton auf die Kommode. Sie war schon eine Weile auf, jedoch noch nicht angezogen. Colin hatte noch geschlafen, als sie aufwachte, und sie hatte sich bemüht, keinen Lärm zu machen.
»Das ist also dein Zimmer«, sagte er und schaute sich um. In dem schmiedeeisernen Bett hatte sie nahezu ihr ganzes Leben geschlafen, doch auf dem Nachtkästchen standen witzige Kristalllampen, die ihr Rachel zum Geburtstag geschenkt hatte. Die Möbel waren alt, aber einige hatte einer ihrer Künstlerfreunde von der National Street mit Harlekin-Motiven verziert.
»Ja, das ist mein Zimmer.«
Er sah noch völlig verschlafen aus, sein Hemd war aus der Hose gerutscht, seine Füße waren nackt. Aus welchem Grund auch immer fand sie das liebenswert. »Ich habe gut geschlafen«, bemerkte er.
»Ich weiß.« Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie es nicht getan hatte. Sie schlief normalerweise auf dem Rücken, und das war zu zweit auf der Couch nicht möglich gewesen.
Er
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