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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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verschwenden läst / bey den Welt-Menschen den schädlichen Müssiggang / und mit ihm alle abscheuliche Laster und Uppigkeiten geboren werden / dargegen die Gottselige diese von andern großgeachte Wollüsten und Ergetzlichkeiten der Welt gantz kaltsinnig vorbey passir en / und sie kaum einigen Anschauens würdigen / geschweige / daß sie sich damit besudlen solten / wordurch jene den gerechten und unaußbleiblichen Zorn Gottes reitzen und erregen / daß ihnen zugleich Krieg / Hunger und Pest übern Hals kommen / dem gailen wollüstigen Geblüt / und gumpenten Leib-Esel der schläfferigen Seel den Kitzel zu vertreiben / die Seele selbst aber / zu Beobachtung ihres Heyls auffzumuntern / oder zugleich beydes Leib und Seel hie zeitlich und dort Ewig / wann keine Besserung folgt / zu straffen / diese aber / als auff dem Creutz-Weg der Trübsal in das Ewige Reich tringen.
    Andere hätten auß unserm Spectacul umbständlich erlernen können / wie elend und armselig der Bauer sey / von welchem ich nicht weiß / wann er anders auch ein wenig hoffärtig ist (wie dann die jenige / so reich und witzig zu seyn sich einbilden / auch gemeiniglich zu seyn pflegen) ob ich ihn unter die Blinde oder unter die Gesehende / unter die Menschen oder Thier rechnen soll; diese Tropffen habe ich offt lamentir en und murren hören / wann der überflüssige Segen deß Allerhöchsten / welchen sie den sauren Schweiß ihrer Arbeit nennen / ich vermeyne die Früchte / welche sie auß dem Erdboden erziehen / nicht nach ihrem Sinn und Wunsch übersilbert wird; da begehen sie gantz unverschämt solche Läuffe / darinn ihr Wein und Korn ein mehrers gelte / das Viehe und Schmaltz theuer werde / und so fortan; sie gedencken aber im geringsten nicht daran / wann ein Ey drey Batzen gelten solte / daß alsdann der Bauer in selbiger refier keine Henne mehr hab / die ihm solche lege; Wann sie solche Närrische Midas -Wünsche thun / so erinnern sie sich nicht / daß zuvor ein Seuche unter ihr Viehe kommen müste / ehe das Fleisch theuer werde; wann die Früchte auffschlagen sollen / daß zuvor Miß-Jahr einfallen müssen / die wenig in ihre Scheuer geben / und in Summa / wann eine Theurung aller Ding entstehen soll / ihre Wahren werth zu machen / daß zuvor ein Krieg sie überfalle / der sie alles dessen / was sie hoch an das Gelt zu bringen verhofft / fein säuberlich beraube; Kompt dann Mars , und fangt an in ihren Kästen / Scheuren / Ställen und Gütern zu läutern / oder vielmehr zu verwüsten / so verfluchen sie beydes den Krieg / und dessen Anfänger / und dencken nicht mehr dran / daß sie solchem mit Worten gewünscht / und mit Wercken verdienet haben; Jn solcher Vergeßlichkeit denckt er auch an keine Bekehrung / sondern verbleibt der er vor war / biß er entweder drüber auß Mangel und Hunger stirbt / oder sich gleichwol durch GOttes Gnad kümmerlich genug erhält / biß ihme die Friedens-Sonne wieder scheinet / da er alsdann sein Leben wieder anfangt wie ers zuvor verlassen.
    Es ist hart geredt / wann Garzonius sagt / es scheine / ob wäre der Bauer von GOtt verflucht / aber dem sey wie ihm wolle / so müß er / wie oben erzehltes unser Gesichte außweiset / wann ein Krieg entstehet / am allerersten und zum mehristen Haar lassen / worauß unwidersprechlich folgt / wann anders der Krieg ein Straff von Gott ist / daß sie solche auch zum allermeisten verdienet / solches will uns aber freventlich zu urtheilen nicht gebühren / dann nicht nur der Bauer wird durch den Krieg gestrafft / sondern die Außgäng der Kriege weisen auch offtmal / wie Æsopi Hund sein Stück Fleisch verliehrt / in dem er nach dem Schatten schnappt / massen mancher grosser Herr / der den Krieg anfängt / seiner Ganß den Hals absticht / die ihm zuvor täglich ein gülden Ey legt.
    Es hätte auch mancher auß unserm Gesicht abnehmen können / daß viele / wann sie als Bauren und Burger vom Marte den Lohn ihrer Sünd und Laster nicht empfangen / sie hernach unter diesem Kriegs-Gott als Soldaten / ihre Straffe desto grausamer einnehmen / und insonderheit die Mißrathene unartige Zucht / welche nicht den Anweisungen ihrer Eltern / sondern dem Kalbfell folget / unter welcher Bursch zwar keine ausgelassener / verruchter und Gottloser zu seyn pflegen / als eben die Bauren-Buben / die vom Roß hüten an / biß sie irgends einen Graben füllen / oder sonst hinder einer Hecken / oder in einem alten Bau vor Kranckheit und Hunger verschmachten / und von den Raben oder Hunden noch halb

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